Hummels im Aufwind Das grandiose Comeback des BVB-Quarterbacks
Aus Dortmund berichtet Patrick Brandenburg
Der denkwürdige Saisonauftakt des BVB war längst vorbei, doch Abwehrchef Mats Hummels befand sich weiter im Verteidigungsmodus. "Jetzt wollen uns alle in den Himmel loben, aber das ist viel zu früh", mauerte der Nationalspieler in den Katakomben des früheren Westfalenstadions. Trotz Borussia Dortmunds 4:0-Gala gegen Gladbach.
Bescheidenheit soll eine neue Tugend sein bei Schwarz-Gelb, zumal nach dem Beinahe-Absturz der vergangenen Saison. Der Kapitän der Westfalen ist schlau genug, sie auch öffentlich zu transportieren.
"Mats war der beste BVB-Spieler heute"
Dabei hätte ihm an diesem Abend niemand ein paar forschere Töne übel genommen - angesichts der bärenstarken Leistung des BVB zum Saisonstart. Und vor allem angesichts Hummels eigener Leistung. Diese gibt Anlass zur Hoffnung, dass die Westfalen nach einem Jahr im Tabellen-Nirvana demnächst wieder in der Liga-Spitze mitmischen könnten.
Wie in besten Zeiten drückte der 26-Jährige der Partie seinen Stempel auf, hielt hinten schon im vierten Pflichtspiel in Folge den Laden dicht, initiierte das Aufbauspiel und hätte sich sogar fast in die Torschützenliste eingetragen. Gladbachs Raffael klärte bei einem Kopfball in höchster Not auf der Linie. "Mats war der beste BVB-Spieler heute", erkannte Sky-Experte Didi Hamann nach der Partie völlig korrekt.
Vor allem Hummels Beitrag zur Gestaltung des Dortmunder Spiels war bemerkenswert. Die beiden ersten Treffer gingen vom Weltmeister aus. Vorm 1:0 durch Marco Reus hatte er die zündende Idee, Tor-Vorbereiter Shinji Kagawa anzuspielen. Vorm 2:0 durch Pierre-Emerick Aubameyang schickte er Flankengeber Marcel Schmelzer auf die Reise. Dazu gesellte sich eine ähnliche Szene vor einem - fälschlicherweise - nicht gegeben Tor von Henrich Mchitarjan. "Drei Mal kam der vorletzte Pass von Hummels. Ich sehe keinen Verteidiger in der Bundesliga, der das so gut kann", fiel der frühere BVB-Verteidiger und jetzige TV-Experte Christoph Metzelder ins Lob ein.
Hummels gibt den Mahner
Genau das war lange Hummels große Stärke, wie ein Quarterback überblickt er die Reihen des Gegners und verteilt die Bälle, manchmal quer durch die Linien. In den Meisterjahren 2011 und 2012 zwang das Gegner bisweilen sogar dazu, den Verteidiger in Manndeckung zu nehmen (!).
Nachdem dieses ungewöhnliche Talent in der vergangenen Saison unter mangelnder Fitness, Formtief und fehlendem Selbstbewusstsein verschüttet lag, scheint es nun wieder zu Tage zu treten. Ein bisschen Bescheidenheit und Abwehrhaltung kann ja trotzdem nicht schaden. Hummels: "In die letzte Saison sind wir auch mit sechs Punkten aus drei Spielen ganz ordentlich gestartet."