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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Sehr politische Frage" Aufregung bei Marokko-PK – Fifa schreitet ein
Auf der Pressekonferenz des marokkanischen Teams schritt kurz vor Ende die Fifa ein. Eine Frage war den Verantwortlichen zu politisch.
Aus Melbourne berichtet Noah Platschko
Marokkos Ghizlane Chebbak verzog zunächst das Gesicht, ehe sie den Kopfhörer entfernte und zu einem dezenten Lächeln ansetzte. Eine Antwort gab sie auf die vorangegangene Frage eines Reporters jedoch nicht. Das musste sie aber auch nicht, denn die Fifa kam ihr zuvor.
Was war passiert?
Auf der Pre-Match-Pressekonferenz des marokkanischen Teams, bei der sowohl Trainer Reynald Pedros als auch Spielerin Ghizlane Chebbak auf dem Podium Platz nahmen, stellte kurz vor Ende ein Reporter eine Frage zur sexuellen Orientierung der Spielerinnen.
"In Marokko ist es illegal, eine homosexuelle Beziehung zu führen. Gibt es homosexuelle Spielerinnen in ihrem Sport und wie ist das Leben für Sie in Marokko?", so die an Chebbak gerichtete Frage des BBC-Reporters. Ehe die Stürmerin überhaupt hätte antworten können, schritt eine Verantwortliche der Fifa ein.
"Sorry, das ist eine sehr politische Frage. Bitte stellen Sie fußballbezogene Fragen", intervenierte die Fifa-Verantwortliche. Der BBC-Reporter hielt dagegen. "Nein, nein, nein, es ist keine politische Frage. Es geht um Menschen. Es hat nichts zu tun mit Politik. Bitte lassen Sie sie die Frage beantworten", so sein Konter. Doch ohne Erfolg. Eine Antwort bekam er auf seine Frage nicht.
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Marokkanische Medienvertreter sollen "hörbar bestürzt" auf die Frage reagiert haben, Trainer Pedros schien ebenso verwundert wie seine Spielerin, die sich den Kopf senkend gegen die Stirn tippte und zu einem Grinsen ansetzte, ehe die Pressekonferenz mit einer anderen Frage fortgesetzt wurde.
Marokko hat sich in Australien und Neuseeland als erstes arabisches Land für eine Fußball-WM der Frauen qualifiziert. Laut der Sicherheitshinweise des Auswärtigen Amtes können "gleichgeschlechtliche Sexualbeziehungen" in dem nordafrikanischen Land strafverfolgt werden. Das Einschreiten der Fifa könnte in diesem Fall also ein Vorgehen zum Schutze der Spielerinnen gewesen sein.
Chebbaks Mitspielerin Nouhaila Benzina (Abwehr) wird derweil die erste Spielerin sein, die bei einer Frauen-WM 2023 einen Hidschab tragen wird. "Wir fühlen uns geehrt, das erste arabische Land zu sein, das an der Frauen-Weltmeisterschaft teilnimmt", sagte Kapitänin Chebbak. "Wir haben das Gefühl, dass wir eine große Verantwortung übernehmen müssen, um ein gutes Image zu vermitteln und die Erfolge zu zeigen, die die marokkanische Fußball-Mannschaft durch die Qualifikation für die Weltmeisterschaft erzielt hat."
Marokko ist an diesem Montag (10.30 Uhr, im Liveticker bei t-online) Auftaktgegner der deutschen Fußballerinnen.
- Pressekonferenz der Fifa
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa