Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Klubs unter Druck "Drei Bedingungen für den Bundesliga-Start"
Viele Menschen wünschen sich, dass der Ball in der Bundesliga wieder rollt – und zwar so schnell wie möglich. Doch wäre das mitten in der Corona-Krise auch wirklich richtig?
Der deutsche Profifußball steht in den Startlöchern für eine Saison-Fortsetzung und wartet sehnsüchtig auf das entscheidende Signal aus der Politik. "Es liegt nicht an uns, einen Starttermin festzulegen", sagte DFL-Boss Christian Seifert am Donnerstag nach der Mitgliederversammlung der 36 Erst- und Zweitligisten. "Wenn es der 9. Mai wäre, wären wir bereit. Wenn es irgendein Tag danach sein wird, sind wir auch dann bereit", verkündete der Geschäftsführer der Deutschen Fußball Liga.
Die Verantwortlichen der Klubs haben mehrheitlich positiv auf das Konzept der DFL zur Wiederaufnahme reagiert.
Vizekanzler Scholz ist für Bundesliga-Start
Und während es auch Vizekanzler Olaf Scholz von der SPD freuen würde, "wenn es in der zweiten Mai-Hälfte" wieder losgehen könne, kritisierte SPD-Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach diesen Plan scharf: "Wir müssen den jungen Leuten die Botschaft vermitteln: Haltet Abstand, tragt einen Mundschutz, das Virus ist gefährlich. Alle drei Botschaften werden durch einen Bundesliga-Start konterkariert."
Es ist ein Dilemma: Die Fußballvereine müssen spielen, denn sie brauchen die Einnahmen aus den TV-Verträgen, um überleben zu können. Doch reicht das aus, um sich über alle anderen geltenden Regeln hinwegsetzen zu dürfen?
Sollte die Bundesliga im Mai wirklich wieder starten?
Ja, DFL und Politik müssen jetzt die Voraussetzungen dafür schaffen
Im Bundesliga-Finale im Mai geht es normalerweise um die Meisterschaft, den Klassenerhalt, TV-Gelder und Arbeitsplätze. So viel wie in diesem Jahr stand allerdings noch nie auf dem Spiel. Diesmal geht es für die Klubs aufgrund der Corona-Krise um ihre Existenz, um ALLE Arbeitsplätze und das Lebensgefühl von Millionen Fans.
Deshalb müssen die DFL und die Politik die Voraussetzungen für eine Fortsetzung im Mai schaffen.
1. Sie müssen den Arbeitsschutz gewährleisten und nicht nur – wie im DFL-Konzept vorgeschlagen – einen einzigen positiv getesteten Spieler in Quarantäne schicken, sondern ganz einfach die ganze Mannschaft.
2. Sie müssen sicherstellen, dass die rund 25.000 für die Bundesliga veranschlagten Corona-Tests bis Saisonende die Patientenversorgung in Deutschland nicht gefährden – was auch kein Problem sein dürfte, da die Labore mit rund 730.000 Tests pro Woche derzeit längst nicht ausgelastet sind.
3. Sie müssen dafür sorgen, dass alle Spiele im TV frei zugänglich gemacht werden, damit Fans nicht in größeren Gruppen gucken und sich die Ansteckungsgefahr erhöht. Die ARD ist offenbar gesprächsbereit.
In Zeiten der Selbstisolation hätte die ganze deutsche Bevölkerung etwas davon.
Nein, der Bundesliga-Start könnte uns alle teuer zu stehen kommen
Ich liebe den Fußball und vermisse ihn. Doch es gibt Dinge im Leben, die wichtiger sind. Und dazu gehört die Gesundheit der Menschen und die damit verbundene Solidarität der Bevölkerung. Genau deshalb wäre es ein fataler Fehler, wenn die Bundesliga bereits im Mai wieder startet.
Zum einen müssten wohl rund 25.000 Corona-Tests eingesetzt werden, um den Spielbetrieb der ersten und zweiten Liga am Laufen zu halten, die in Krankenhäusern, Pflegeheimen und Schulen deutlich besser aufgehoben wären.
Zum anderen wäre die Gefahr groß, dass sich die Pandemie durch den Re-Start gar beschleunigt. "Die Stadien werden zu einem potenziellen Ziel von Fans, die ihr Team unterstützen wollen. Das wäre verheerend", warnte Jörg Radek, der stellvertretende Bundesvorsitzende der Polizeigewerkschaft, jüngst in der "FAS". Denn Menschenansammlungen müssen auch außerhalb der Stadien weiter vermieden werden.
Und es wäre auch falsch, die aktuell geltenden Abstandsregelungen für unsere Fußballprofis während der Partien außer Kraft zu setzen. Denn damit würde man die Sportler selbst gefährden und zudem 80 Millionen Deutschen zeigen, dass ein kleiner, elitärer Teil von ihnen sich nicht an alles halten muss. Die bestehenden Regeln würden verwischen. Und das könnte uns am Ende alle teuer zu stehen kommen. Es wäre ein Spiel mit dem Feuer.
Im "Zweikampf der Woche" kommentieren wöchentlich Florian Wichert (Stellvertretender Chefredakteur bei t-online.de) und Robert Hiersemann (Head of Fußball und Sport) aktuelle Fußballthemen.
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