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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Pokal-Aus des FC Bayern Ein Topkader, der keiner ist
Der FC Bayern hat einen Kader, der vor Stars nur so strotzt. Doch es reichte wieder nicht für das Pokal-Halbfinale. Zu groß sind die individuellen Probleme.
Holstein Kiel, Borussia Mönchengladbach und nun der SC Freiburg. Diese drei Vereine eint, dass sie den FC Bayern aus dem DFB-Pokal geworfen haben. Im letzten Fall gelang dem Team von Christian Streich am Dienstagabend in der Nachspielzeit ein Coup – und es stürzte die Mannschaft von Münchens Neu-Trainer Thomas Tuchel in die Krise. Denn: Das Triple ist damit Geschichte. Die Situation zeigt auch: Die Bayern schaffen es trotz ihres Topkaders nicht, eine konstante Leistung abzuliefern.
Der frühere FCB-Profi Markus Babbel sagte noch im März: "Dieser Kader hat eine unfassbare Qualität, ist auch in der Breite phänomenal aufgestellt." Und sprach von dem für ihn "besten Kader aller Zeiten". Doch genau dieser präsentiert sich immer wieder in schwankender Form. Die vergangenen Spiele haben gezeigt: Trotz einer spitzenmäßig besetzten Bank bringen Einwechslungen kaum neue Impulse. Der Grund: Viele Träger klangvoller Namen stecken in einer tiefen Krise.
Tuchel muss Musialas Ehrgeiz bändigen
So wie Jamal Musiala. Der Jungstar zeigte vor der Weltmeisterschaft in Katar Ende des vergangenen Jahres absolute Spitzenleistungen. Bei der Nationalelf bekam der 20-Jährige ebenso viel Verantwortung wie bei seinem Klub. Die Erwartungen an den offensiven Spieler sind seitdem gestiegen. Doch mit seiner Rolle hat sich Musiala seitdem zunehmend schwergetan und wurde zudem von einer Verletzung ausgebremst. Er erlitt einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel und braucht nun Zeit, um zu alter Stärke zurückzufinden.
Kurz vor dem Liga-Kracher gegen Dortmund (4:2) war der Bayern-Profi fit und stand für elf Minuten auf dem Platz. Gegen Freiburg nun reichte es für eine knappe halbe Stunde. Doch eingespielt wie zuvor ist der immer selbstkritische Musiala noch nicht. Tuchel selbst sagte auf der Pressekonferenz vor dem Spiel: "Wir werden ihn ranführen und keine verrückten Sachen machen."
Hinzu kommt, dass Musiala noch jung ist und einen Lernprozess durchmacht, zu dem auch Fehler gehören. Der von ihm verursachte Handelfmeter in der Nachspielzeit ist sicher auch auf seinen Ehrgeiz zurückzuführen. Der 20-Jährige sah kurz vor Schluss einen Distanzschuss der Freiburger in den eigenen Strafraum fliegen und wollte eine Situation wie die vor der ersten Halbzeit vermeiden. Da war es Nicolas Höfler, der zum 1:1-Ausgleich traf. Allerdings führte Musialas Aktionismus eben genau zum Gegenteil. Dass er sich selbst am meisten ärgerte, zeigte die Handschlagverweigerung mit Freiburgs Coach Streich (mehr zur ignorierenden Aktion des Bayern-Profis lesen Sie hier). Fakt ist aber auch: Tuchel wird mit dem engagierten Spieler reden können und ihm wohl Zeit geben – dann sollte Musiala dem Team wieder wie zuvor unter Nagelsmann helfen können.
Gnabry hat zu viel Konkurrenz
Etwas komplizierter ist die Lage bei Serge Gnabry. Zwar sagte Tuchel vor dem Pokalspiel: "Es ist eine Freude, ihm zuzuschauen im Training." Doch der Bayern-Star ist absolut nicht in Form. In dieser Spielzeit stand der Außenspieler lediglich viermal über 90 Minuten auf dem Feld. Auch gegen Dortmund unter Tuchel blieb er Joker, ebenso wie gegen Freiburg am Dienstagabend.
Das Problem dabei: Die Flügelpositionen sind mit Leroy Sané und Kingsley Coman stark besetzt. Erst als Letzterer im Pokal ausgewechselt wurde, kam Gnabry zum Zug – und blieb erneut blass. Für Gnabry ergibt sich eine Zwickmühle: Um sicherer in seinem Spiel zu werden, bräuchte er mehr Einsatzzeit. Seine Leistungen rechtfertigen das aber zurzeit kaum, und für Experimente ist in diesen entscheidenden Wochen kein Platz. Kommt er dann doch mal zum Zug, kann er der Mannschaft kaum neue Impulse geben, was wiederum zu noch weniger Spielminuten führen dürfte.
Ein ähnlicher Fall ist Sadio Mané. Der vom FC Liverpool an die Säbener Straße gekommene Flügelspieler wurde bei seiner Verpflichtung hochgelobt und zeigte auch vereinzelt seine Qualität. Doch so richtig in die Mannschaft des FC Bayern eingefügt hat er sich noch nicht. Tuchel sagte zuletzt: "Es steht außer Frage, dass Sadio ein absoluter Topspieler ist. Ein Vereinswechsel kann immer dazu führen, dass man sich erst akklimatisieren muss. Dinge, die über Jahre eingeschliffen sind, müssen neu justiert werden."
Mané nicht in Form – Cancelo drängt auf Einsatzminuten
Hinzu kommt, dass Mané sich – kaum in München angekommen – eine Verletzung einhandelte und sieben Partien sowie die WM verpasste. Seitdem ist Mané zwar von der Bank gekommen – aber ohne große Wirkung zu zeigen. Tuchel begründet dies so: "Dann kommt eine Verletzung – Stürmer wie Sadio sind natürlich auch sensibel und verlieren dann etwas an Selbstvertrauen, und das merke ich ihm an." Damit Mané seinem großen Namen gerecht werden und seiner Mannschaft wichtige Impulse geben kann, muss Tuchel sein Selbstvertrauen wieder aufbauen. Keine einfache Aufgabe in der entscheidenden Saisonphase.
Ebenso verhält es sich bei João Cancelo. Der portugiesische Verteidiger hat enormes Potenzial. Gegen Borussia Dortmund kam der Abwehrspieler für die letzten zehn Minuten aufs Feld. Trotz des Sieges war der Spieler frustriert und verschwand als erster Profi der Bayern in der Kabine. Sportvorstand Hasan Salihamidzic sagte darauf: "Er ist ein Topspieler und wird seine Spielzeit bekommen."
So wie nun gegen Freiburg. Da musste Alphonso Davies auf der Bank Platz nehmen, Cancelo startete von Beginn an. Er machte seine Sache gut und war 90 Minuten im Einsatz. Eine Empfehlung für mehr Minuten. Auch die muss Tuchel bei einem anderen Topspieler abziehen und zugleich das Gefüge der Mannschaft stabil halten.
- Eigene Beobachtung des Spiels FC Bayern gegen den SC Freiburg
- Eigene Recherche
- Pressekonferenz mit Thomas Tuchel vor dem Pokal-Spiel gegen Freiburg
- transfermarkt.de: Profile von Musiala, Gnabry, Mané und Cancelo