Veränderungen angekündigt So könnte Löws Geheimplan gegen Nordirland aussehen
Aus Evian berichtet Thomas Tamberg
Im Spiel nach vorne hat die deutsche Nationalmannschaft gelinde gesagt noch Steigerungspotenzial. In den ersten beiden Partien der EM 2016 gegen die Ukraine und Polen waren die Torchancen an einer Hand abzählen. Die Kritik an der Offensivabteilung des DFB-Teams nimmt zu.
Joachim Löw hat nun mit Blick auf das letzte Gruppenspiel gegen Nordirland (Dienstag, ab 17.45 Uhr im Live-Ticker bei t-online) mögliche Änderungen der Startformation angedeutet. "Das Turnier steht im Zeichen dessen, dass man mit unterschiedlichen Mannschaftstypen auflaufen kann", sagte der Bundestrainer auf der Pressekonferenz im Mannschaftsquartier in Evian. "Es kann sein, dass es die eine oder andere Veränderung gibt."
Auf den Außenbahnen nicht gut genug
Bereits zuvor hatte Thomas Müller, der immer noch auf seine erste Torchance bei diesem Turnier wartet, das Dilemma erklärt. "Wir haben in Deutschland nicht den Eins-gegen-Eins-Spieler, um Bollwerke zu knacken, wie wir es beim FC Bayern haben. Deswegen müssen wir es mit Kombinationsspiel versuchen." Mit anderen Worten: Auf den Außenbahnen ist Deutschland nicht gut genug besetzt.
Doch das muss nicht so bleiben. Löw hat durchaus Alternativen. Für eine Umsetzung bedarf es allerdings einer ordentlichen Portion Mut. Der Coach ist normalerweise kein großer Freund von Änderungen im Laufe eines Turniers, wenn er sich erst einmal festgelegt hat. Man erinnere sich nur an die leidliche Diskussion während der vergangenen WM um die Rolle von Philipp Lahm. Der Bundestrainer zierte sich lange, aber erst als der damalige Kapitän wieder auf die rechte Außenverteidiger-Position zurückkehrt war, kam der deutsche WM-Express ins Rollen.
Weicht Özil aus?
Um dem deutschen Offensivspiel Flügel zu verleihen, wären indes gravierendere Maßnahmen nötig. So könnte Mesut Özil wieder auf den linken Flügel ausweichen. Dort spielte er bereits bei der WM in Brasilien. Auch bei Arsenal London agiert er oftmals auf dieser Seite. Julian Draxler müsste dann mit einem Platz auf der Bank vorlieb nehmen.
Für Özil könnte entweder Müller in die zentrale Position hinter der einzigen Spitze (Mario Götze) rücken. Hier fühlt sich der Bayern-Spieler ohnehin am wohlsten. Oder wie damals in Brasilien spielt Toni Kroos in zentraler Position. Dann wäre neben Sami Khedira ein Platz auf der Doppelsechs frei.
Chance für Schweinsteiger
Es wäre die Chance für Bastian Schweinsteiger, wieder ins Team zu rücken. Da der Kapitän allerdings noch keine Luft für 90 Minuten besitzt, müsste er sich den Platz mit Julian Weigl teilen. Schlägt gegen Nordirland die Stunde des Shootingstars von Borussia Dortmund?
Allerdings äußerte sich Löw auffallend zurückhaltend zu Schweinsteiger. Er sei auf einem guten Weg. Mehr war dem Coach nicht zu entlocken. Darüber hinaus deutete Löw an, Kroos nicht auf eine andere Position verschieben zu wollen. "Er ist ein wichtiges Verbindungsglied zwischen Abwehr und Offensive und leitet die Angriffe ein. Das kann man von hinten besser machen."
"Besondere Drucksituation" für Youngster
Auf der rechten Außenbahn könnte Leroy Sané für den in die Mitte rotierten Müller zum Einsatz kommen. Gegen Polen hatten viele Fans gehofft, dass Löw den Wirbelwind irgendwann einwechseln würde. Gerade mit seiner Unbekümmertheit und Unberechenbarkeit könnte der Youngster im Verbund mit seinem Schalker Kollegen Benedikt Höwedes ein belebendes Element sein.
Löw gab jedoch noch einmal zu Bedenken, dass eine EM für junge Spieler wie Sané, Weigl oder auch Josuha Kimmich eine "besondere Drucksituation" darstellt. Das Trio habe ohne Zweifel große Qualitäten, aber man müsse genau abwägen, wann der Moment gekommen ist, sie ins kalte Wasser zu schmeißen.
Doch mit all diesen Maßnahmen würde Löw die Statik des deutschen Spiels massiv verändern. Gegen Nordirland könnte man das Risiko im letzten Gruppenspiel vielleicht eingehen. Es müsste schon viel zusammenkommen, um doch noch in der Vorrunde zu scheitern. Man darf gespannt sein, wie sich der Bundestrainer entscheiden wird.