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WM 2022 in Katar: Argentinien schlägt "Oranje" – Nicht in Worte zu fassen


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Ein historisches WM-Drama
Kaum in Worte zu fassen

Von Benjamin Zurmühl, Lusail

10.12.2022Lesedauer: 3 Min.
Lionel Messi (l.) umarmt Emiliano Martinez: Die Partie zwischen Argentinien und den Niederlanden wurde zu einem Klassiker.Vergrößern des Bildes
Lionel Messi (l.) umarmt Emiliano Martinez: Die Partie zwischen Argentinien und den Niederlanden wurde zu einem Klassiker. (Quelle: IMAGO/JOEL MARKLUND)
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Argentinien war eigentlich schon weiter, als Wout Weghorst plötzlich die Niederlande wiederbelebte. Doch das war noch nicht das Ende eines historischen Spiels.

Die Texte waren schon geschrieben, die Überschriften standen fest. Es fehlte nur der Schlusspfiff. Doch dann kam alles ganz anders. Ein letzter Freistoß, eine letzte Chance – und dann geschah sie, die Wende im Drama Niederlande gegen Argentinien.

Beim Stand von 2:1 für Argentinien griff "Oranje" in die Trickkiste. Anstelle eines Direktschusses von Cody Gakpo, spielte Teun Koopmeiners einen flachen Pass auf Wout Weghorst, der neben der argentinischen Mauer lauerte. Weghorst drehte sich mit dem Ball, schoss ihn aufs Tor und traf.

Die elfte Minute der Nachspielzeit in der zweiten Hälfte brachte die über 40.000 Anhänger der Argentinier zum Schweigen. Die Menge, die Sekunden zuvor noch getobt, gefeiert, geschrien hatte, war mucksmäuschenstill. Der späte Ausgleich war ein Schock. Und zugleich der nächste Akt in einem historischen Drama. Aber nicht der letzte.

Dieses Spiel hatte alles

Es gibt so viele Situationen, über die man so detailliert schreiben könnte. Wie Lionel Messi vor dem 1:0 Argentiniens den perfekten Pass im perfekten Moment spielte. Wie "La Pulga" den Strafstoß zum 2:0 eiskalt verwandelte, nachdem der mehr als 30 Zentimeter größere niederländische Torwart Andries Noppert sich vor ihm aufgebaut hatte. Wie Joker Wout Weghorst "Oranje" wiederbelebte. Wie erst die Niederländer und später die Argentinier Schiedsrichter Mateu Lahoz aus Spanien verfluchten. Wie Argentiniens Leandro Paredes nach einem üblen Foul den Ball in Richtung der niederländischen Bank drosch und eine Rudelbildung auslöste. Oder wie Enzo Fernández in der Nachspielzeit der zweiten Hälfte der Verlängerung per Distanzschuss nur den Pfosten traf.

Dieses Spiel hatte alles. Und es ist nicht in Worte zu fassen.

Vor dem Spiel sprachen argentinische Medien von einem "Fast-Klassiker". Es sei noch nicht ganz auf dem Level von Deutschland gegen Argentinien, aber kurz dahinter. Wegen Spielen wie dem WM-Halbfinale 2014, als sich die "Albiceleste" im Elfmeterschießen durchsetzte. Oder wegen Traumtoren wie dem von Dennis Bergkamp im WM-Viertelfinale 1998.

Nach diesem Abend im Lusail-Stadion ist klar: Der Status "Fast-Klassiker" ist Geschichte. Argentinien gegen die Niederlande ist ein Klassiker.

"Wir haben schon sehr oft Charakter gezeigt"

"Sie waren schon fast raus", stellte Lionel Scaloni nach dem Spiel fest. Der argentinische Trainer glaubte an das Weiterkommen, als die Niederländer noch zurückkamen. Dass sein Team im Elfmeterschießen die Nerven bewahrte, zeige den Charakter der Spieler, ergänzte er. "Wir haben schon sehr oft Charakter gezeigt. Ich erinnere mich an die erste Hälfte gegen Mexiko in der Gruppenphase zurück. Das war auch sehr schwer, aber wir haben gewonnen. Manchmal musst du bis zum Ende kämpfen, das kennen wir."

Gekämpft wurde auch mit den Worten. Immer wieder kam es zu Schubsereien, verbalen Gefechten und Diskussionen. Über deren Inhalte wollte Scaloni aber nicht reden. "Was auf dem Platz geschieht, bleibt auch dort. Es war ein sehr hitziges Spiel", sagte er.

Viel lieber wollte er über seine Qual der Wahl vor dem Elfmeterschießen reden: "Normalerweise musst du eher Schützen suchen, weil einige zu unsicher sind. Aber wir hatten zu viele Freiwillige. Wir mussten entscheiden, wer schießen darf und wer nicht."

Scalonis erster Schütze war Lionel Messi, die entscheidende Figur in diesem Drama. Der 35-Jährige zeigte, was einen Kapitän ausmacht. Er übernahm Verantwortung vom Punkt. Wie auch schon in der 73. Minute. Doch er zeigte noch viel mehr. Vor allem, dass er noch immer zu den besten Fußballern der Welt zählt. Bei dieser WM liefert er sogar Argumente dafür, noch immer die Nummer eins zu sein.

Eine offene Rechnung

Als nächster Gegner wartet nun Kroatien auf Argentinien. Ein Team, das noch mehr Erfahrung im Elfmeterschießen bei dieser WM hat als die Auswahl von Lionel Scaloni. Erst besiegten sie Japan vom Punkt, dann Brasilien. Die "Kockasti" (die "Gekachelten") sind unglaublich schwer zu knacken und obendrein auch noch nervenstark. Ein schwieriger Gegner für Argentinien auf dem Weg zum großen Ziel: dem WM-Titel.

Ein Klassiker ist das Duell zwischen Kroatien und der "Albiceleste" noch keineswegs. Auch von einem "Fast-Klassiker" kann nicht die Rede sein. Drei Länderspiele bestritten beide Teams gegeneinander, zwei davon waren Testspiele. Doch das dritte hatte es in sich. Es fand bei der vergangenen WM in Russland statt. In der Gruppenphase führte Kroatien das Team um Lionel Messi in Nischni Nowgorod vor, blamierte es mit einer 3:0-Abreibung, die ein Pfeifkonzert auslöste.

Lionel Messi stand damals auch auf dem Platz. Es war eins seiner schlechtesten Spiele für Argentinien. Am kommenden Dienstag kann er nun Revanche nehmen. Vielleicht wird ja auch dieses Spiel historisch.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen vor Ort
  • Pressekonferenzen mit Louis van Gaal, Lionel Scaloni und Lionel Messi
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