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FC Bayern München und der Tanz auf dem brodelnden Vulkan


Nerven liegen jetzt schon blank
Bayerns Tanz auf dem brodelnden Vulkan

Von t-online
Aktualisiert am 14.08.2015Lesedauer: 4 Min.
Bayern-Trainer Pep Guardiola steht vor einer wegweisenden Saison: "Statt 110 Prozent gibt er nun 130 Prozent. Er verlangt uns alles ab."Vergrößern des Bildes
Bayern-Trainer Pep Guardiola steht vor einer wegweisenden Saison: "Statt 110 Prozent gibt er nun 130 Prozent. Er verlangt uns alles ab." (Quelle: MIS/imago-images-bilder)
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Von Thomas Tamberg

Es ist Hochsommer im Deutschland. Und verdammt heiß in diesen Tagen. Im kleinen fränkischen Städtchen Kitzingen wurde mit 40,3 Grad kürzlich der bisherige Hitzerekord des Jahres gemessen. Nur in München, genauer gesagt an der Säbener Straße, ist es derzeit noch etwas heißer. Zumindest gefühlt.

Denn wenn der Rekordmeister heute gegen den Hamburger SV (ab 20.15 Uhr im Live-Ticker bei t-online.de) die 53. Bundesligasaison eröffnen wird, fällt auch der Startschuss zum Tanz auf einem brodelnden Vulkan.

Willkommen beim FC Bollywood

Die bevorstehende Saison dürfte mit so vielen Nebengeräuschen begleitet werden wie schon lange nicht mehr. Das haben die letzten Wochen bereits angedeutet. Es ist schließlich das Jahr eins nach Bastian Schweinsteiger. 13 Jahre lang hielt der Publikumsliebling für den FC Bayern die Knochen hin. Eine Ewigkeit im modernen Fußball. Und es ist möglicherweise das letzte Jahr mit Trainer Pep Guardiola.

Der Hitzegrad der Diskussionen dieser beiden Personalien hat im Vorfeld bereits ein Level erreicht, das erahnen lässt, wie schnell in München derzeit Brandherde entstehen können. In den 90er Jahren gab es schon mal Zeiten, in denen es drunter und drüber ging. Man erinnere sich nur an die Wut-Rede von Trainer Giovanni Trapattoni. Damals wurde der Begriff "FC Hollywood" geprägt. Im Zeichen der immer stärker werdenden Internationalisierung wäre heutzutage "FC Bollywood" vielleicht der passendere Begriff.

Guardiola und Bayern - passt das überhaupt?

Zurück zu Schweinsteiger. Der Abgang des Fußballgotts hat die Fanseele tief getroffen. Die Art und Weise wie der Weltmeister weggelobt wurde, kostete Sympathien und Glaubwürdigkeit. Kürzlich erklärte Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge angesichts des Werbens von Manchester United Thomas Müller für "unverkäuflich". Worte, die Schweinsteiger nie zu hören bekam.

Ob es stimmt oder nicht: In der öffentlichen Wahrnehmung blieb hängen, dass es wohl auch eine Flucht vor Guardiola gewesen ist. Nicht nur deshalb bläst dem Spanier während seiner Zeit beim FC Bayern erstmals Gegenwind ins Gesicht. Zwei deutliche Halbfinalpleiten in der Champions League, ein unnötiges Scheitern gegen Dortmund im DFB-Pokalsemifinale sowie drei Pleiten im Supercup haben Spuren hinterlassen. Man beginnt sich zu fragen, ob der vermeintlich weltbeste Trainer gar nicht zum FC Bayern passt.

Bei den Journalisten Kredit aufgebraucht

Dazu kommt noch die unendliche Diskussion über Guardiolas Vertragsverlängerung. In der Mannschaft sei das kein Thema, "aber die Fragen nerven", gab Manuel Neuer zu. So geht es übrigens nicht nur den Spielern, dem Trainer und den Klubbossen, sondern allen Fußballinteressierten. Doch solange keine Entscheidung gefallen ist, wird dieses Thema Woche für Woche auf den Tisch kommen. Man darf gespannt sein, welche Kuriositäten da noch so kommen.

Beim Audi-Cup gab es vereinzelte Buhrufe in Richtung Guardiola. Das ist neu. Auch gegenüber den Medienvertretern hat der 44-Jährige Kredit aufgebraucht. Er nimmt die Journalisten weder ernst, noch beantwortet er ihre Fragen wirklich. Allerdings keineswegs aus Boshaftigkeit, sondern es ist schlichtweg seine Medienstrategie. Ob es die richtige ist, bleibt abzuwarten. Sie belastet den Umgang miteinander jedenfalls zusehends.

