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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Cacau sicher "Marco Reus wird der Spieler des Turniers"
Am 17. Juni startet das DFB-Team gegen Mexiko die Mission Titelverteidigung – mit Marco Reus. Der ehemalige Nationalspieler Cacau erklärt, warum der BVB-Star eine überragende Rolle bei der WM spielen wird.
Cacau hat für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft 23 Länderspiele absolviert, wurde bei der WM in Südafrika vor acht Jahren Dritter. Im Interview mit t-online.de erklärt der ehemalige DFB-Stürmer, welche Teams er – neben Deutschland – zum engen Favoritenkreis zählt und wie sich Brasilien seit der 1:7-Halbfinalpleite bei der Heim-WM vor vier Jahren verändert hat.
Pechvogel Reus
Von einem deutschen Spieler schwärmt der 37-Jährige ganz besonders: Marco Reus. Der BVB-Star hat seit seinem DFB-Debüt im Oktober 2011 erst 30 Länderspiele gemacht, wurde immer wieder von Verletzungen zurückgeworfen.
Besonders tragisch: Reus verpasste den Titelgewinn 2014, weil er im letzten WM-Test gegen Armenien einen Syndesmoseanriss erlitt. Auch bei der EM vor zwei Jahren fehlte er – wegen einer Schambeinentzündung. Cacau glaubt aber, dass Reus dem Turnier in Russland seinen Stempel aufdrücken wird.
Was trauen Sie dem DFB-Team in Russland zu?
Cacau (37): Puh, schwer zu sagen. Viele Spieler kämpfen nach ihren Verletzungen noch um ihre Form – Jerome Boateng oder Mesut Özil. Das sind wichtige Stützen der Mannschaft. Manuel Neuer ist zum Glück rechtzeitig wieder in Form. Ich hoffe, dass Marco Reus fit bleibt. Das wäre eine riesige Qualitätssteigerung für das Team. Deutschland zähle ich zu den Favoriten, ein Titelanwärter.
Welche Teams sind ihre Top-Favoriten?
Nach dem Spiel gegen Deutschland glaube ich, dass Spanien eine wichtige Rolle spielen wird. Neben Deutschland noch Brasilien und Frankreich. Das wäre auch mein Halbfinal-Tipp – wenn das überhaupt vom Turnierverlauf her möglich ist (lacht).
Wer wird die Überraschung des Turniers?
England könnte eine wichtige Rolle spielen. Obwohl es eine große Nation ist, haben sie in den letzten Jahren nicht viel gerissen. Die Engländer sind mein Geheimfavorit.
Wer wird der Spieler des Turniers?
Marco Reus, für mich ein absoluter internationaler Top-Spieler. Er ist dribbelstark, extrem schnell und sehr stark im Abschluss. Ich freue mich, dass er endlich seine erste WM erleben darf.
Welches Talent kann den Durchbruch schaffen?
Da lasse ich mich selber überraschen (lacht).
Wird Ronaldo, bei seiner wahrscheinlich letzten WM, noch einmal auftrumpfen können?
Ich glaube, er hat mit dem EM-Titel schon das Maximale aus der portugiesischen Nationalmannschaft herausgeholt – er hat den Titel für seine Nation gewonnen. Das macht einen Top-Spieler wie ihn aus. Aber Ronaldo ist auch abhängig von seinen Mitspielern und ich glaube nicht, dass Portugal die Qualität hat, um groß etwas bewegen zu können.
Brasilien spielt in einer Gruppe gegen die Schweiz, Costa Rica und Serbien. Welches Land ist der härteste Gegner?
Wahrscheinlich die Schweiz – sie sind sehr gut organisiert und haben eine gute Mentalität.
Serbien ist ein sehr unangenehmer Gegner. Wie schätzen Sie das Team von Trainer Mladen Krstajic ein?
Solche Mannschaften ist Brasilien aus der Copa América und der WM-Qualifikation gewohnt. Teams wie Ecuador oder Kolumbien, die aggressiv und zweikampfstark sind. Die Frage ist, ob diese Länder auch als Mannschaft funktionieren und taktisch gut eingestellt sind. Nur über Härte wird es nicht funktionieren. Deshalb habe ich auch die Schweiz als schwierigsten Gruppengegner genannt. Sie stehen kompakt, sind diszipliniert, haben eine gute Defensive und eine herausragende Offensive. Aber Serbien darf man auf keinen Fall unterschätzen.
Was hat sich bei Brasilien seit der 1:7-Niederlage gegen Deutschland im WM-Halbfinale vor vier Jahren verändert?
Kurz vor dem Turnier hat Dunga als Nationaltrainer übernommen und versucht, die Spielweise zu verändern. Brasilien sollte nicht mehr nur zaubern, sondern sich insbesondere in der Defensive besser aufstellen und verhalten – das war nicht sehr erfolgreich. Tite (seit Juni 2016 Brasilien-Trainer, Anm. d. Red.) ist ein ganz anderer Trainer. Er ist sehr gebildet – in dem Sinn, dass er viele Spiele schaut und taktisch sehr akribisch arbeitet. Er bereitet seine Mannschaften immer sehr gut vor und sie sind taktisch immer super eingestellt. Er hat eine klare Spielidee und denkt ein Stück weit europäisch. Die Niederlage gegen Deutschland muss aber nicht unbedingt ein Auslöser für die Veränderung gewesen sein, es kann auch die allgemeine Entwicklung im brasilianischen Fußball sein. Wenn die Mannschaft kompakt und defensiv gut steht, macht es sie besser. Dazu haben sie vorne gefährliche Einzelspieler. Das macht sie zu einem schwer schlagbaren Gegner.
Was macht Tite so besonders?
Er hat eine unheimlich hohe, soziale Kompetenz. Er hat es innerhalb kürzester Zeit geschafft, die Spieler auf seine Seite zu holen und sie zu motivieren. Er weiß, wann ein Spieler wie Neymar auch mal gestreichelt werden muss und hat es geschafft, ihm beizubringen, wann er in der Defensive auch mal mehr mitarbeiten muss. Dafür ist sich Neymar dann auch nicht zu schade – weil er weiß, dass der Trainer seine Qualitäten kennt und schätzt. Er gibt den Spielern eine Menge Selbstvertrauen und kann deshalb auch Dinge von ihnen fordern.
Die meisten Nationalspieler sind im Ausland, stehen bei europäischen Topvereinen unter Vertrag. Sind sie zu gut für die brasilianische Liga?
Das hat man ja auch beim Test gegen Deutschland Ende März gesehen. Fágner und Caio waren die einzigen beiden Profis aus der brasilianischen Série A im Kader. Die besten Spieler werden früh verkauft und außerhalb Brasiliens ausgebildet. Das ist ein Problem der Liga, darum bleiben die Mannschaften in ihrer Entwicklung stehen und haben Schwierigkeiten. Die Spieler, die sich auszeichnen können, werden verkauft.