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WM 2018: Spanien hat mit Trainerwechsel "echtes Eigentor geschossen"


t-online.de-WM-Check, Gruppe B
Spanien hat durch den Trainerwechsel ein echtes Eigentor geschossen

Aktualisiert am 15.06.2018Lesedauer: 4 Min.
Protagonisten ihrer Teams: Auf Spaniens Sergio Ramos, Marokko-Trainer Hervé Renard, Portugals Weltfußballer Cristiano Ronaldo und den Iraner Alireza Jahanbakhsh (v. l.) gilt es für t-online.de-Experte Lutz Pfannenstiel in der WM-Gruppe B zu achten.Vergrößern des Bildes
Protagonisten ihrer Teams: Auf Spaniens Sergio Ramos, Marokko-Trainer Hervé Renard, Portugals Weltfußballer Cristiano Ronaldo und den Iraner Alireza Jahanbakhsh (v. l.) gilt es für t-online.de-Experte Lutz Pfannenstiel in der WM-Gruppe B zu achten. (Quelle: imago-images-bilder)

Am zweiten WM-Tag wartet der Kracher Spanien gegen Portugal. Kurz zuvor warfen die Spanier ihren Trainer raus. Ein Unding für Torwart-Globetrotter Lutz Pfannenstiel, der die Gruppe B im großen t-online.de-WM-Check genauer vorstellt.

Bei der Weltmeisterschaft in Russland wird es international. 32 Mannschaften von sechs Kontinenten wetteifern um den Titel. Dabei kann man schnell den Überblick verlieren. Lutz Pfannenstiel war als Profi auf allen Erdteilen aktiv – und kennt die internationale Fußballwelt wie kaum ein Zweiter. Für t-online.de nimmt der Torwart-Weltenbummler alle WM-Starter unter die Lupe. Heute: Gruppe B mit Spanien, Portugal, Marokko und Iran.

Spanien

Kurz vor WM-Beginn haben die Spanier Erfolgstrainer Julen Lopetegui entlassen. Dieser hatte – trotz laufenden Vertrages – mit Real Madrid verhandelt und den Königlichen schließlich auch noch seine Zusage gegeben. Das hat für viel Unruhe gesorgt und war ein echtes Eigentor, denn so kurz vor WM-Beginn kann sowas selbst einen Mitfavoriten wie die Spanier aus dem Tritt bringen.

Für den neuen Trainer Fernando Hierro wird es nun darum gehen, die eingeschlagene taktische Marschroute weiterzuverfolgen. Lopetegui hat das Team taktisch flexibler und variantenreicher aufgestellt. Das technisch anspruchsvolle Ballbesitz-Spiel mit zahlreichen Passstafetten bildet zwar weiterhin den Kern. Es geht aber nicht mehr nur um Tiki-Taka mit 90 Prozent Ballbesitz. Besonders physisch sind die Spanier stärker geworden und haben sich auch in der Umschaltbewegung noch einmal verbessert.

Personell kann Hierro auf geballte Star-Power setzen: Von David de Gea (Manchester United) im Tor, über Sergio Ramos (Real Madrid) und Gerald Piqué in der Abwehr, zu Andres Iniesta, Sergio Busquets (alle FC Barcelona) sowie Isco (Real) im Mittelfeld und Diego Costa (Atletico Madrid) oder Marco Asensio (Real) im Sturm.

Der Star

Kapitän und Abwehrchef Sergio Ramos ist unverzichtbar. Es sind unruhige Zeiten auf und neben dem Platz. Da wird es besonders auf Ramos als Führungspersönlichkeit ankommen. Die Frage ist, wie der die Diskussionen um sein Foul im Champions-League-Finale gegen Liverpools Mohamed Salah und den Ellbogencheck gegen Loris Karius weggesteckt hat – oder ob da etwas nachwirkt.

Prognose

Trotz des Trainer-Chaos wird Spanien die Gruppe problemlos gewinnen und gehört weiterhin zu den drei bis vier absoluten Titelfavoriten.

Portugal

Portugal hat mich zuletzt gar nicht überzeugt. Zum EM Titel sind sie wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Da hatten sie viel Glück und waren sehr destruktiv ausgerichtet. So war es auch in der Qualifikation, in der sie sich knapp gegen die Schweiz durchgesetzt, aber trotz neun Siegen in zehn Spielen selten spielerisch überzeugt haben.

