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Handball-EM 2020 – Fabian Böhm im Interview: "Bin ein absoluter Teamplayer"


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"Der kluge Krieger"
Handballer Böhm: "Als Sportler fühle ich mich manchmal unterfordert"

InterviewVon Cian Hartung

07.01.2020Lesedauer: 5 Min.
Einer der Säulen des DHB-Teams: Fabian Böhm.Vergrößern des Bildes
Einer der Säulen des DHB-Teams: Fabian Böhm. (Quelle: Eibner/imago-images-bilder)
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Einpeitscher, Motivator, Kämpfer: Der Handball-Nationalspieler weiß, wie er seine Mitspieler mitreißt. Nationaltrainer Christian Prokop schätzt ihn für seinen bedingungslosen Einsatzwillen für das Team – und hat ihm deshalb einen besonderen Spitznamen gegeben.

Mit seinem Verein TSV Hannover-Burgdorf kämpft Fabian Böhm derzeit um die Tabellenspitze der Handball-Bundesliga. Nach 20 Spieltagen steht er mit seinem Team hinter Spitzenreiter THW Kiel. Doch auch in der Nationalmannschaft ist der Rückraumspieler Leistungsträger – und zudem der verlängerte Arm des Bundestrainers auf dem Spielfeld.

Böhm gilt als emotionaler Spieler, der immer vollen Einsatz zeigt. Genau das schätzt Christian Prokop an dem Hannoveraner. "Ich bin ein Spieler, der auch die harten Zweikämpfe führt, immer rennt und nach jedem Ball springt", sagt er im Interview mit t-online.de. Bei der Europameisterschaft könnte der willensstarke Handballer für Schwung auf dem Spielfeld sorgen und in brenzligen Partien den Unterschied ausmachen.

t-online.de: Herr Böhm, Bundestrainer Christian Prokop hat Ihnen den Spitznamen "Der kluge Krieger" gegeben. Was halten Sie von diesem Namen?

Fabian Böhm (30): Der Spitzname ist innerhalb der Mannschaft ein Running Gag und ich habe dafür natürlich einige Sprüche meiner Mannschaftskollegen bekommen (lacht). Trotzdem denke ich, dass mich das grundsätzlich gut beschreibt. Denn ich bin ein sehr emotionaler Spieler, der viel Schwung in die Mannschaft bringt. Selbst bei Rückschlägen mache ich immer weiter und gebe immer hundert Prozent. Wenn ich aufs Feld komme, bin ich sofort da und brauche keine Anlaufzeit.

Und wofür steht "klug"?

Ich spiele ohne Scheuklappen und habe immer eine offene Sicht auf das Spiel. Ich sehe, ob meine Chance nun die Bessere ist oder eher die meines Nebenmanns.

Wie gelingt es Ihnen, nach einer Einwechslung Ihre Mitspieler mitzureißen?

Ich wirke entweder verbal positiv auf meine Kollegen ein oder versuche, das Team durch meinen Einsatz und meine Körpersprache anzustecken. Ich bin ein Spieler, der auch die harten Zweikämpfe führt, immer weiter geht, immer rennt und nach jedem Ball springt.

Kommt Ihr Selbstbewusstsein in solchen Phasen daher, dass Sie als Spätzünder in der Nationalmannschaft quasi nichts zu verlieren haben?

Spätzünder ist natürlich richtig, mein Selbstbewusstsein würde ich aber nicht darauf schieben. Ich habe meine ersten Länderspiele natürlich ein bisschen später gemacht als andere, gehöre aber seit längerer Zeit zum Kader. Ich spiele zudem seit 13 Jahren in der Bundesliga. Diese Erfahrung aus dem Verein kann ich in der Nationalmannschaft einbringen – es ist bloß ein noch höheres Niveau.

Welche Qualitäten bringen Sie sowohl als Spieler als auch als Mensch mit, um die Mannschaft in kritischen Spielphasen zu bereichern?

Das ist eine Mischung aus Selbstbewusstsein und Mut. In kritischen Phasen werden die wichtigsten Entscheidungen eines Spiels gefällt. Da geht es um alles. Ich bin in solchen Situationen klar im Kopf und habe keine Angst davor, diese Verantwortung zu übernehmen.

Spüren Sie in solchen Situationen manchmal Angst?

