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DFB-Star Niclas Füllkrug: Besser spät als nie


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Niclas Füllkrug
Ein Tiefschlag nach dem anderen

Von Benjamin Zurmühl, Doha

Aktualisiert am 28.11.2022Lesedauer: 4 Min.
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"Wir sind natürlich mehr Risiko gegangen": So reagierte Niclas Füllkrug auf den Ausgang des Krimis gegen Spanien. (Quelle: MagentaSport)

Niclas Füllkrug hat mit seinem Tor gegen Spanien ein kleines Stück WM-Geschichte geschrieben. Dabei war er noch vor ein paar Monaten meilenweit entfernt von der Nationalelf.

Eigentlich hätte es schon zehn Minuten früher passieren sollen, das erste WM-Tor von Niclas Füllkrug. Doch Jamal Musiala verpasste es in der 73. Minute gegen Spanien, den Ball vor Torwart Unai Simón auf den Mann mit der Rückennummer 9 querzulegen. Statt den Kopf hochzunehmen und den besser postierten Mitspieler zu sehen, war Musialas Blick nur auf die Lederkugel gerichtet. Das Supertalent des FC Bayern jagte den Ball anschließend selbst aufs Tor, scheiterte aber an eben jenem Simón.

In der 83. Minute konnte Musiala gar nicht anders, als Füllkrug den Ball aufzulegen. Leroy Sanés starken Pass in die Schnittstelle nahm der 19-Jährige perfekt an. Bevor er eine weitere Bewegung hätte machen können, schnappte sich die Nummer 9 den Ball und hämmerte ihn ins Netz. Es war das wichtige 1:1, das die Achtelfinal-Hoffnungen der deutschen Nationalelf in Katar am Leben hielt. Geschossen von einem Mann, der vor einem halben Jahr noch in Aue und Heidenheim auf dem Rasen stand.

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Quelle: MagentaSport

Mehr Spiele in der zweiten Liga als in der ersten

Vor einer WM-Nominierung stellt sich bei jedem Spieler die Frage, wie viel internationale Erfahrung er mitbringt. Hintergrund dieser Frage ist die Wettbewerbsfähigkeit auf höchstem Niveau. Denn bei einer WM treffen die besten Spieler der Welt aufeinander. Wer das bereits aus der Champions League kennt, hat einen Vorteil.

Bei Niclas Füllkrug war die Antwort auf jene Frage: keine. Der 29-jährige DFB-Debütant hat keine einzige Sekunde in einem Uefa-Wettbewerb bestritten. Tatsächlich hat Füllkrug sogar mehr Erfahrung in der zweiten als in der ersten Bundesliga gemacht. Für Greuther Fürth, den 1. FC Nürnberg, Hannover 96 und Werder Bremen machte er insgesamt 135 Spiele im Unterhaus. Dem gegenüber stehen 112 Einsätze in der oberen Etage.

Die bisher beste Halbserie in seiner Karriere spielte Füllkrug in diesem Jahr. In 14 Einsätzen für den Bundesliga-Aufsteiger Werder Bremen schoss der bullige Mittelstürmer 10 Tore. Nur Leipzigs Christopher Nkunku (12) hat häufiger getroffen. In Füllkrug sahen Fans und Medien den Mann, der der deutschen Nationalmannschaft gefehlt hat: ein echter Neuner. Einer, der sich vor allem im Strafraum bewegt, der immer den Torabschluss sucht und bei jeder Flanke mit vollem Einsatz um den Sieg im Luftduell kämpft. Denn das sind weder Timo Werner und Karim Adeyemi, noch Kai Havertz und Thomas Müller.

Welcher Name stimmt jetzt?

An Spitznamen mangelt es Füllkrug nicht. In seiner Heimatstadt Hannover nannten sie ihn wegen seiner Zahnlücke einfach "Lücke". Bei seinem aktuellen Klub Werder Bremen wird er einfach "Fülle" gerufen. Der Name hat sich offenbar auch beim DFB durchgesetzt, wie Thomas Müller nach dem Spanien-Spiel im ZDF offenbarte: "Fülle ist gerade noch beim Interview draußen. Geil reingekommen, genau dafür ist er dabei. Das hat er die letzten Tage schon angekündigt. Er hat ein tolles Selbstvertrauen (...) und einen rechten Hammer. Ein unglaubliches Tor und er ist ein unglaublich geiler Typ."

Beinahe hätte Müller diesen "unglaublich geilen Typen" schon vor ein paar Jahren im Kreise der Nationalmannschaft begrüßen dürfen. Nachdem Füllkrug in der Saison 2017/18 den Aufsteiger Hannover 96 mit 14 Toren zum Klassenerhalt geschossen hatte, wurde auch über seinen Namen vor der Kadernominierung gemunkelt. Einen Anruf vom damaligen Bundestrainer Joachim Löw bekam der damals 25-Jährige aber nicht. Hannovers damaliger Manager Horst Heldt wollte die Hoffnung noch nicht aufgeben, glaubte nach dem WM-Debakel an Füllkrugs Chance bei einem Umbruch im DFB-Kader. "Wenn man sich das Stürmerprofil anschaut, wer in der Box gefährlich ist, da gibt es nicht sehr viele andere Möglichkeiten der Neubesetzung. (...) Es ließe sich erklären, wenn da für Niclas eine Tür aufgeht", sagte er.

Doch die Tür blieb verschlossen. Und es kam noch schlimmer. Im darauffolgenden Dezember musste Füllkrug eine Hiobsbotschaft hinnehmen: Knorpelschaden im Knie, zum dritten Mal. Bereits in Fürth und in Nürnberg musste er deswegen monatelang pausieren. Erst im Mai 2019, nach einem halben Jahr, stand er wieder auf dem Platz. Pünktlich zum Saisonende. Es war Füllkrugs letzter Einsatz für Hannover.

Mit neuer Motivation griff er nach einem Wechsel nach Bremen in der Folgesaison wieder an. Nach zwei Toren in vier Spielen war der Saisonstart geglückt, ehe der nächste Tiefschlag kam. Füllkrug erlitt einen Kreuzbandriss. Von September 2019 bis Juni 2020 musste er zuschauen. Der Torjäger ließ sich davon aber nicht unterkriegen, sondern stellte sein Training etwas um, ließ auch mal eine Einheit mit der Mannschaft aus. Das hatte nichts mit Faulheit zu tun, wie er letztes Jahr dem "Kicker" sagte: "Ich mache an so einem Tag ja nicht weniger, sondern ein Programm, das meinen Körper so weiterbringt, dass ich lange fit bleibe. Ich trainiere sehr viel neben dem Platz."

Es geht auch ohne Ducksch

Die Umstellung zahlte sich aus. Seit fast zwei Jahren ist Füllkrug kaum noch verletzt. Und für Werder Bremen inzwischen ein Schlüsselspieler. Zusammen mit Marvin Ducksch bildet er ein kongeniales Sturmduo, das sich selbst die "hässlichen Vögel" nennt. Ducksch legt auf, Füllkrug trifft. So lief es an der Weser zuletzt häufiger ab.

Zweifel kamen auf, ob Füllkrug es beim DFB überhaupt als einzige Spitze schaffen würde. Die Skepsis beseitigte er bereits beim 1:0-Sieg gegen den Oman – und betonte es nun gegen Spanien.

ZDF-Experte Sandro Wagner prognostizierte daher: "Demnächst werden wir kein Länderspiel ohne Niclas Füllkrug sehen." Wahrscheinlich hat er damit recht.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • ZDF-Übertragung des Länderspiels Spanien-Deutschland
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