Trainer Fernando Santos ist ein echter Abwehr-Betonmischer. Für ihn steht defensive Kompaktheit an erster Stelle. Das sieht nicht schön aus, die Ergebnisse geben ihm jedoch Recht. Auffällig ist, dass die Stürmer oft in der Luft hängen.

Kaschiert wird das durch die individuelle Klasse von Weltfußballer Cristiano Ronaldo. Er ist und bleibt das Herz der Mannschaft. Neben ihm kann sich Santos auf einen eingespielten Stamm mit Routiniers wie Torwart Rui Patricio (Sporting Lissabon), Pepe (Besiktas Istanbul) oder Joao Moutinho (AS Monaco) verlassen. Dazu kommen mit Bernardo Silva (Manchester City) und André Silva (AC Mailand) talentierte Nachwuchskräfte. Besonders Silvas Rolle bei der WM wird spannend sein, denn einen klassischen Mittelstürmer wie ihn hatte Portugal gefühlt seit der fußballerischen Eiszeit nicht mehr.

Der Star

Das gesamte Spiel ist auf Cristiano Ronaldo zugeschnitten. Über ihn läuft in der Offensive alles. Unter Santos genießt er – aufgrund der defensiveren Ausrichtung – weniger Freiheiten als bei Real Madrid. Mit seiner außergewöhnlichen Klasse ist Ronaldo aber immer in der Lage, der WM seinen Stempel aufzudrücken.

Prognose

Trotz Ronaldo und der stabilen Defensive ist Portugal Kandidat für ein Vorrunde-Aus. Aber auch wenn sie – wie bei der EM – mit viel Glück weiterkommen sollten, wird spätestens im Viertelfinale Schluss sein.

Marokko

Trainer Hervé Renard ist ein guter Bekannter von mir. Als ich ihn vor der WM getroffen habe, war er, trotz der schwierigen Gruppe, sehr positiv gestimmt – ja geradezu euphorisch. Mit Sambia (2012) und der Elfenbeinküste (2015) hat Renard bereits zweimal die Afrika-Meisterschaft geholt. Er ist ein echter Motivationskünstler und dazu noch ein guter Taktiker.

Personell ist Marokko neben Nigeria die stärkste Mannschaft Afrikas. Das liegt vor allem an den vielen Europa-Legionären, von denen viele in Frankreich geboren sind. Beispiele sind Schalkes Amine Harit oder die Ex-Bundesliga-Spieler Younes Belhanda (früher Schalke, jetzt Galatasaray Istanbul) und Medhi Benatia (früher Bayern München, jetzt Juventus Turin). Dazu kommt der in Holland geborene Top-Vorbereiter Hakim Ziyech von Ajax Amsterdam.

Der Star

Hakim Ziyech zieht im Mittelfeld die Fäden und besitzt einen begnadeten linken Fuß. Der Ajax-Star wurde in den Niederlanden geboren und spielte dort bis zur U21. Danach wechselte er ins marokkanische Nationalteam.

Prognose

Marokko besitzt das Potenzial, Portugal zu ärgern und als Gruppenzweiter weiterzukommen. Gegen Spanien wird das Team allerdings keine Chance haben.

Iran

Der Iran ist eine Mannschaft, die man nicht unterschätzen darf. Technisch sind sie sehr versiert und haben sich auch im taktischen Bereich unter Trainer-Fuchs Carlos Queiroz stark verbessert. Der Ex-Trainer von Real Madrid setzt auf konsequentes Pressing. In Asien ist der Iran immer ein Gigant. In der entscheidenden WM-Qualifikationsgruppe blieb man in zehn Spielen ungeschlagen – erzielte allerdings auch nur zehn Treffer.

Ich habe zu meiner aktiven Zeit selbst vor 100.000 Zuschauern in Teheran gespielt. Die Erwartungshaltung im Land in Sachen Fußball ist hoch. Die Wahrnehmung ist: Wir werden Weltmeister. So wird die Mannschaft gepusht – auch wenn es von der individuellen Klasse her nicht ganz reicht. Die meisten Spieler sind in Deutschland relativ unbekannt.

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Der Star

Alireza Jahanbakhsh sorgt vorne für Torgefahr. In der niederländischen Ehrendivision holte der schussstarke Rechtsaußen von AZ Alkmaar mit 21 Treffern die Torjägerkanone. In der Nationalmannschaft (vier Tore in 36 Spielen) ist er davon allerdings noch weit entfernt.

Prognose

Der Iran ist krasser Außenseiter in dieser starken Gruppe. Ich traue dem Team aber zu, den anderen drei Mannschaften das Leben schwer zu machen und viele Fußballfans zu überraschen.

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