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FC Bayern in der Transferoffensive: "Ein fatales Zeichen" | Pro&Contra


Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Diskussion um Transferoffensive
"Das ist ein fatales Zeichen des FC Bayern"

  • Florian Wichert
Pro & KontraVon Robert Hiersemann und Florian Wichert

04.05.2020Lesedauer: 2 Min.
Hasan Salihamidzic: Der Sportdirektor will mit dem FC Bayern die Champions League gewinnen und dementsprechend Stars einkaufen.Vergrößern des Bildes
Hasan Salihamidzic: Der Sportdirektor will mit dem FC Bayern die Champions League gewinnen und dementsprechend Stars einkaufen. (Quelle: GEPA pictures/imago-images-bilder)

Der frühere DFL-Chef Rettig hält Bayerns angekündigte Transferoffensive für das falsche Signal. Sollten die deutschen Topklubs in diesem Sommer vielleicht auf Millionentransfers verzichten? | Von Robert Hiersemann und Florian Wichert.

Nachdem der ehemalige DFL-Geschäftsführer Andreas Rettig den FC Bayern wegen der Ankündigung großer Neuverpflichtungen kritisiert hat, diskutiert die Branche. Darf ein Verein mitten in einer Pandemie und vor der größten Rezession in der Historie der Bundesrepublik verkünden, einen "internationalen Star" und ein "Toptalent" holen zu wollen, wie es Bayern-Sportchef Hasan Salihamidzic vor kurzem getan hat? Rettig beantwortete die Frage für sich mit "Nein". Er sagte Sky Sport News HD: "Bei allen Verdiensten des FC Bayern, aber in einer jetzigen Phase von einer Transferoffensive zu sprechen, finde ich, ist ein falsches Signal."

Rettig weiter: "Ich finde, der FC Bayern sollte lieber über eine Charmeoffensive in Richtung Fans und Mitglieder und Gesellschaft sprechen. Ich glaube, das wäre in diesen Tagen besser." Der Klub müsse natürlich letztlich "für sich selber bewerten, welche Strategie er an den Tag legt".

Rettig: "Demut darf keine Eintagsfliege sein"

Der ehemalige Bundesliga-Manager fordert nicht nur den FC Bayern, sondern letztlich den ganzen Fußball dazu auf, im Gesamtkontext die richtigen Entscheidungen angesichts der Corona-Pandemie zu treffen: "Von daher würde ich mir wünschen, dass der Profifußball in der Frage der Solidarität des Sports hier ein anderes Selbstverständnis an den Tag legt und sich dann etwas kleiner macht. Demut, die an den Tag gelegt wird, darf keine Eintagsfliege sein."

Doch bereits am Montag legte der neue Bayern-Präsident Herbert Hainer im "Kicker" nach: "Wir werden versuchen, nach Möglichkeit und Bedarf Jahr für Jahr einen internationalen Star zu holen. Das werden wir schaffen."

Sollten die deutschen Topklubs in Anbetracht der Corona-Krise auf Millionentransfers verzichten?

Pro
Florian Wichert
Florian WichertStellvertretender Chefredakteur

Ja, die Prioritäten im Fußball haben sich verschoben

Bayern-Sportdirektor Salihamidzic hat für den Sommer große Transfers angekündigt – der frühere DFL-Chef Rettig sieht darin "das falsche Signal". Rettig hat Recht und geht damit noch nicht weit genug, denn der Fußball wird durch die Corona-Krise gerade in seinen Grundfesten erschüttert. Ihm fliegt derzeit zurecht das Image mit Millionengehältern, Privatjets, Gucci-Täschchen und Goldsteaks um die Ohren. Darauf müssen die Verantwortlichen reagieren.

Allein die Vereine sind in einer neuen Welt aufgewacht. Der Bundesrepublik steht eine schwere Rezession bevor, Unternehmen und auch Fußballklubs kämpfen um ihre Existenz statt mit Geldscheinen um sich zu werfen. Um sie zu retten, sollte es zwar im Mai mit der Bundesliga weitergehen – es ist aber das Mindeste, dass die Transferaktivitäten auf ein absolutes Minimum zurückgefahren werden, erst recht von Topklubs wie Bayern, Dortmund oder Leipzig.

Es geht jetzt nicht um neue Stars, sondern darum, den Fußball neu zu erfinden – womöglich mit Gehaltsobergrenzen und neuen Regeln, ganz sicher aber mit mehr Bescheidenheit und Bodenständigkeit. Geht ein Klub wie Bayern jetzt groß auf Einkaufstour und legt bis zu 100 Mio. Euro allein an Ablöse für Sané oder Havertz hin, ist das ein fatales Zeichen an die Gesellschaft.

Kontra
Robert HiersemannBereichsleiter Entwicklung

Nein, die Vereinsbosse müssen die Zeit nach der Krise planen

Der FC Bayern hat über Jahrzehnte hinweg gut gewirtschaftet und steht deshalb finanziell besser da, als alle anderen deutschen Fußballvereine. Dem Rekordmeister oder anderen gut aufgestellten Vereinen nun vorzuschreiben, wann und was man mit diesem selbst erwirtschafteten Geld aufgrund der Corona-Pandemie macht, ist völlig falsch.

Denn gerade jetzt, wo der Spielbetrieb ruht, muss die Zukunft der Klubs geplant werden. Klar: Die aktuelle Saison ist – wenn sie denn überhaupt fortgesetzt wird – ein Sonderfall. Doch was kommt danach? Diese Frage werden sich auch die Bosse des FC Bayern oder des BVB gestellt haben.

Und für Optimisten ist die Antwort auf diese Frage einfach: Irgendwann wird die Krise überwunden sein. Fans werden zurück in die Stadien strömen und Journalisten werden über die Erfolge oder Misserfolge der Topvereine schreiben.

Keiner wird mehr darauf schauen, was der Klub während der Corona-Krise aus moralischer Sicht richtig gemacht hat. Die Topvereine werden, wie es immer war, nur noch an einer Sache gemessen: dem Erfolg.

Man kann in der aktuellen Zeit abwarten und ins Ungewisse gehen. So, wie es viele Vereine tun. Oder aber man nutzt die Zeit – und blickt optimistisch in die Zukunft.

Wer hat recht?

Im "Zweikampf der Woche" kommentieren wöchentlich Florian Wichert (Stellvertretender Chefredakteur bei t-online.de) und Robert Hiersemann (Head of Fußball und Sport) aktuelle Fußballthemen.

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Transparenzhinweis
  • Im „Zweikampf der Woche“ kommentieren wir wöchentlich ein aktuelles Fußballthema. Sehen Sie den Schlagabtausch regelmäßig auch im Video – am Montag und manchmal auch Dienstag ab 19.30 Uhr im Rahmen der „Sport1 News“ bei Sport1 oder ab Montagnachmittag hier oben im Artikel.
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