Turnier in Südamerika Titeljagd: Copa América startet in Brasilien
São Paulo (dpa) - "Vibra Continente" - ein vibrierender Kontinent, so heißt der Song zur Copa América. Und tatsächlich fiebert man nicht nur im Gastgeberland Brasilien der größten Fußball-Titeljagd in Südamerika entgegen.
Superstar Lionel Messi sehnt sich nach seinem ersten Triumph mit der argentinischen Nationalmannschaft, der amtierende Champion Chile könnte als erstes Team seit 72 Jahren das Turnier zum dritten Mal in Folge gewinnen und auch Kolumbien um den Ex-Münchner James Rodríguez hat Ambitionen auf den Sieg im großen Sehnsuchtsort Maracanã im Finale am 7. Juli.
Für kein Team steht aber nach zwölf Jahren ohne großen Titel so viel auf dem Spiel wie für die Seleção. "Wir haben nie darüber nachgedacht, Teil einer gescheiterten Generation zu sein. Es ist eine neue Gelegenheit, im Trikot der Nationalmannschaft Geschichte zu schreiben", sagte Außenverteidiger Filipe Luìs.
Gastgeber Brasilien eröffnet das Turnier am Freitag in São Paulo mit der Partie gegen Außenseiter Bolivien. Und das Trauma des letzten Heimturniers mit dem historischen Halbfinal-Aus gegen Deutschland 2014 wirkt natürlich noch nach. "Dieser Wettbewerb ist eine große Chance. Zu Hause vor unseren Fans müssen wir gewinnen." Auch ohne Superstar Neymar - der wie einst beim legendären 1:7 von Belo Horizonte wieder verletzt zuschauen muss.
Neben den zehn Nationalmannschaften aus Südamerika sind als Gäste Asienmeister und WM-Gastgeber Katar und Japan mit dabei. Die Copa América wurde 1916 zum ersten Mal ausgetragen und ist einer der ältesten Fußballwettbewerbe der Welt. Vor genau 100 Jahren war das Turnier zum ersten Mal in Brasilien zu Gast.
Der Gastgeber beklagt mehrere Ausfälle. Die Form aber stimmt. Im letzten Vorbereitungsspiel fertigte die Mannschaft von Nationalcoach Tite Honduras mit 7:0 ab. "Die Fans wollen die Nationalmannschaft gewinnen sehen", sagte Torwart-Trainer Claudio Taffarel. "Es geht nicht nur darum, schön zu spielen. Was am Ende zählt, ist der Sieg."
Nicht minder hoch ist die Erwartungshaltung der Argentinier an ihre Nationalmannschaft nach vielen Enttäuschungen. Trotz Messi liegt der letzte internationale Titel der Albiceleste bereits 26 Jahre zurück. "Wir sind uns sehr klar darüber, wie wir spielen wollen", sagte Nationalcoach Lionel Scaloni. "Wir verfügen über großartige Spieler, vor allem im Angriff. Wenn wir auch in der Verteidigung solide stehen, können wir für Probleme sorgen."
Titelverteidiger Chile, der die Copa América zweimal in Folge holte, geht da deutlich entspannter in das Turnier. Zwar sei es eine große Motivation, das Tripel holen zu können, sagte Trainer Reinaldo Rueda. Als Favoriten sehe er die Mannschaft aber nicht. "Chile wird seiner DNA treu bleiben, der Suche nach Ordnung, der Freude am Spiel, der Zusammenarbeit." Zuletzt gelang Argentinien von 1945 bis 1947 der kontinentale Hattrick.
Auch ohne Neymar wird die Copa zum Schaulaufen der Superstars. Liverpols Roberto Firmino und Alisson Becker kommen mit dem Champions-League-Sieg im Rücken heim nach Brasilien, Luis Suarez und Edinson Cavani sind die Traum-Sturmspitze Uruguays und wollen für den Rekordmeister den 16. Titel holen. James Rodríguez konnte bei den Bayern nicht mehr glänzen, könnte aber in der ganz auf ihn ausgerichteten Nationalmannschaft Kolumbiens wieder zur Hochform auflaufen, wie auch bei der WM vor fünf Jahren, als sein Fußballstern als Torschützenkönig mit sechs Treffern aufging.
Auch zwei Spieler aus der Bundesliga mischen bei der Copa mit: Der Chilene Charles Aranguiz von Bayer Leverkusen und der Uruguayer Marcelo Saracchi von RB Leipzig reisen zu dem Fußballspektakel in Brasilien an.
Für die Gäste aus Katar bietet die Copa América die bislang größte Bühne seiner nicht allzu üppigen Fußballgeschichte. Erstmals misst sich der WM-Gastgeber mit den ganz Großen der Welt. "Gegen so starke Teams zu spielen, ist für uns eine historische Chance", sagte Stürmerstar Almoez Ali Abdulla, im Frühjahr Torschützenkönig bei der Asien-Meisterschaft in den Vereinigten Arabischen Emirate (VAE).
Als Außenseiter angereist, gewann Katar dort sensationell den Titel des Asien-Meisters und schlug dabei immerhin die international renommierten Teams aus Südkorea und Japan. Dem außerhalb Katars bis dahin fast unbekannten spanischen Trainer Félix Sánchez ist es gelungen, eine viel versprechende Mannschaft aufzubauen. Viele Spieler stammen aus der Aspire Academy, Katars nationalem Ausbildungszentrum.
Ein Testspiel gegen Brasilien ging zuletzt zwar mit 0:2 verloren. Coach Sánchez nimmt die Copa America aber sehr ernst. Katar will bei dem Turnier mehr sein als ein freundlicher Gast und Punktelieferant. "Wir haben großes Vertrauen in uns als Spieler", sagte Almoez Ali.