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Nach Horror-Szene: Die Folgen für Gentner sind fatal


Effenberg-Kolumne
Die Folgen für Gentner sind fatal

Meinungt-online, Stefan Effenberg

Aktualisiert am 20.09.2017Lesedauer: 5 Min.
VfB-Kapitän Christian Gentner nach der Horror-Szene am Boden. Stefan Effenberg glaubt, dass Gentner künftig vorsichtiger in Zweikämpfe geht.Vergrößern des Bildes
VfB-Kapitän Christian Gentner nach der Horror-Szene am Boden. Stefan Effenberg glaubt, dass Gentner künftig vorsichtiger in Zweikämpfe geht. (Quelle: imago-images-bilder)

In der Saison 2002/2003 spielte der ehemalige Bayern-Kapitän Stefan Effenberg 19-mal für den VfL Wolfsburg. In seiner neuen Kolumne setzt er sich nun unter anderem mit der ersten Trainer-Entlassung der Bundesliga-Saison bei seinem Ex-Klub auseinander – und mit dem Spieltag insgesamt. Seine Thesen: Wolfsburg braucht eine neue Strategie, Ancelotti ist der Richtige für Bayern, die Folgen für Gentner nach der Horror-Szene sind fatal und der Köln-Protest ist nur ein Ablenkungsmanöver.

Die Kolumne von Stefan Effenberg bei t-online.de.

Der VfL Wolfsburg hat sich von Trainer Andries Jonker getrennt. Am vierten Spieltag schon – das geht schnell. Aber man darf eines nicht vergessen: Er hatte die ganze Vorbereitung und die letzten Wochen Zeit, der Mannschaft eine Handschrift zu geben. Ich war bei beiden Relegationsspielen gegen Braunschweig dabei. Da habe ich nichts gesehen. Jetzt läuft die neue Saison und man sieht wieder: Nichts. Ich habe keinen Schritt nach vorne erkannt. Im Gegenteil.

Die VfL-Strategie bringt keinen Erfolg

Die Mannschaft ist nicht schlecht. Aber die Spieler schaffen es einfach nicht, auch nur annähernd an die hundert Prozent zu kommen.

Warum ist das so? Ist es der Trainer? Das werden wir in den nächsten Wochen unter Nachfolger Martin Schmidt sehen.

Sie haben außergewöhnlich gute Möglichkeiten und Bedingungen in Wolfsburg. Ich habe selbst da gespielt. Und sie waren vor drei, vier Jahren zwischenzeitlich erfolgreich: Vizemeister, Pokalsieger. Sie haben gedacht, sie investieren weiter – in Draxler, Schürrle, Gomez – und bleiben dann oben dran. Das hat nicht geklappt.

Wenn ein Spieler sich allgemein nicht wohlfühlt bei einem Verein, wird es schwierig. Und wir haben gesehen, dass die großen Namen und potenziellen Weltklasse-Spieler, die auf ihrer Gehaltsliste standen, dann auch schnell wieder weg wollten.

Es hat sicher auch damit zu tun: Wie sehe ich die Station Wolfsburg? Viele Spieler sehen sie als Übergang, als Sprungbrett nach vorne. Das Problem ist: Wenn sie nicht an die hundert Prozent kommen, wird es kein Sprung nach vorne, sondern nach hinten.

Es ist offensichtlich und Fakt, dass diese Strategie – immer wieder mit großen Namen – in Wolfsburg keinen Erfolg bringt.

Als Verein muss ich vielleicht umdenken und grundlegend etwas verändern. Wenn ich große Namen einkaufe, habe ich auch den Druck. Wieso nicht sagen: "Unsere Philosophie sieht jetzt so aus, dass wir Ausbildungs-Verein sind und auf Talente setzen?" Natürlich auf einem anderen Niveau als Freiburg. Dann bekomme ich auch mehr Zeit. Der aktuelle Weg funktioniert offenbar nicht.

Böse Fouls müssen härter bestraft werden

Schon ohne die Trainerentlassung war es kein schönes Wochenende! Zumindest wenn ich diese zwei wirklich krassen Szenen sehe: Das Knie von Casteels im Gesicht von Christian Gentner – und der Fuß von Leipzigs Keita im Gesicht von Gladbachs Christoph Kramer.

So leid es mir tut für Christian: Das passiert leider immer wieder. Ich sehe da keine Tendenz, dass das Spiel unfairer oder härter wird. Aber es sah natürlich brutalst aus.

Die Folgen sind fatal für Christian. Ich hatte auch ein paar Nasenbeinbrüche in meiner Karriere. Man ist in der Zukunft einfach ein Stück weit vorsichtiger. Das wird bei ihm nach diesem Zusammenstoß ganz sicher der Fall sein. Ich wünsche ihm eine gute und schnelle Genesung und Rückkehr auf den Platz.

