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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Wildes Remis in Amsterdam Das aus seinem Mund
Im Klassiker gegen die Niederlande offenbart sich dem Bundestrainer ganz gut, woran er noch arbeiten muss. Gleichzeitig zeigt das Team eine für den Erfolg unabdingbare Eigenschaft.
Aus Amsterdam berichtet Noah Platschko
Nur zu gerne hätte die deutsche Mannschaft den Angriff zu Ende gespielt, doch der Unparteiische hatte etwas dagegen. Anstatt die Verlagerung des DFB-Teams abzuwarten, pfiff der Italiener Davide Massa den Angriff des deutschen Teams ab – und beendete damit vorschnell eine brisante Partie.
In diesem 2:2 der deutschen Elf steckte vieles drin, Positives wie Negatives. Und dass die deutsche Mannschaft trotz des schnellsten Gegentors seit 50 Jahren am Ende einen Punkt holte, durfte durchaus als Erfolg betrachtet werden.
Julian Nagelsmann fällte dann auch folgendes Urteil nach dem Spiel. "Es war sehr unterhaltsam, ging hin und her. Die Defensivabteilungen beider Mannschaften waren etwas zu anfällig. Offensiv fand ich uns stärker", so die Einschätzung des Bundestrainers bei RTL. Nagelsmann wollte sich auch von der unterdurchschnittlichen Schiedsrichterleistung, die ihn unmittelbar nach Abpfiff so empört hatte, nicht von seinem Positivfazit abbringen lassen.
"Das waren sehr gute Tage insgesamt, wir sind auf einem guten Weg und können mit dem 2:2 sehr gut leben. Das aus meinem Mund, das heißt was", zeigte sich der 36-Jährige generell zufrieden mit dem.
Deutschland festigt vorerst Platz eins
Nach dem 5:0 über Ungarn vergangenen Samstag und dem 2:2 in Amsterdam kann der Bundestrainer das auch durchaus sein. Nicht nur, weil seine Mannschaft über weite Strecken spielerisch überzeugte, sondern auch, weil sie zumindest vorläufig den ersten Platz in der Nations-League-Gruppe festigen konnte.
Dennoch fehle dem Bundestrainer noch ein wenig die Konstanz, wie er auf der Presskonferenz nach dem Spiel zugab. Spielerisch gewinne man diese mehr und mehr, allein beim Ergebnis sei man noch nicht da, wo man hinwill – sonst hätte man Spanien bei der EM geschlagen, so Nagelsmann selbstkritisch.
Allerdings räumten alle Mannschaftsteile Potenzial zur Verbesserung ein. So zeigte Marc-André ter Stegen im Tor zwar eine ordentliche Leistung, viele seiner langen Bälle (sechs von zwölf) fanden jedoch keinen Abnehmer. Die Abstimmung zwischen ihm und den Außenverteidigern, insbesondere David Raum auf der linken Seite, muss besser werden.
In Abwesenheit des geschonten Abwehrchefs Antonio Rüdiger offenbarte Deutschlands Defensive insbesondere in der Anfangsphase einige Mängel. Bis auf Kapitän Joshua Kimmich waren nach einer halben Stunde drei der vier deutschen Verteidiger mit Gelb verwarnt. Sowohl Jonathan Tah als auch Nebenmann Nico Schlotterbeck attestierte der Bundestrainer, "zu gierig" gewesen zu sein. Der Bundestrainer habe eine gewisse Ruhe und Abgeklärtheit vermisst.
Undavs Debüttreffer beim Startelfdebüt
Etwa auch bei Mittelfeldmann Jamal Musiala, der vor dem 2:2 zu leichtfertig den Ball hergab und sich am eigenen Sechzehnmeterraum verdribbelte. Ein Gegentor in der Drangphase der Niederländer, das mit etwas mehr Kompromisslosigkeit einfach zu verteidigen gewesen wäre. "Wir müssen cleverer und ballsicherer sein, auch ich habe meine Aktien vor dem Gegentor", so der Münchner einsichtig, dass er Mitschuld hatte.
Im Angriff arbeitete Kai Havertz als Zehner wieder viel nach hinten mit – wie schon gegen Ungarn fehlte es ihm dann aber vor dem Tor an der notwendigen Konsequenz. Eine Eigenschaft, die Deniz Undav bei seinem Startelfdebüt im DFB-Dress mitbrachte und mit der der Stuttgarter, der mittlerweile mit der Nummer 13 von Thomas Müller aufläuft, sein erstes Länderspieltor erzielte.
So wähnt sich Nagelsmann zwar auf dem richtigen Weg, weiß aber auch, an welchen Stellschrauben er noch zu drehen hat. Gilt es, nach dem Remis eines besonders herauszuheben, so ist es wieder einmal die Widerstandskraft der deutschen Mannschaft.
Zum sechsten Mal punktete das DFB-Team unter Nagelsmann nach einem Rückstand. Unter Hansi Flick wäre die Mannschaft möglicherweise auseinandergefallen. Unter ihrem aktuellen Coach offenbart sie einen wichtigen Kampfgeist, der insbesondere bei der WM in zwei Jahren von großer Bedeutung sein wird. "Ich glaube schon, dass wir in der Gesamtheit einen Glauben vermitteln", teilte Nagelsmann diesen Eindruck und ließ eine kleine, aber feine Lebensweisheit fallen: "Nichts ist furchtbarer, als wenn einem etwas egal ist. Wir haben den Anspruch, dass die Mannschaft alles reinwirft. Und das haben wir heute gesehen."
Im Optimalfall bekommen die Fans diese Qualitäten dann auch im Oktober zu sehen. In Zeneca geht es am 11. Oktober gegen Bosnien, ehe drei Tage später in München die Niederländer zum Rückspiel erwartet werden. Dass Nagelsmann dann an seinem Kader groß etwas verändern wird, ist nicht zu erwarten. Zu gefestigt und stabil zeigt sich die Mannschaft, die während der Heim-EM zusammengewachsen ist und den Widerständen trotzt. Auch einem nasskalten Abend in Amsterdam.
- Eigene Beobachtungen vor Ort
- DFB-Pressekonferenz mit Julian Nagelsmann nach Niederlande – Deutschland
- Aussagen der Spieler in der Mixed Zone
- Aussagen des Bundestrainers und von Jamal Musiala bei RTL