Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Handball-Boss Hanning erklärt Was sich im deutschen Team noch ändern muss
Erfolg gegen die Niederlande, Klatsche gegen Spanien, Zittersieg gegen Lettland. Die deutsche Mannschaft hat bisher eine durchwachsene EM erlebt. Ist jetzt alles schlecht? Mitnichten. Es gibt genug Grund zur Hoffnung, meint DHB-Vizepräsident Bob Hanning.
Die Gruppenphase ist zwar überstanden, aber wir können mit der gezeigten Leistung unseres Teams nur bedingt zufrieden sein. Die neue Rollenverteilung in der Hierarchie innerhalb der Mannschaft ist nicht abgeschlossen. Einige Spieler müssen noch ihre Position finden, besonders im Rückraum. Ich nehme das Team sehr selbstkritisch wahr und bewundere die Offenheit, mit der sie das auch öffentlich aufarbeiten.
Generell funktionieren einige Mannschaftsteile noch nicht so, wie wir uns das wünschen. Das beginnt im Tor. Wir brauchen eine höhere Einzelquote unserer beiden Torhüter. Der eine ist Weltmeister geworden, der andere Europameister. Beide sind exzellente Torhüter mit einer professionellen Einstellung. Jeder weiß, was sie können. Jetzt gilt es, nicht lange zu hadern, sondern zu halten.
Jetzt ist Kai Häfner gefordert
In der Abwehr müssen Hendrik Pekeler und Patrick Wiencek noch mehr Chefs sein. Wir brauchen noch mehr Härte und Entschlossenheit in der Verteidigung. Vorne stehen viele Spieler anders in der Verantwortung, als sie das aus vergangenen Turnieren gewohnt waren.
Nehmen Sie zum Beispiel Kai Häfner. Bei der EM 2016 und der WM im letzten Jahr wurde er nachnominiert und hat hinter etablierten Typen gespielt. Jetzt ist er von Anfang an dabei und steht selbst in der ersten Reihe. Neben Kai ist natürlich Paul Drux als Spielmacher gefordert. Gegen Lettland hat er sein bisher bestes Spiel gemacht und ist zu Recht Spieler des Spiels geworden. Er hat dabei auch von Julius Kühn profitiert, der mit einfachen Toren geholfen hat. Auch Uwe Gensheimer hatte wieder die nötige Souveränität im Abschluss.
Stimmung wie bei einer Beerdigung
Was ich sagen will: Es ist nicht alles schlecht gewesen. Gegen Lettland haben wir 45 Minuten lang ein gutes Spiel gemacht. Danach war es schwach. Daher will ich nicht nur von Baustellen reden, auch wenn wir natürlich viele Dinge verbessern müssen. Und da muss jeder bei sich selbst anfangen. Keiner darf sich hinter dem Team verstecken.
Wenn wir das tun, haben wir eine gute Chance, gegen die Weißrussen zu gewinnen. Sollte uns das gelingen, müssen wir uns erneut steigern, um auch die Kroaten zu besiegen. Nur dann können wir das Halbfinale erreichen. Ich werde die Erwartungen an die Mannschaft nicht reduzieren. Warum auch? Wir sollten uns hohe Ziele stecken und wenn wir sie nicht erreichen, ist es in Ordnung, sofern wir alles gegeben haben. Denn TEAM steht nicht für "Toll, ein anderer macht’s", sondern für "Totales Engagement aller Mitspieler".
Was uns dabei helfen kann, ist die Stimmung in Wien. In Trondheim hatten wir manchmal das Gefühl, wir wären auf einer Beerdigung. Da waren wir von der WM im letzten Jahr natürlich anderes gewohnt. In Wien werden uns viele deutsche Fans begleiten, das wird uns Kraft und Motivation geben.
Ihr Bob Hanning