Trotz 1:7-Klatsche im Halbfinale Ganz Brasilien steht im Finale hinter Deutschland
Klar, das 1:7-Desaster im Halbfinale gegen Deutschland hat dem Gastgeber Brasilien merklich weh getan. Nicht nur das Turnier-Aus im eigenen Land war besiegelt, obendrein musste die Selecao auch noch die höchste Halbfinal-Niederlage in der WM-Geschichte einstecken. Doch Lahm, Müller und Co. machten nach dem Abpfiff alles richtig: Sie zollten dem Gegner Respekt, Trost und jede Menge Zuwendung. Eine ehrenhafte Geste, die sich im Finale gegen Brasiliens Erzrivalen Argentinien (Sonntag, ab 20.30 Uhr im t-online.de Live-Ticker) nun auszahlen könnte.
Für das brasilianische Internetportal "Goal" stand nach dem Halbfinale bereits fest, dass die Deutschen trotz der Schmach "den Titel des Sympathie-Champions" absolut verdient hätten. "Que Elegância!" (Was für eine Eleganz!), titelte die Sportzeitung "Lance!" und lobte so den deutschen Zuspruch für die am Boden zerstörten Stars der Selecao. Das "Alemanha" von 2014, resümierte das Internetportal "UOL", "ist brasilianischer als Brasilien."
"Wir Brasilianer sind alle Deutschland!"
Zu diesem Zeitpunkt stand noch nicht fest, dass das DFB-Team im Finale auf die im Gastgeberland ungeliebten Gauchos trifft. Und auf dem heiligen Rasen von Rios Fußball-Tempel Maracana kann die Albiceleste von den brasilianischen Anhängern keine große Nachbarschaftshilfe erwarten.
"Wir Brasilianer sind alle Deutschland!", gab die Sportzeitung "Lance!" den einheimischen Fans schon mal die Marschrichtung vor. Die tief verwurzelte Abneigung zwischen den südamerikanischen Nachbarn dürfte der deutschen Elf also zusätzlich in die Karten spielen. "Macht sieben Tore am Sonntag", feuerte die Zeitung "Hora" die "Germanicos" an.
Unter dem beliebten Twitter-Hashtag #SomosTodosAlemanha ("Wir sind alle Deutschland") zeigte "Lance!" auch ein Bild von DFB-Star Lukas Podolski, der mit einem brasilianischen Indio-Jungen posierte.
"Zeigt den Gauchos all eure Waffen"
Die Truppe von Bundestrainer Joachim Löw müsse den dritten Triumph des zweimaligen Weltmeisters unbedingt verhindern. "Hoffentlich hat Deutschland einige Tore für das Finale aufgespart. Schließlich hat es niemand verdient, Argentinien im Maracana feiern zu sehen", schrieb das Blatt "Meia Hora". Die "Folha" titelte: "Lasst diese Krise nicht umsonst gewesen sein - zeigt den Gauchos all eure Waffen".
Die Zeitung "Correio da Bahia" führte sogar fünf Gründe auf, im großen Showdown für Deutschland zu sein. "Sie spielen den besten Fußball, sie haben das meiste Charisma, sie waren respektvoll zu uns, sie haben die effektivste Taktik und sie spielen gegen Argentinien - ein Totschlagargument!", war dort zu lesen.
"Nach dem Schmerz die Freude des Rivalen"
Viele Brasilianer halten die Argentinier für arrogant, unfreundlich und großsprecherisch. Gleiches gilt für das Bild der Brasilianer in Argentinien. Hinzu kommen die atmosphärischen Störungen zwischen Pelé und Diego Maradona. Nach der Pleite gegen Deutschland hatte sich Maradona nicht lumpen lassen und postete in den sozialen Netzwerken ein Bild, auf dem er mit den Fingern die Zahl Sieben anzeigte - eine Provokation für jeden Anhänger der Selecao.
"Der Albtraum wird noch größer. Argentinien besiegt Holland im Elfmeterschießen und steht im Finale", schrieb die Zeitung "O Dia" mit Blick auf die Tatsache, dass der Erzrivale - in Brasilien - mindestens Vize-Weltmeister wird. "Nach dem brasilianischen Schmerz die Freude des Rivalen", klagte das Blatt weiter.
Neymar drückt Messi und Co. die Daumen
Zuvor waren die Sticheleien zwischen den beiden rivalisierenden Nationen allerdings phasenweise zu weit gegangen. Im Internet kursierte ein Video von argentinischen Fans, die mit einem Plastik-Skelett durch die Straßen liefen und sangen: "Olé, olé, wir haben die Wirbelsäule von Neymar." Die brasilianische Zeitung "O Globo" war außer sich: "Die Argentinier spotten über die Verletzung eines Spielers. Das ist eine geschmacklose Provokation", schrieb das Blatt.
Neymar selbst schien sich über die unfaire Aktion nicht sonderlich zu ärgern und gab sogar an, im Finale seinen argentinischen Vereinskollegen vom FC Barcelona die Daumen zu drücken. "Ich hoffe, dass Lionel Messi und Javier Mascherano gewinnen", sagte der 22-jährige Stürmerstar. "Es scheint verwunderlich zu sein, aber ich bin kein Argentinien-Fan. Wenn ihr so wollt, bin ich ausschließlich Fan des Messi Fußball Klubs".