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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Leipzig-Star emotional vor Pokalfinale "Das hat dann nichts mehr mit Fußball zu tun"
Am Samstagabend duellieren sich Eintracht und Leipzig im Pokalfinale. RB-Spieler Kevin Kampl glaubt an die Titelverteidigung – und gibt persönliche Einblicke in sein Leben.
Als Kevin Kampl zur Saison 2017/18 zu RB Leipzig wechselte, schied sein Team noch in der zweiten Runde des DFB-Pokals gegen den FC Bayern aus. Die damaligen Enttäuschungen sind allerdings längst vergessen, denn inzwischen haben die Sachsen sportlich einige Erfolge, wie beispielsweise das Erreichen des Champions-League-Halbfinals, erreicht.
Und auch den Pokal hat RB einmal gewonnen, nämlich im letzten Jahr. Diesen Titel wollen sie am Samstagabend gegen Eintracht Frankfurt (ab 20 Uhr im t-online-Liveticker) verteidigen.
Was das für den Verein und die Spieler bedeuten würde, hat der 32-Jährige im exklusiven Interview mit t-online verraten. Zudem gibt er private Einblicke in das Leben eines Fußballers und wagt einen Blick in seine Vergangenheit.
t-online: Herr Kampl, das letzte Bundesliga-Wochenende war völlig verrückt. Wie haben Sie es wahrgenommen?
Kevin Kampl: Es war ein unglaublicher Spieltag, ich bin nach Hause gekommen und habe mir noch mal alle Highlights der Spiele angeschaut. Ich saß zwei Stunden auf dem Sofa und war begeistert. Ich glaube, dass es selten so einen dramatischen Spieltag gab wie letzte Woche. Wir haben uns gefreut, dass wir im letzten Spiel zu Hause unseren Punkte-Heim-Rekord brechen konnten. Auf der anderen Seite war es bitter zu sehen, wie Spieler der gegnerischen Mannschaft weinten und wie schwer es ihnen fiel, den Schritt in die 2. Liga zu gehen. Obwohl Schalke so ein Riesenverein ist, der eigentlich auch in die Bundesliga gehört.
Wurde innerhalb Ihrer Mannschaft über das Chaos bei den Bayern gesprochen?
Das ist kein großes Thema bei uns, dafür haben wir zu wenig mit den Bayern zu tun. Aber thematisch ist es natürlich nicht ganz an uns vorbeigegangen.
Am Samstag steht mit dem DFB-Pokal-Finale gegen die Eintracht das letzte Saisonhighlight an. Worauf kommt es besonders an?
Es ist nicht wie in der Bundesliga, du hast nicht 34 Spieltage Zeit, etwas zu richten. Es geht um alles. Wir haben letztes Jahr gesehen, wie dramatisch das werden kann. Da galten wir als Favorit und dennoch war es schwer, den Pokal zu gewinnen. Es kommt auf die bessere Tagesform an und darauf, wer bereit ist, mehr zu geben. Frankfurt hat gerade in der Offensive eine außergewöhnliche Qualität. Wir müssen daher gut gegen den Ball arbeiten und dann auch unsere Qualität nach vorne nutzen.
In der Historie des DFB-Pokals gibt es erst sechs Mannschaften, die ihren Titel verteidigen konnten. Was würde es Leipzig bedeuten, wenn dies gelingen würde?
Das wäre außergewöhnlich. Besonders, wenn ich an letztes Jahr denke, was hier los war und wie viel es den Leuten bedeutete. Es würde nicht nur dem ganzen Verein, sondern auch der Stadt und der gesamten Region viel geben. Wir werden alles versuchen, um das zu erreichen.
Gehen Sie das Pokal-Finale wie jedes andere Spiel an oder gibt es da von der mentalen Herangehensweise einen Unterschied?
Wir wissen, dass es ein Finale ist. Im Vorfeld sollten wir jedoch nichts anders machen oder von Plänen abweichen, denn dann spielt der Kopf eine zu große Rolle. Wenn wir unsere Tugenden einbringen können, bin ich mir sicher, dass wir gute Chancen haben, den Pokal zu gewinnen.
Sie standen im letzten Jahr nach dem Pokalgewinn wegen eines Fotos mit der Red-Bull-Dose und dem Pokal selbst in der Kritik. Ist das noch ein Thema für Sie?
Überhaupt nicht. Mir war im ersten Moment nicht klar, was das für eine Auswirkung haben könnte. Ich wollte niemanden vor den Kopf stoßen. Die Leute, die mich kennen, wissen, dass ich so etwas niemals machen würde. Ich habe vor allen Mannschaften Respekt.
Wie sehr beschäftigen Sie sich dennoch mit solchen Einflüssen von außen?
Es war nicht schön, solche Nachrichten zu bekommen. Vor allem, wenn es um die Familie geht. Ich kann damit aber umgehen. Ich habe die Nachrichten, die ich bekommen habe, nicht gelesen, sondern einfach gelöscht.
Spielern von RB Leipzig schlägt immer mal wieder Kritik entgegen. Teils wüste Beleidigungen auf Social Media, wie sie Benjamin Henrichs zuletzt öffentlich machte. Wie gehen Sie damit um?
