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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Barcelona vor CL-Aus Der finanzielle Kollaps droht
Der FC Barcelona ist trotz Transferausgaben von 153 Millionen Euro fast raus aus der Champions League. Eine erneute sportliche Blamage und ein finanzielles Desaster drohen.
Raphinha (58 Mio./Leeds), Joules Koundé (50 Millionen/Sevilla), Robert Lewandowski (45 Mio./FC Bayern), Franck Kessié (ablösefrei/45 Mio. Marktwert/Milan), Andreas Christensen (ablösefrei/35 Mio. Marktwert/Chelsea), Héctor Bellerín (ablösefrei/20 Mio. Marktwert/Arsenal) und Marcos Alonso (ablösefrei/12 Mio. Marktwert). Das sind die sieben großen Stars, die der FC Barcelona in diesem Sommer verpflichtet hat. Im Winter zuvor kam bereits Ferran Torres (55 Mio./Man City). Allein mit den 153 Mio. Euro war Barça der Klub mit den sechsthöchsten Transferausgaben in ganz Europa. Die große Frage, die sich nicht nur Liverpool-Trainer Jürgen Klopp im Sommer stellte, war: Wie kann der hochverschuldete Verein (etwa 1,5 Milliarden Euro Schulden) das finanzieren?
Die Antwort: durch das Verkaufen eigener Rechte, was dem Verein langfristig schadet, kurzfristig aber dringend benötigtes Geld in die Kassen spült. Insgesamt nahm Barcelona durch den Verkauf von verschiedenen Anteilen sowie TV- und Merchandising-Rechten mehrere Hundert Millionen Euro ein. Spanische Medien schreiben von 865 Millionen.
Präsident Joan Laporta sagte vor Kurzem: "Wir haben Barça gerettet." Daran darf zumindest gezweifelt werden. Das Problem ist, dass den Katalanen durch den Verkauf der Rechte in Zukunft wichtige Einnahmen fehlen werden. Der Verein muss also eigentlich durch sportliche Erfolge hohe Gewinne erzielen, um die entstehenden Lücken zu stopfen und die Rechte idealerweise wieder zurückzukaufen. Das ganze aktuelle Projekt basiert auf zeitnahen sportlichen Erfolgen.
Erreichen der K.o.-Phase ist extrem unwahrscheinlich
Da passt ein Aus in der Gruppenphase der Champions League überhaupt nicht in den Plan. Bis zu 52,7 Mio. Euro hätte Barça verdienen können, wenn der Verein die Champions League gewonnen hätte. Allein für den Einzug ins Achtelfinale hätte es 9,6 Mio. Euro gegeben. Nicht zu verachten sind auch die 2,8 Mio. Euro Prämie (930.000 bei Unentschieden), die es für jeden Sieg in der Gruppenphase gibt. Barça kassierte hier bisher nur 3,73 von möglichen 11,2 Mio. Euro. Mit dem Erreichen des Viertelfinales in der Champions League, also 20,2 Mio. Euro Einnahmen, wurde im Budget fest gerechnet.
Daraus wird jetzt wohl nichts. Denn Barça steht mit nur vier Punkten nach vier Spielen vor dem Aus in der Bayern-Gruppe. Die Münchner (12 Punkte) sind bereits für die K.o.-Phase qualifiziert, dahinter liegt Inter Mailand mit sieben Zählern. Gegen die Italiener holte Barcelona am Mittwoch im Rückspiel nur ein 3:3. Das ist problematisch, weil das Hinspiel mit 0:1 und damit nun der direkte Vergleich verloren ging. Heißt: Gewinnt Inter im nächsten Spiel zu Hause gegen das punktlose Pilsen, bleibt für Barça nur die Europa League.
Wie sich die fehlenden Einnahmen auswirken werden, ist unklar. Sie werden aber für die nächste große Budget-Lücke sorgen.
Ausgerechnet Klub-Ikone Piqué patzt schwer
Die Barça-Verantwortlichen dürften sich nach dem Spiel gegen Inter gefragt haben, woran es gelegen hat. Die Antwort fällt recht deutlich aus: Die Abwehr war das große Problem. Weil mit Christensen, Koundé und Ronald Araujo gleich drei Innenverteidiger ausfielen, mussten der unerfahrene Eric García und Altstar Gerard Piqué ran. Das ging gründlich schief, beide patzten spielentscheidend.
Beim 1:1-Ausgleich für Inter ließ der mit kaum Spielpraxis ausgestattete Piqué mit ausgebreiteten Armen eine harmlose Flanke bewusst durch. Hinter sich vermutete er keine Gefahr, doch plötzlich tauchte Inters Barella auf und traf. Ein folgenschwerer Patzer, der dieser Tage sinnbildlich steht für die Versäumnisse auf allen Ebenen bei dem so stolzen Klub.
Lewandowski: "Haben die Verteidigung vergessen"
Doppeltorschütze und Königstransfer Robert Lewandowski brachte es nach dem Spiel auf den Punkt: "Wir waren so besessen davon, mehr Tore zu schießen, dass wir einige Male die eigene Verteidigung und die Konter unseres Gegners vergessen haben."
Der polnische Weltfußballer weiß: Wenn Barça die K.o.-Runde nicht erreicht, ist das eine sportliche Blamage. Auch Sponsoren und Fans haben deutlich mehr erwartet. Da tröstet der aktuell erste Platz in der Liga nur geringfügig. Vor allem, weil schon 2021 erstmals nach 21 Jahren bereits in der Gruppenphase der Champions League Schluss war.
Es sieht sehr danach aus, dass Lewandowski und Co. als Dritter erneut in die Europa League "absteigen". Was nicht einmal im Ansatz dem Selbstverständnis der stolzen Katalanen entspricht. Voriges Jahr scheiterten sie im Viertelfinale an Eintracht Frankfurt – eine weitere Blamage. Mit dem Titel in der Europa League könnte das Xavi-Team diesmal noch knapp 15 Millionen Euro einnehmen – Peanuts im Vergleich zu den Verdienstmöglichkeiten in der Königsklasse. Und vor allem in Relation zum horrenden Schuldenberg.
Mehr als ein Trostpreis wäre der Titel in Europas zweiter Liga angesichts der großen Investitionen des Sommers und der hohen Erwartungen ohnehin nicht.
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