Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.WM-Fazit von Henning Fritz So kann der Handball die WM-Euphorie nutzen
Der Traum vom Titel bei der Heim-WM ist geplatzt. Für Deutschland geht es nur noch um Platz drei. Trotzdem war die WM ein Erfolg, meint Handball-Legende Henning Fritz in seiner Kolumne.
Das war’s leider. Die deutsche Mannschaft ist bei der Heim-WM im Halbfinale gegen Norwegen ausgeschieden und kämpft gegen Frankreich nur noch um den dritten Platz. Unsere Jungs haben sich sehr gut verkauft und leidenschaftlich gespielt. Man hat gemerkt, dass sie dieses Spiel unbedingt gewinnen wollten.
Norwegen war aber einfach in vielen Bereichen besser als wir. Das muss man so sagen. Sie wirkten frischer und haben im Angriff immer gute Lösungen gefunden. Vor allem Sander Sagosen hat mir sehr gut gefallen. Wie er unser Zentrum attackiert hat und dadurch Räume am Kreis geöffnet hat, war stark und der Schlüssel zum Sieg.
Was sich Deutschland von den Skandinaviern abschauen könnte
Die Norweger haben einfach eine unglaubliche Dynamik im Spiel und waren die bessere Mannschaft. Ich mache dem deutschen Team keinen Vorwurf. Wenn man den Welthandball beobachtet, sieht man, dass die Skandinavier den Sport mit ihrer Art und Weise dominieren. Sie haben eine hohe individuelle Qualität und legen großen Wert auf Athletik. Dazu lassen sie den Ball schnell laufen, was nicht nur erfolgreich ist, sondern auch sehr gut aussieht. Daran könnte sich das deutsche Team auch im Hinblick auf die EM und die Olympischen Spiele im nächsten Jahr orientieren.
Die WM an sich war Werbung für den Handball und vor allem für unser schönes Land. Alle Spiele in den deutschen Hallen waren gut gefüllt und es wurde jedes Team bejubelt. Auch das DHB-Team hat sich toll präsentiert und den Zuschauern wieder richtig Spaß gemacht. Sie haben gegen gute Gegner Lösungen gefunden und als Team zusammengespielt. Daran müssen wir anknüpfen, um auch in den nächsten Jahren weiter oben dabei zu sein.
Alle müssen an einem Strang ziehen
Angst um die Zukunft habe ich übrigens keine. Mit Fabian Wiede, Jannik Kohlbacher, Paul Drux und Tim Suton haben wir einige junge Spieler jetzt schon dabei gehabt. Ich möchte auch Fabian Böhm loben, der zwar nicht mehr der Jüngste ist, aber noch nicht lange dabei ist. Er hat das wirklich sehr gut gemacht bei diesem Turnier und vor allem gegen Norwegen gezeigt, was er kann. Dazu kehrt Julius Kühn bald zurück, der dem Team helfen wird.
Jetzt muss es für den Verband, die Spieler und vor allem die Liga darum gehen, die Euphorie von dieser WM mit in den Alltag zu bringen. Dafür braucht es eine gewisse Übersichtlichkeit bei den Spielplänen und den Spieltagen. Das ist nicht immer leicht, weil einige Vereine in Multifunktionshallen spielen und es da auch noch andere Termine gibt, aber da müssen alle Verbände an einem Strang ziehen, um den Sport für Medien und Fans attraktiver zu machen.
Der Handball ist auch zum Teil sehr regional. Da müssen wir auch noch mehr rausholen, zum Beispiel mehr in die Schulen gehen und die Medien mit mehr Informationen über unseren Sport versorgen, damit wir von dieser Heim-WM noch lange etwas haben.
Die Nationalspieler von morgen
Natürlich können auch die Spieler einiges für die Attraktivität ihrer Sportart tun, aber ich würde ihnen nicht zu viel zumuten. Während des Liga-Alltags beispielsweise noch zahlreiche TV-Formate abzuklappern, ist sehr anstrengend und ermüdend. Klar, wenn sich was in der Nähe ergibt, würde auch ich mich freuen, einen der Jungs im Fernsehen zu sehen. Aber wenn darunter die Regeneration und das Training leiden, fände ich das nicht gut.
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Trotzdem ist es richtig, dass der Handball wieder mehr Gesichter braucht. Dafür müssen auch unsere Jungs sorgen. Die WM ist also nach dem Spiel gegen Frankreich heute zwar sportlich vorbei, aber sollte von ihrer Wirkung noch etwas anhalten. Denn so können wir die Kinder von heute dazu gewinnen, sich für unsere tolle Sportart zu entscheiden und die Nationalspieler von morgen zu werden.