Für mich gibt es keine Angst beim Handball. Es gibt großen Respekt vor dem Gegner. Aber Angst habe ich auf keinen Fall, sonst wäre ich auf diesem Niveau im Handball fehl am Platz. Für mich ist es das Schönste als Sportler, wenn man sich einfach mit anderen messen kann. Es gibt viele Spiele, in denen man das interne Duell gegen den Spieler auf seiner Gegenseite verliert, dafür gewinnt man aber als Mannschaft. Das macht für mich den absoluten Reiz dieser Sportart aus.

Was macht die deutsche Mannschaft in Ihren Augen so besonders?

Es ist einfach ein cooler Haufen! Alle freuen sich immer darauf, miteinander zu trainieren und sich gegenseitig anzustacheln. Das macht für mich auch ein gutes Team aus. Der große Kern unseres Teams ist schon seit einem längeren Zeitraum zusammen. Man sieht sich während eines Jahres immer nur sehr sporadisch. Daher freuen sich alle immer auf eine tolle Zeit zusammen, die man erfolgreich bestreiten möchte.

Was würden Sie für einen Teamkollegen tun, wenn er in Not wäre?

Alles. Ich bin ein absoluter Teamplayer und glaube, man kommt nur als Mannschaft zum Erfolg. Daher bin ich bereit, jedem zu helfen, wie er es gerade braucht. Ich würde einem Teamkollegen Gespräche anbieten, ein offenes Ohr haben und für ihn da sein. Jeder Spieler ist da aber anders: Einige wollen in schwierigen Phasen in Ruhe gelassen werden. Das respektiere ich natürlich auch.

Sie standen vor rund einem Jahr auf dem Platz, als die deutsche Nationalmannschaft gegen Frankreich in der letzten Minute noch den dritten Platz aus der Hand gab. Wie sehr hängt diese bittere Last-Minute-Niederlage noch nach?

Wir haben damals ein sehr gutes Turnier gespielt und sind leider mit zwei Negativerlebnissen da rausgegangen. Um gewinnen zu lernen, muss man erst mal verlieren. Von daher denke ich, dass wir aus diesen Momenten als Mannschaft gestärkt rausgegangen sind.

Was haben Sie persönlich wie auch als Team daraus gelernt?

Ich habe gelernt, dass ein Turnier lang ist. Man muss in den letzten Spielen die Kräfte bündeln und den Kopf klar behalten. Als Team kann man am Ende eines Turniers durchaus auf dem Zahnfleisch laufen. Es sind viele kleine Dinge, die dann über Sieg oder Niederlage entscheiden.

Neben Ihrer Karriere studieren Sie Immobilienmanagement. Wird es Sie nach Ihrer aktiven Laufbahn in diese Richtung verschlagen?

Mein Vater besitzt ein eigenes Bauunternehmen und ich habe mich schon immer für diesen Bereich interessiert. Zudem wollte ich mich neben meiner Karriere einfach noch weiterbilden. Als Sportler hat man viel Freiraum und ich habe das Gefühl, dass man im Kopf auch manchmal unterfordert ist. Deshalb tut es mir gut, auch mal einen anderen "Input" zu bekommen.

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Wie viele Stunden am Tag können Sie in Ihr Studium und Weiterbildung investieren?

Das kommt sehr auf den Spielplan an. Ich investiere durchschnittlich etwa ein bis zwei Stunden am Tag in das Studium. Ich bin allerdings auch zweifacher Vater und möchte natürlich Zeit mit meiner Familie verbringen.

Haben Sie bei der EM einen Gegner, den Sie als Angstgegner bezeichnen würden?

Angst ist, wie ich schon zuvor gesagt habe, das falsche Wort. Es gibt sehr viele starke Mannschaften.

Anders gefragt: Welche wären die härtesten Gegner?

Bei der EM gibt es eine breite Spitze – da kann man viele Nationen nennen. Wir haben in unserer Vorrundengruppe zuerst Spanien. Für den späteren Turnierverlauf könnten wir auf Kroatien, Norwegen, Frankreich und Dänemark, die ich alle als sehr stark einschätze, treffen. Es gibt aber auch Teams wie Slowenien oder Schweden, die nicht zu unterschätzen sind, wenn sie sich einmal in einen Rausch gespielt haben.

Unter welchen Umständen wird Deutschland Europameister?

Wir holen uns den Titel, wenn wir die gleiche Emotionalität wie bei der Weltmeisterschaft zeigen und als Mannschaft kämpfen.

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