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Zum journalistischen Leitbild von t-online.WM in Katar Stadion-Baufirma errichtete wohl auch Chinas Folterlager
Die WM in Katar steht heftig in der Kritik. Laut der britischen Tageszeitung "The Times" soll neben den toten Arbeitern noch weiteres Blut an den Händen der Verantwortlichen kleben.
Die Kritik an der WM in Katar reißt nicht ab. Diverse Menschenrechtsverletzungen werfen bereits seit Jahren einen Schatten über das geplante Fußballfest. Nun sorgen neue Enthüllungen der britischen Tageszeitung "The Times" für Aufsehen. Im Mittelpunkt steht dabei die chinesische Baufirma China Railway Construction Corporation (CRCC).
Demnach soll das Unternehmen, welches das Finalstadion in Lusail errichtet hat, an Internierungslagern für die Unterdrückung der Uiguren in Xinjiang mitgearbeitet haben. Dies soll aus internen Dokumenten hervorgehen, die der Zeitung vorliegen. Bei den Uiguren handelt es sich um eine ethnische Minderheit, die vorrangig im Nordwesten Chinas angesiedelt ist. Hier, in der Region Xinjiang, befinden sich auch die Umerziehungslager, in denen seit Jahren Menschen verschwinden.
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Zwangsarbeit und Zwangssterilisierung
Ein Datenleak zeigte im Mai 2022, was mit den Menschen in den Lagern passiert. So sollen Zwangsarbeit und Zwangssterilisierung an der Tagesordnung stehen. Peking wird beschuldigt, mehr als eine Million Uiguren und andere muslimische Minderheiten in Xinjiang gefangen zu halten. Im Gespräch mit t-online erklärte Autor Philipp Mattheis, weshalb China die Uiguren verfolgt:
"Einerseits sind die Uiguren anders als das 'Hauptvolk' der Chinesen – die Han-Chinesen. Die Uiguren zählt man zu den Turkvölkern. Das heißt, ihre Sprache ist verwandt mit den türkischen. Sie haben einen anderen Glauben, zum Großteil sind es Muslime. Diese Unterschiede gab es schon immer in der Geschichte von Xinjiang – oder wie es die Uiguren nennen: Ost-Turkestan. Lange Zeit hat das die chinesische Regierung nicht gestört. Erst in den 1980er Jahren begann sich das zu verändern. Ab da übt Peking einen stärkeren Assimilationsdruck auf die Uiguren aus."
Philipp Mattheis (Autor und Journalist)
Die Enthüllungen rund um die verheerende Lage in Xinjiang führten bereits im Februar 2022 zu heftigen Protesten gegen die Olympischen Winterspiele in Peking. Vor allem in asiatischen Ländern gingen Menschen auf die Straße, um ihre Solidarität mit den Uiguren zu bekunden und zum Boykott aufzurufen.
Ob die CRCC wusste, wofür sie die Lager baute, ist unklar. Allerdings ist der laut eigener Aussage "größte umfassende Baukonzern der Welt" in staatlicher Hand. So ist auch auf der Website des Unternehmens staatliche Propaganda zu finden. Zum Thema "gesellschaftliche Verantwortung" heißt es dort: "Das Unternehmen betrachtet es als seine heilige Verantwortung, der Gesellschaft etwas zurückzugeben und sich den Menschen zu widmen."
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DFB: Mit Anpfiff ist alles vergessen?
Der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), Bernd Neuendorf, hat sich kürzlich gegen einen Boykott der bevorstehenden Fußballweltmeisterschaft in Katar ausgesprochen. "Wenn die WM beginnt, steht das Sportliche im Mittelpunkt. Aber wir müssen klar sein in der Positionierung, wenn es um gesellschaftliche und politische Verhältnisse in Katar geht", sagte er dem SWR.
Die Vorfreude der deutschen Fans scheint indes ungebrochen zu sein. Am Mittwoch verkündete der DFB, dass bereits 35.000 Karten für die Winter-WM nach Deutschland verkauft werden konnten.
- thetimes.co.uk: "World Cup stadium firm built Chinese ‘internment camp’" (englisch, kostenpflichtig)
- crcc.cn (chinesisch, Stand: 27.10.2022)
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Eigene Recherche