Für 79 Millionen Euro eingekauft

"Es wird versucht Gift reinzubringen. Wir müssen gute Ergebnisse abliefern, damit die Medienlandschaft keine Chance hat", zeigt Ur-Bayer Müller, dass er auch außerhalb des Fußballplatzes ein gutes Gespür für Situationen hat. Siege waren beim FC Bayern schon immer das beste Mittel, um Ruhe in den Laden zu bekommen.

Deswegen haben sie sich auch noch einmal für insgesamt 79 Millionen Euro verstärkt. Mit Douglas Costa, Arturo Vidal, Joshua Kimmich sowie Heimkehrer Pierre-Emile Höjbjerg haben die Bayern die Qualität des Kaders noch einmal deutlich erhöht. Noch einmal soll so ein Fauxpax wie in der letzten Saison nicht passieren, als in der entscheidenden Phase viele wichtige Spieler verletzungsbedingt nicht zur Verfügung standen.

Der Hoeneß-Instinkt ist verloren gegangen

Doch gerade dieser Luxuskader, der wohl beste, den die Münchner je hatten, sorgt gleichzeitig für eine enorme Fallhöhe. Die Gefahr dabei ist, dass momentan niemand da ist, der eine Krise adäquat moderieren könnte, sollte der Tanker im Laufe der Saison in unruhiges Fahrwasser geraten.

Weder Guradiola, noch Sportvorstand Matthias Sammer und auch nicht Rummenigge oder Präsident Karl Hopfner besitzen dieses gewisse Etwas, das Uli Hoeneß all die Jahre so wertvoll für diesen Klub gemacht hat. Den Instinkt, in schwierigen Momenten zwischen allen Beteiligten zu vermitteln, unpopuläre Maßnahmen durchzuboxen oder einfach nur geschickte Ablenkungsmanöver zu fahren.

Guardiola "gibt nun 130 Prozent"

Nervös, angespannt, leicht reizbar, so könnte man die Stimmungslage rund um den FC Bayern derzeit beschreiben. Vorfreude auf die Saison oder eine Aufbruchsstimmung fühlen sich definitiv anders an. Das hat auch Oliver Kahn beobachtet. "Momentan wirkt Guardiola sehr gereizt", sagte der frühere Bayern-Star im "kicker". "Alles sieht sehr stressbelastet aus. Pep wirkt unausgeglichen, als stehe er unter extremem Druck, den er sich zum größten Teil selbst macht."

Diesen Druck gab der Coach vor dem Saisonstart an die Mannschaft weiter. "Der Trainer hat schon mehrmals gesagt: Wenn einer die Situation nicht akzeptiert, ist er falsch hier und kann gehen", berichtete Jerome Boateng. Sebastian Rode gab zu Protokoll, dass "der Trainer noch mal ehrgeiziger und akribischer geworden ist. Statt 110 Prozent gibt er nun 130 Prozent. Er verlangt uns alles ab."

Saison entscheidet über Wohl und Wehe

Mehr denn je achtet Guardiola darauf, dass die Profis mit ihren Befindlichkeiten nicht an die Öffentlichkeit gehen. Es wäre fatal in der jetzigen Situation. Einer, der es kurz mal ausgetestet hat, war Mario Götze. Er wünschte sich öffentlich mehr Kommunikation mit dem Trainer. Einen Tag später erzählte der WM-Held am ZDF-Mikrophon, dass er missverstanden wurde.

Guardiola weiß nur zu genau: Er braucht jetzt Siege in Serie. Das war beim FC Bayern zwar schon immer so, doch selten waren sie schon zu Saisonbeginn so dringend vonnöten. Dafür arbeitet der Spanier bereits im Sommer wie ein Besessener und ist jetzt schon im roten Bereich angekommen. Diese Saison dürfte über Wohl und Wehe seiner Bayern-Zeit entscheiden.

Wer behält Recht? Sammer oder Kahn?

Man darf gespannt sein welche Meinung sich am Ende durchsetzen wird. Die von Sammer oder von Kahn. "Ich brauche einen Trainer, der kämpft und manchmal auch ein bisschen gereizt ist. Das ist mir sehr recht und zeigt mir, wie fokussiert Pep ist", sagte der Sportvorstand. Kahn indes hält dagegen: "Man kann nicht jeden Tag mit höchster Drehzahl fahren. Ich selbst habe erlebt, wohin das führt, gerade bei Bayern."

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