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Champions League: Wenn Bayern so spielt wie gegen Lyon, wird das bestraft


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Bayern in der Champions League
Eine Final-Niederlage hätte weitreichende Folgen

MeinungEine Kolumne von Stefan Effenberg

Aktualisiert am 23.08.2020Lesedauer: 6 Min.
Hansi Flick könnte in seiner ersten Saison als Cheftrainer das Triple gewinnen. Die Meisterschaft und den Pokal hat er bereits gewonnen. Im Champions-League-Finale trifft er mit Bayern auf Paris.Vergrößern des Bildes
Hansi Flick könnte in seiner ersten Saison als Cheftrainer das Triple gewinnen. Die Meisterschaft und den Pokal hat er bereits gewonnen. Im Champions-League-Finale trifft er mit Bayern auf Paris. (Quelle: Poolfoto/imago-images-bilder)
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Vor dem Champions-League-Finale zwischen Bayern und Paris am Sonntag möchte niemand über das reden, was hinterher kommt. Dabei ist das enorm wichtig.

Stürmer Kylian Mbappé von Paris St. Germain hat die Temperatur für das Champions League-Finale gegen den FC Bayern in Lissabon (Sonntag, 21 Uhr, im Liveticker bei t-online.de) schon mal festgelegt. "Ich bin bereit, am Sonntag auf dem Platz zu sterben. Ich will die Champions League gewinnen", sagte er. Was man nicht vergessen darf: Der Mann mit den martialischen Worten ist erst 21 Jahre alt und hat noch locker zehnmal die Chance, diesen Titel zu holen. Wie muss es sich also erst für Robert Lewandowski anfühlen, der dem Pokal bereits seit zehn Jahren hinterherläuft?

Für uns als Zuschauer bedeutet das: Es kann eigentlich nur ein Klasse-Finale werden.

Auf den FC Bayern kommt eine Riesenwucht zu. Mit Mbappé, Neymar und Angel di Maria im Angriff von Paris ist klar: Wenn Bayern so spielt wie gegen Lyon, wird das bestraft. Olympique hätte gut drei, vier Tore schießen können, nachdem sie wie befürchtet mit langen Bällen in den Rücken der Münchner Abwehr gekommen sind. Für das Duell mit Paris bedeutet das: Bayern muss nicht nur von der ersten Sekunde an hellwach sein. Sie müssen auch ihre Herangehensweise ein Stück weit ändern, um erfolgreich zu sein.

So spektakulär das extrem hohe Pressing im Viertel- und Halbfinale war: Gegen Paris lohnt es sich sicher, alles etwas defensiver auszurichten und zwischen Torwart Manuel Neuer und der Viererkette eher 20 oder 25 Meter Platz zu haben statt 40 oder 45. Zumindest ist dann die Gefahr geringer, dass Paris mit langen Bällen hinter die Viererkette das ganze Konstrukt aushebelt und mit ein, zwei schnellen Toren das Spiel früh vorentscheidet.


Die wichtigste Personalie im Vorfeld ist aus meiner Sicht Jérôme Boateng, der gegen Lyon zur Halbzeit verletzt ausgewechselt werden musste. Ein Einsatz gegen Paris wird wohl immer wahrscheinlicher, aber er ist zumindest noch angeschlagen. Wenn er spielen kann und die gleiche Mannschaft auf dem Platz steht, die Barcelona und Lyon deutlich geschlagen hat, gibt das Sicherheit. Im Gegenzug wäre ein Ausfall schon eine herbe Schwächung – das darf man nicht unterschätzen.

Bei Paris gibt es insbesondere zwei spannende Personalien.

Die eine ist Trainer Thomas Tuchel, der im vergangenen Jahr mit Paris früh ausgeschieden ist, entsprechend in Frankreich in der Kritik stand und dennoch bleiben durfte. Drei Punkte sind aus meiner Sicht entscheidend dafür, dass er es nun ins Finale geschafft hat.

  1. Die Verantwortlichen haben festgestellt, dass er der Richtige ist, um aus diesen Stars eine Mannschaft zu formen.
  2. Er entwickelt sich auch selbst als Trainer von Jahr zu Jahr weiter und lernt dazu.
  3. Die Spieler folgen ihm und haben erkannt, dass sie mit ihm erfolgreich sein können. Die Freude, die sie gegen Leipzig oder auch bereits in anderen Spielen ausgestrahlt haben, können sie nicht verkörpern, wenn es nicht passt.

Tuchel ist im Finale und womöglich am Sonntag Champions-League-Sieger. Da wird es ihm auch egal sein, dass er in Deutschland vielleicht nicht das gleiche Ansehen hat wie Jürgen Klopp oder auch Hansi Flick. Zumal er dafür selbst verantwortlich ist. Es spielt immer eine Rolle, wie man selbst mit Medien umgeht. Aber wie gesagt: Das ist für Sonntag vollkommen unerheblich.

Die zweite spannende Personalie bei Paris ist Juan Bernat, der von Uli Hoeneß mit der "Scheißdreck-Rede" verabschiedet wurde. Der Wechsel von Bayern zu Paris hat bei ihm zu einer Leistungsexplosion geführt. Er hat sich klasse entwickelt. Der Fokus im Finale wird für ihn natürlich darauf liegen, diesen Pokal zu gewinnen – im Hinterkopf hat er die Aussage von Uli Hoeneß aber sicherlich. Sie kam schließlich nicht von irgendwem und hat weltweit Schlagzeilen gemacht. Bernat hat nun die Chance, die Aussage zu widerlegen - das sorgt schon für eine gewisse Brisanz in diesem direkten Duell.

