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Pascal Hens zur Heim-WM: "Wir Handballer können zeigen, wo der Hammer hängt"


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Pascal Hens
"Jetzt müssen alle hinter Christian Prokop stehen"


Aktualisiert am 21.12.2018Lesedauer: 5 Min.
Heiner Brand (r.) ist für Pascal Hens der beste Trainer aller Zeiten.Vergrößern des Bildes
Heiner Brand (r.) ist für Pascal Hens der beste Trainer aller Zeiten. (Quelle: Ulmer/imago-images-bilder)

Es ist das wichtigste Turnier der letzten Jahre für den deutschen Handball: die Heim-WM. Der Druck ist groß, die Hoffnung auch. t-online.de hat mit einem gesprochen, der weiß, wie man Weltmeister wird: Pascal Hens.

Spitzname: Pommes. Markenzeichen: Blonder Irokesen-Schnitt. Position: Rückraum links. Um Pascal Hens zu beschreiben, braucht es nicht viele Worte. Den Zwei-Meter-Riesen mit dem knallharten Wurf kennt jeder Handball-Fan. Hens ist eine Legende. Einer, der fast alles gewonnen hat, was ein Profi gewinnen kann. Sein größter Triumph liegt fast elf Jahre zurück.

Wenn man mit Hens über die Heim-WM 2007 spricht, muss er lächeln. Es kommen Erinnerungen hoch an einzigartige Wochen, die er nie vergessen wird. Ganz Deutschland war im Handball-Fieber und feierte das "Wintermärchen".

In wenigen Wochen findet wieder eine WM in Deutschland statt. Auf dem Platz wird Pascal Hens zwar nicht mehr stehen, doch er wird von außen mitfiebern. Und der Ex-Profi weiß, worauf es ankommt. Im Interview mit t-online.de spricht er über fehlende Hierarchien, Handy-Verbote und die deutschen Stärken.

t-online.de: Herr Hens, es sind nun fast zwölf Jahre seit dem Titel bei der Heim-WM vergangen. Es war der größte Erfolg der damaligen Nationalmannschaft. Doch der große Star war eigentlich der Trainer. Welche Rolle hat damals Heiner Brand gespielt?

Pascal Hens: Für mich ist er der größte Trainer überhaupt, weil er weiß, wie er eine Mannschaft zu führen hat. Heiner hatte mit Markus Baur oder Daniel Stephan immer seine erfahrenen Spieler, mit denen er viel kommuniziert hat. Er hat genau gewusst, wie wir funktionieren und hat uns Menschen sein lassen. Aber er wusste auch, dass er sich auf uns verlassen kann, wenn es darauf ankommt. Wir hatten unsere Freiheiten und so wurden viele Sachen auch intern geregelt. Das fand ich bemerkenswert, gerade als junger Kerl. So was nannte man Hierarchie (lacht). Das gibt es heute im Sport leider nicht mehr so, was ich sehr schade finde. Wenn ich als Jüngerer mal was falsch gemacht hatte, kam einer der Älteren zu mir und sagte: "Pommes, das geht so nicht. Wenn du abends mit uns zwei Bierchen trinken gehst, dann kommst du pünktlich zum Frühstück und nicht fünf Minuten zu spät." Das musste nicht der Trainer machen, sondern das haben die Spieler gemacht. Aber er hat es gut gehändelt und geführt.

Was würden Sie denn der Mannschaft mitgeben? Braucht eine erfolgreiche Mannschaft solche Hierarchien?

Die Zeiten haben sich geändert. Diese Hierarchien gibt es gar nicht mehr und die wird man auch nicht zurückbekommen. Das hat auch viel mit Social Media zu tun. Inzwischen ist alles Private nicht mehr privat und wird in die Welt hinausgetragen. Früher gab es das nicht, da haben wir gegenseitig auf uns aufgepasst. Heute laufen alle mit ihren Handys herum. Dabei ist es wichtig, dass man sich davon nicht ablenken lässt. Fokus ist wichtig. Die Mannschaft, die das am besten schafft, die hat zwei bis drei Prozent mehr im Köcher – und die können ausschlaggebend sein.
Das deutsche Team muss sich fokussieren und mannschaftlich geschlossen auftreten, die zuletzt schwachen Turniere vergessen machen und dann gehören wir zu den Teams, die am Ende ganz oben stehen.

Sollte es dann vielleicht simple Regeln wie Handy-Verbote beim Essen geben?

