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Frauen-WM 2023: Australien trauert – der Moment, der alles hätte ändern können


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Australien in WM-Trauer
Der Moment, der alles hätte ändern können


16.08.2023Lesedauer: 4 Min.
Sam Kerr: Ihr 1:1 reichte nicht. Australien hat keine Chance mehr auf den WM-Titel.Vergrößern des Bildes
Sam Kerr: Ihr 1:1 reichte nicht. Australien hat keine Chance mehr auf den WM-Titel. (Quelle: IMAGO/Speed Media/Icon Sportswire)

Das Stadion tobte, die australischen Fans waren erwacht. Doch das Tor zum zwischenzeitlichen 1:1 ihres Superstars war am Ende wertlos. Für England hingegen geht das WM-Märchen weiter.

Aus Sydney berichtet Noah Platschko

Ein letzter zweckloser Sprint, ein hochgestreckter Daumen für die Mitspielerin. Dann war es vorbei. Englands Millie Bright war die erste, die Sam Kerr tröstete. Während über die Lautsprecher des Sydneyer Accor Stadiums bereits der Klassiker "Sweet Caroline" ertönte, saß der australische Superstar noch lange auf dem Boden, mit Tränen in den Augen, das Trikot übers Gesicht gezogen.

Als Australiens Nummer 20 in der 63. Minute per Traumtor den Ausgleich für ihr Team erzielt hatte, war alles angerichtet für ein furioses Comeback des Gastgebers der Weltmeisterschaft 2023. Doch der erste Turniertreffer sollte Kerrs einziges Tor bei dieser WM bleiben. Der Moment, der alles hätte ändern können, er war am Ende wertlos. Australien ist raus, der Traum vom WM-Titel vorbei.

Hemp spielt famos

Zerschellt an der Abgezocktheit und Souveränität der Europameisterinnen von der Insel, deren Trainerin Sarina Wiegman schon vor dem Endspiel einen unfassbaren Erfolg bejubelt. Das Finale gegen Spanien ist das vierte Endspiel in Folge, das mit ihrer Beteiligung vonstattengeht. 2017 gewann sie mit den Niederlanden die EM, scheiterte bei der WM zwei Jahre später erst im Finale an den USA. Es folgte der EM-Titel 2022 mit den "Lionesses", mit denen sie nun ein Jahr später den ersten WM-Titel eines englischen Teams einfahren will.

Mit England gewann am Mittwoch die etwas reifere Mannschaft. Eine Abgebrühtheit, Souveränität und individuelle Qualität, die nach 90 aufreibenden Minuten den verdienten Sieger hervorbrachte. Insbesondere die famos aufspielende Lauren Hemp von Manchester City war mit Tor und Vorlage entscheidend am Finaleinzug beteiligt. Es sei ein Kindheitstraum, der für sie in Erfüllung gehe, sagte die als beste Spielerin des Spiels ausgezeichnete 23-Jährige auf der Pressekonferenz nach der Partie. Auch das zwischenzeitliche 1:1 Australiens ließ das Team nicht unruhig werden.

"Wir wussten von Anfang an, dass es schwer werden würde. Wir wussten, wie gefährlich Australien im Umschaltspiel ist. Solange wir am Ball waren, konnte nichts passieren", analysierte ihre Trainerin gewohnt sachlich die vorangegangene Partie. "Ich kann gar nicht sagen, wie stolz ich bin. Es ist so unglaublich, wie wir uns immer wieder angepasst und reingearbeitet haben. Heute feiern wir ein bisschen, morgen richtet sich der Fokus auf Sonntag", so die 53-Jährige. Nach der gewonnenen EM habe sich das Leben vieler Spielerinnen verändert. Der Druck war gestiegen, ihr Team musste abliefern – mit Erfolg.

"Mehr Fans begeistert als je zuvor"

Es fühle sich an wie ein Märchen, gab Wiegman Einblicke in ihre Gefühlswelt, im Bewusstsein, eine andere märchenhafte Reise zerstört zu haben. Und die nachvollziehbare Enttäuschung war den australischen Spielerinnen noch im Kabinengang anzumerken, etwa der noch gegen Frankreich gefeierten Torhüterin Mackenzie Arnold, die wortlos durch die Mixed Zone lief. Oder auch der rechten Schienenspielerin Ellie Carpenter, die mit verschränkten Armen und gesenktem Kopf noch ein paar Fragen der Journalistinnen und Journalisten beantwortete. "Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Wir sind ein Team, das zurückschlagen kann, aber heute hat es nicht gereicht. Was aber bleibt, ist, dass wir bei diesem Turnier mehr Fans für uns begeistern können als je zuvor", versuchte die 23-Jährige von Olympique Lyon zumindest einen positiven Aspekt herauszuarbeiten.

Und auch die australischen Fans bemühten nach dem Ende ihres großen Traumes den Spagat zwischen Enttäuschung auf der einen und Stolz auf der anderen Seite. Wie das junge Mädchen mit der türkisen Wintermütze, dem beim Verlassen des Stadions noch Tränen der Trauer über die Wangen liefen. Oder die beiden älteren Frauen, die sich "schrecklich" und "am Boden zerstört" fühlten, gleichzeitig aber den Blick nach vorne richteten. "Diese Frauen haben einen fantastischen Job gemacht und uns auf eine unglaubliche Reise mitgenommen. Sie haben das Land verändert." Der Fokus gelte nun den Olympischen Spielen in Paris im kommenden Jahr.

Trainer Gustavsson, der nach dem dramatischen Halbfinale noch eine emotionale Rede an die Nation gehalten hatte, hob die Bedeutung des trotz des Ausscheidens historischen Erfolgs für seine Mannschaft hervor. "Das, was wir heute gesehen haben, war mehr als 90 Minuten Fußball. Diese Generation hat hart gearbeitet, um dieses Halbfinale zu erreichen. Wir sind sehr enttäuscht und ich hasse es zu verlieren. Aber ich hoffe, wir können etwas anderes gewinnen. Das heute war kein Ende, sondern der Start für etwas Neues", so das mit Pathos aufgeladene Statement des Schweden, der im Spiel um Platz 3 auf seine Landsleute trifft.

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Quelle: t-online

In der Tat haben es Gustavsson und sein Team geschafft, eine ganze Nation zu begeistern und in ihren Bann zu reißen. Im Laufe der vergangenen vier Wochen entstand eine Form der Euphorie, die beim DFB verzweifelt gesucht, aber eben nur mit entsprechenden Leistungen erzielt werden kann. Eine solche haben die "Matildas" bei dieser WM erbracht. "Sie haben ihr Herz auf dem Platz gelassen", lobte Gustavsson seine Mannschaft. In der zweiten Halbzeit habe er das beste Spiel seines Teams bei diesem Turnier gesehen.

Während Australien nun also nach Brisbane reist, spielt England das zweite Turnierfinale in Folge – und das dritte Spiel hintereinander im Accor Stadion von Sydney. Mit Spanien wartet dann jenes Team, das im vergangenen Jahr noch einer der härtesten Gegner bei der EM gewesen war, im Viertelfinale aber mit 2:1 nach Verlängerung bezwungen werden konnte.

Und sollte Wiegmans Team auch am Sonntag die Oberhand behalten, könnte die Trainerin sich endgültig in die Geschichtsbücher des Weltfußballs eintragen. Noch nie konnte eine ausländische Trainerin oder ein ausländischer Trainer mit einem anderen Land die WM gewinnen. Es wäre historisch – und ein märchenhaftes, britisches Ende.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen im Stadion
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