Wir alle freuen uns auf das Champions-League-Finale am Sonntag – wir sollten aber auch nicht vergessen, dass die neue Saison aufgrund der Corona-Pandemie bereits kurz danach losgeht. Darüber will jetzt noch niemand reden. Aber: Nur 19 Tage nach dem Champions-League-Finale eröffnet der FC Bayern die Saison im DFB-Pokal. Und nach wie vor fragen sich die Bayern-Fans, was nun final mit Boateng, David Alaba, Corentin Tolisso oder Thiago ist. Und sie fragen sich auch, wie Bayern so schnell den Fokus auf die neue Saison richten kann.

Die Spannung wieder hochzufahren, ist nämlich die große Kunst im Fußball – sowohl bei einem Erfolg als auch bei einer Niederlage. Ich erinnere mich sowohl an das Champions-League-Finale 1999, als wir mit Bayern gegen Manchester United die Mutter aller Niederlagen kassiert haben – als auch an den Sieg gegen den FC Valencia 2001. In beiden Fällen hatten wir anschließend ein paar Wochen Urlaub – und dann vier, fünf Wochen Vorbereitung. Das hat natürlich geholfen, um diese Spiele zu verarbeiten. Diesmal sind es insgesamt nur zweieinhalb Wochen bis zum ersten Pflichtspiel, das auch noch ein K.o.-Spiel ist.

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Wir haben trotz dieser Pause 2001 nach unserem Sieg in der Champions League eine Saison ohne Titelgewinn erlebt. Das lag sicher auch daran, dass ich persönlich mich früh verletzt habe und in der ganzen Saison nicht meine Topleistung abrufen konnte. Und es lag auch daran, dass wir qualitativ in der Breite vielleicht nicht so aufgestellt waren, wie es Bayern heute ist.

Was bedeutet das für den Verein?

Aus meiner Sicht muss Bayern nach einem Triple vor allem eines machen: die Mannschaft zusammenhalten. Da der Transfer von Leroy Sané bereits vollzogen ist, müssen die Verantwortlichen lediglich an ein paar kleineren Stellschrauben drehen.

Ich denke auch, dass die Leistungsträger wie Manuel Neuer oder Thomas Müller kein Stück ihrer Motivation eingebüßt haben. Ich erinnere mich an Philipp Lahm, der seine Karriere 2017 im Alter von 33 Jahren bereits beendet hat. Oder zuletzt die Weltmeister Andre Schürrle und Benedikt Höwedes. Meine Manager haben immer gesagt: "Es gibt nichts Besseres als die Zeit als Spieler." Aus meiner Sicht gibt es deshalb auch kein Argument für Müller, Neuer oder auch Boateng, die Karriere zu beenden. Aus Sicht von Boateng oder Alaba könnte ich verstehen, wenn sie noch mal einen Wechsel anstreben und etwas Neues sehen wollen. Aber Müller ist Bayern. Und Bayern ist Müller.

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Gerade die Weltmeister von 2014 hätten nach einem Sieg am Sonntag eine einzigartige Titelsammlung, die sie auch den Bayern-Verantwortlichen zu verdanken haben. Die haben diese Mannschaft so erfolgreich aufgestellt und dafür gesorgt, dass Bayern diese Dominanz in dieser Champions-League-Saison ausstrahlt, die ihnen so viel Respekt verschafft hat. Diese Dominanz kann ihnen in den kommenden Jahren dazu verhelfen, dass sie – ähnlich wie Real Madrid zwischen 2016 und 18 – zwei, dreimal die Champions League gewinnen. Aber natürlich müssen sie erstmal am Sonntag siegen.

Ich denke, dass es dann sogar einfacher für diese Mannschaft wird, den Schalter Richtung DFB-Pokal und Bundesliga umzulegen als wenn sie verlieren. Eine Niederlage ist in zweieinhalb Wochen bis zur ersten Pokalrunde weder aus den Köpfen noch aus den Beinen zu verbannen. Natürlich denkt man noch sehr viel über so eine Niederlage im Finale nach. Was ist da passiert? Warum ist das schiefgegangen? Hätte ich etwas anders machen können? Du hast eben eine ganze Saison auf diese Finale hingearbeitet – und weißt nicht, ob du noch mal eines erleben wirst. Und dann geht es in Pokal und Liga Schlag auf Schlag mit einem Spiel nach dem anderen. Auf einmal bist du mitten in der Saison und hast womöglich den Saisonstart verpatzt. Eine Niederlage hätte also weitreichende Folgen.

Zum Schluss möchte ich noch einmal zurück zu Lewandowski: Ich weiß noch, welch riesengroße Erleichterung ich nach dem Champions-League-Sieg 2001 verspürt habe, nachdem auch ich diesem Pokal hinterhergehechelt bin. Bei Robert Lewandowski wird das ähnlich sein, wenn er ihn am Sonntag in den Händen halten sollte. Das ist der wichtigste Tag für ihn, seit er bei Bayern ist. Ich gönne ihm und dem FC Bayern diesen Titel natürlich von Herzen.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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