Man muss zwischen diesen beiden Szenen klar unterscheiden.

Casteels hätte vom Platz fliegen können. Aber das ist – und das tut mir wieder leid für Christian – der normale Ablauf eines Torhüters. Er versucht, die Situation zu bereinigen.

Bei Keita ist es eine andere Geschichte. Der Fuß hat da nichts zu suchen. Das war klar, eindeutig und böse. Genauso wie das Foul von Freiburgs Ravet an Dortmunds Schmelzer vergangene Woche. Wenn du als Spieler deinen Gegner nicht siehst und dann so getroffen wirst, ist das in meinen Augen für den immer Rot.

Das Strafmaß muss bei Fouls der Kategorie vorsätzlich und böse härter sein. Ich kann mich nicht an viele Sperren über sechs oder acht Wochen erinnern. Genau das ist aber manchmal angebracht.

Wenn jetzt Jemand kommt und sagt: Moment, der ist doch selbst Rekordhalter, was gelbe Karten angeht; Wir reden hier nicht über gelbe Karten. Es geht um grobes, böses Spiel und rote Karten. Bei roten Karten liege ich bei weitem nicht vorne.

Viele knifflige Fälle für die Schiedsrichter!

Das ging in Dortmund weiter. Köln möchte Protest gegen die Wertung des 0:5 beim BVB einlegen. Da muss ich mit dem Kopf schütteln.

Wie beurteile ich die Szene? Der Schiedsrichter hätte sehen müssen, dass es kein Foul von Sokratis an Horn war. Es kann nicht sein, dass so schnell gepfiffen wird. Horn hätte sich ganz einfach in dieser Situation anders verhalten müssen.

Aber es geht um den Pfiff. Der Videoschiedsrichter hört den Pfiff nicht – und der kam ja kurz vor der Linie. Der Ball rollt ins Tor und kein Kölner ist in der Nähe. Wenn es die Statuten besagen, muss man drüber diskutieren. Und: Es ist natürlich ein Unterschied, ob du mit 0:1 oder 0:2 in Dortmund in die Pause gehst. Aber: Das heißt ja nicht, dass du bei 0:2 keine Reaktion in der zweiten Hälfte zeigen darfst. Und genau die habe ich vermisst.

Ich kann mir vorstellen, dass es sich um ein Ablenkungsmanöver handelt.

Das gibt es ab und zu, dass etwas gestreut wird, um den Fokus auf ein anderes Thema zu lenken. Markus Gisdol war ein Beispiel. Er hat sich über den Eurosport-Player beschwert und plötzlich hat niemand mehr über die Niederlage des HSV gegen Leipzig gesprochen. Jetzt haben wir das andere Beispiel Köln. Niemand redet mehr über das 0:5 und die Probleme, die sie haben. Stattdessen geht es nur um die Szene beim 0:2. Damit lenkt man von den eigentlichen Problemen ab. Ob das der richtige Weg ist, das wage ich zu bezweifeln.

Fehlt noch ein Thema, das uns diese Woche beschäftigt hat: Der FC Bayern.

Ancelotti ist der Richtige bei Bayern

Ich bleibe dabei: Carlo Ancelotti, der viel Kritik einstecken musste, ist der richtige Trainer. Er weiß, wie er mit so einer Situation umgehen muss. Jemanden auf die Bank setzen oder auf die Tribüne? Er weiß, wie man das macht. Ich wünsche mir, dass er den Erfolg hat, für den er verpflichtet wurde: Den Sieg in der Champions League. Man muss ihm einfach mal zu hundert Prozent vertrauen.

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Julian Nagelsmann hatte sich ins Gespräch gebracht mit seiner Aussage, dass der FC Bayern in seinen Träumen schon eine etwas größere Rolle spiele.

Traue ich ihm den Job zu? Durchaus. Aber er sollte sich erstmal voll auf Hoffenheim konzentrieren und in der Europa League die Gruppenphase überstehen. Gebt ihm ein paar Jahre Zeit, das zu bestätigen, was er schon geleistet hat. Man muss viele Schritte gehen, bis man mal bei einem Topklub arbeiten darf. Nicht falsch verstehen: Ich finde es gut, dass er sich so geäußert hat. Er setzt sich selbst unter Druck, aber zeigt, dass er diesen Anspruch und den Willen hat, das zu schaffen.

Aber dafür hat er mit 30 Jahren ja noch viel Zeit.

Transparenzhinweis
  • Stefan Effenberg ist Botschafter des FC Bayern München und sagt dazu: „Ich repräsentiere den FC Bayern, insbesondere im Ausland. Mein Engagement hat keinen Einfluss auf meine Kolumnen bei t-online. Hier setze ich mich weiterhin kritisch und unabhängig mit dem Fußball auseinander — auch und insbesondere mit dem FC Bayern.“
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