Ich versuche, das nicht an mich heranzulassen. Immer mal wieder dringt aber etwas durch. Ich musste mir da auch eine harte Schale erarbeiten, damit solche Dinge von mir abprallen. Leute, die solche Dinge sagen, haben mit meinem Leben und meinem Umfeld jedoch nichts zu tun und nehmen sich dennoch Dinge heraus, die sich nicht gehören. Wir können dann manchmal nicht schweigen. Deswegen fand ich es super, dass es Benny öffentlich gemacht hat. So sieht man, was auf Fußballer manchmal einprasselt und dass das nicht ohne ist. Auf Spieler, die das an sich heranlassen, kann das Auswirkungen haben. Das hat dann nichts mehr mit Fußball zu tun, sondern mit dem Menschen selbst. Was man gesehen hat, ist, dass es nicht nur zum Beispiel bei RB Leipzig passiert, sondern auch Vereinen wie Real Madrid und ihrem Spieler Vinícius Júnior. Das gehört nicht in unsere Welt, leider haben das einige Menschen noch nicht verstanden.
Zurück zum Sportlichen: Man hat von Außen den Eindruck, dass Marco Rose als Trainer Sie als Team wieder zu einer Einheit gemacht hat. Wie ist ihm das gelungen?
Ich glaube, dass wir schon immer eine Einheit waren. Es gibt auch mal schlechte Phasen im Fußball, dann braucht es Veränderungen. Marco hat es super gemacht, er hat sein Erfolgsstreben eingebracht und ist ein akribischer Arbeiter. Er versucht immer, das Beste aus sich herauszuholen als Trainer. Das merkt man und das versucht er auf die Mannschaft zu übertragen. Er hat einen klaren Weg und eine klare Struktur und wir haben uns darauf eingelassen und deswegen harmoniert das gut.
Die Bayern werden im Sommer wahrscheinlich viel Geld in die Hand nehmen, um ihren Kader für die kommende Saison zu verstärken. Welche Rolle wird Leipzig dann spielen?
Unser Ziel ist es, wieder voll anzugreifen. Wir hatten diese Saison die Möglichkeit, oben mitzuspielen und dann leider eine Phase, in der es nicht so gut lief. Wir haben zu Beginn der Saison zu viele Punkte liegen lassen, die uns am Ende gefehlt haben. Es ist nicht immer entscheidend, wie viel man in eine Mannschaft investiert, sondern wie man als Einheit funktioniert.
Sie sind jetzt 32 Jahre alt. Welche sportlichen Ziele haben Sie noch?
Mein nächstes sportliches Ziel ist es, den Pokal am Samstag wieder zu gewinnen. Natürlich träumt jeder Spieler von einer Meisterschaft, das wäre noch mal ein krasses i-Tüpfelchen in meiner Karriere. Ob ich das noch miterlebe, weiß ich nicht, aber es wäre schön. Ansonsten gehört nicht nur sportlicher Erfolg dazu. Für mich es auch wichtig, gesund zu bleiben. Ich komme in ein Alter, in dem öfter mal irgendwo etwas zwickt. Ich habe aber bisher Glück mit meinem Körper gehabt und hoffe, das bleibt auch so, weil ich gerne noch ein paar Jahre spielen würde.
Ihr Vertrag läuft noch bis 2024. Gibt es schon Gespräche über eine Verlängerung?
Nein. Mein Fokus liegt im Moment auf dem Sportlichen. Natürlich werden wir uns zusammensetzen. Ich hatte in all den Jahren bisher tolle und offene Gespräche mit dem Verein.
Können Sie sich noch mal einen Wechsel vorstellen oder ziehen Sie eher ein Karriereende in Leipzig in Betracht?
Der Verein weiß, was er von mir bekommt. Ich weiß, was ich von dem Verein bekomme, deswegen harmoniert das so gut. Ich kann mir gut vorstellen, meine Karriere hier zu beenden. Auch mit Blick auf meine Frau und meine Kinder. Leipzig ist eine zweite Heimat für uns hier geworden.
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Sie erzählten mal, dass Sie früher wenig, aber gleichzeitig alles hatten. Wie blicken Sie daher auf das Fußball-Business?
Da meine Eltern Gastarbeiter aus Slowenien waren und vor über 35 Jahren nach Deutschland kamen, mussten sie sich ihr Leben hier hart erarbeiten. Auch, um fünf Kinder großzuziehen und durchzukriegen. Ich war der späte Nachzügler, meine Geschwister sind älter als ich. Wir hatten nicht so viel, aber wir waren immer glücklich und das ist das Wichtigste. Das ist auch heute bei mir noch so.
Ich habe noch immer meine gleichen Freunde, mit denen ich in meiner Straße in Solingen im Hochhaus aufgewachsen bin. Meine vier, fünf Jungs, mit denen ich groß geworden bin, das sind immer noch meine besten Freunde und das wird sich niemals ändern. Mir ist wichtig, dass ich als Mensch gleich bleibe und dass Menschen von mir nicht den Eindruck haben, dass ich durch die Profikarriere oder dadurch, dass ich mehr habe als andere, meine Art wie ich als Mensch bin, verändere. Für mich ist das Wichtigste, gute und ehrliche Menschen um mich herum zu haben. Ich weiß, dass sie mich, auch wenn ich nichts hätte, bedingungslos lieben würden. Das ist für mich wichtiger, als alles andere.
- Telefon-Interview mit Kevin Kampl