Ich bin Befürworter solcher Sachen. Beim Essen hat ein Handy nichts verloren, das ist eine Sache von Respekt den Mitspielern und dem Trainerstab gegenüber. Wir sind Menschen, wir können miteinander reden und müssen nicht immer aufs Handy glotzen. Ich finde diesen Trend sehr, sehr schlimm. Deswegen fände ich es gut, solch eine Regel einzuführen. Ich weiß nicht, ob es aktuell so ist, aber so einen Kodex sollte es geben.

Die letzten beiden Turniere verliefen sehr enttäuschend. Nun steht das größte Highlight des Jahrzehnts an. Mit welchen Gefühlen gehen Sie in das kommende Turnier?

Die Turniere nach der EM 2016 waren ernüchternd. Wir waren Europameister, obwohl wir einige Verletzte hatten. Damit hat keiner gerechnet. Jetzt haben wir eine andere Erwartungshaltung – von uns selbst aber auch von außen. Nun sehen wir, was passieren kann, wenn die Gegner sich besser auf uns einstellen. Dann kommt ein neuer Trainer dazu, der ein paar Sachen versucht hat, die am Ende schief gegangen sind. Er weiß auch, dass das nicht richtig war. Aber die Zeit ist vorbei und wir sollten den Blick nach vorne richten.

Nach der EM 2018 stand der Trainer zur Debatte. Der Verband sprach ihm das Vertrauen aus. Die richtige Entscheidung?

Wenn etwas nicht funktioniert, muss der Trainer herhalten – so ist das im Leistungssport. Es ist ja auch üblich, dass da einiges hinterfragt wird. Aber das ist jetzt durch. Jetzt ist es wichtig, dass alle hinter Christian Prokop stehen. Mit einem neuen Trainer wären auch wieder neue Ideen dazugekommen und man hätte umdenken müssen.
Es ist aktuell so eng an der Weltspitze, dass man keine Chance hat, wenn nur zwei, drei Dinge nicht stimmen. Und das war so beim letzten Turnier. Er hat versucht, seine Leipziger Achse mit reinzubringen und auf Finn Lemke zu verzichten, war auch ein Fehler. Das haben wir aber alles totgequatscht. Er hat daraus gelernt und er braucht jetzt die Unterstützung von uns allen – der Mannschaft, den Medien, den Fans.

Welche Spieler müssten denn vorne weggehen und das Team mitreißen? Uwe Gensheimer ist ja der Star und Kapitän des Teams …

Ich mag den Uwe, aber er ist ein Außen. Das ist nicht böse gemeint. Ein Außen macht zwar viele Tore, aber er entscheidet nicht das Spiel. Da braucht man schon einen Spieler aus dem Rückraum. Wenn du im Positionsspiel Probleme hast, kannst du von außen wenig verändern. Das muss aus dem Zentrum kommen. Da haben wir einen ausgeglichenen Kader, aber nicht den einen Spieler, der sagt: "Ich mach jetzt mal." Wir können uns keinen stricken, aber es war gut mit anzusehen, wie Abwehrrecke Finn Lemke in den letzten Wochen häufiger nach vorne gerannt ist und aus zehn Metern mal einfache Tore gemacht hat. Das habe ich früher auch gerne gemacht und das sind Dinger, die dem Gegner auch mal das Genick brechen können. Wir müssen abwarten, was das Turnier bringt.

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Reicht der aktuelle Kader, um Weltmeister zu werden?

Man muss schon sagen, dass es an sich bessere Teams gibt. Es ist beeindruckend zu sehen, was bei den Franzosen nachkommt. Bei denen rennen allein auf halbrechts fünf Spieler mit einer brutalen Qualität rum. Da denkt man oft: "Ach, den haben die ja auch noch" (lacht).


Aber: Wir haben einen ausgeglichenen, starken Kader und den Großteil der Fans in unserem Rücken. Das bringt auch sehr viel und könnte reichen, um den Titel zu holen. Wir müssen uns vor niemandem verstecken.

Noch mal ein kurzer Rückblick zu 2007. Ein Jahr zuvor gab es das Sommermärchen, als die Fußball-Nationalmannschaft bei der Heim-WM Dritter wurde. Ihr wurdet dann sogar Weltmeister und habt für das Wintermärchen gesorgt. 2018 war die Fußball-WM eine bittere Enttäuschung. Provokant gefragt: Holt die Handball-Nationalmannschaft Deutschland aus dem Sporttief?

Das hoffe ich natürlich sehr. Wir sollten uns bei dieser WM natürlich nicht an den Fußballern orientieren. Alle haben sich gewünscht, dass es in Russland besser läuft, aber es hat nicht geklappt. Das war leider ernüchternd – aber jetzt ist genug mit Ernüchterung. 2019 ist ein neues Jahr und wir Handballer können mal zeigen, wo der Hammer hängt (grinst).

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