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Bundesliga | 1. FC Köln steht vor dem Abstieg: Ein Absturz mit Ansage


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Der 1. FC Köln vor dem Abstieg
Ein Absturz mit Ansage


Aktualisiert am 11.05.2024Lesedauer: 7 Min.
Kölns Faride Alidou liegt auf dem Rasen: Wenn Köln gegen Union nicht gewinnt, war es das für den "Effzeh".Vergrößern des Bildes
Kölns Faride Alidou liegt auf dem Rasen: Wenn Köln gegen Union nicht gewinnt, war es das für den "Effzeh". (Quelle: Rolf Vennenbernd/dpa)
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Eine kleine Restchance hat der 1. FC Köln noch auf den Klassenerhalt. Doch die Hoffnung ist gering. Der "Effzeh" steht vor einem folgenschweren Abstieg.

Über die "schönste Freude" scheiden sich die Geister. Manch einer sieht in der Vorfreude die größte Erfüllung, manch anderer in der Schadenfreude. Auch auf den Fußball ist das übertragbar. Für den einen ist das Kribbeln vor dem Finale das Schönste, für den anderen das Scheitern eines Rivalen.

Am 12. Mai 2023 empfanden viele Fans des 1. FC Köln Schadenfreude, als sie beim 5:2-Heimsieg ihrer Mannschaft über Hertha BSC das Lied "Hey, das geht ab" von den "Atzen" spontan umdichteten. Statt "Hey, das geht ab, wir feiern die ganze Nacht!" sangen sie "Hey, das geht ab, die Hertha steigt endlich ab!" Ein Stich ins Herz der Gästefans, die wenige Wochen später den Gang in die 2. Bundesliga antreten mussten.

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Fast genau ein Jahr später sieht es ganz danach aus, als würde Köln den gleichen Gang antreten müssen. Denn zwei Bundesliga-Spieltage vor dem Saisonende steht der "Effzeh" vor dem Abstieg. Das Team von Trainer Timo Schultz steht auf Platz 17 und hat fünf Punkte Rückstand auf den Relegationsplatz. Der direkte Klassenerhalt ist sogar sechs Punkte entfernt.

Ein umstrittenes Statement des Präsidenten

Woche für Woche schrumpft die Hoffnung der Fans auf den Verbleib in der Bundesliga. Nur zwei Spiele konnte Köln in der Rückrunde gewinnen. Auf den dramatischen 2:1-Heimtriumph gegen den VfL Bochum Anfang April folgten zwei Zähler aus vier Spielen. Der emotionale Tiefpunkt dabei war das 0:2 gegen Schlusslicht Darmstadt vor heimischer Kulisse.

Am Samstag ist Köln gegen Union Berlin (ab 15:30 Uhr im Liveticker bei t-online) zum Siegen verdammt. Eine Niederlage oder ein Remis bedeuten den direkten Abstieg. Ein Sieg würde die Entscheidung um eine Woche vertagen.

Doch selbst dann wird es für Köln schwer, die Klasse zu halten. Denn auch am letzten Spieltag müsste ein Sieg her, wenn der "Effzeh" in Heidenheim zu Gast ist. Parallel müsste Union Berlin zu Hause gegen Freiburg verlieren und Mainz 05, aktuell fünf Zähler vor Köln auf Rang 16, dürfte an den zwei letzten Spieltagen eigentlich gar nicht mehr punkten, da das Torverhältnis der Mainzer ein klar besseres ist.

Pl.MannschaftSp.SUNToreDiff.Pkt.Form
13
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Mainz
347141339:51-1235
14
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Gladbach
347131456:67-1134
15
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Union
34961933:58-2533
16
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Bochum
347121542:74-3233
17
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Köln
345121728:60-3227

Der Abstieg scheint trotz aller Durchhalteparolen von Spielern und Funktionären in den vergangenen Wochen unausweichlich. Präsident Werner Wolf sprach bereits in der Vorwoche über den drohenden Gang in die 2. Liga. "Sollte es so kommen, dann werden wir uns das Ziel Wiederaufstieg in den ersten beiden Jahren setzen", sagte er in einem Interview mit der "Kölnischen Rundschau". Die Aussagen schlugen Wellen, weil Köln sich in der Vorbereitung auf das wichtige Spiel gegen Freiburg befand.

Während Wolf laut eigener Aussage die Mitglieder des Vereins transparent über die Pläne informieren wollte, nahmen einige Fans und Medien das Interview des 67-Jährigen als störend wahr. Ex-Sportchef Armin Veh kritisierte am Sonntag in der Sendung "Sky90": "Davon zu reden, dass sie dann auch wieder rauf wollen, das suggeriert ja eigentlich, dass ich schon abgestiegen bin. Ich glaube, dass es einfach deplatziert war, zu diesem Zeitpunkt ein Interview zu geben und für alle eine Jobgarantie auszusprechen."

Trainer Schultz versuchte die Debatte etwas herunterzuspielen, er sagte vor der Partie gegen Freiburg: "Das Thema ist für die Presse größer als für uns. Alles nebenher darf uns in der täglichen Arbeit nicht beeinflussen." Kapitän Florian Kainz kommentierte aber nach dem Abpfiff sichtlich verstimmt: "Es ist beim FC so üblich, dass immer wieder was von außen kommt." Dennoch ist klar, dass Wolfs Aussagen nicht der Grund für den drohenden Abstieg sind. Die liegen einige Zeit zurück. Der Kölner Absturz ist einer mit Ansage.

Ein folgenschwerer "Kardinalfehler"

Kölner Fans werden vielleicht bemerkt haben, dass das Zitat Werner Wolfs aus dem Interview mit der "Kölnischen Rundschau" ein verkürztes war. Denn vollständig lautet es: "Sollte es so kommen, dann werden wir uns das Ziel Wiederaufstieg in den ersten beiden Jahren setzen – trotz der Sperre." Die Sperre, die Wolf anspricht, ist die Transfersperre, die der 1. FC Köln vom Internationalen Sportgerichtshof Cas verpasst bekommen hat.

Im vergangenen Winter durfte der Verein keinen externen Spieler verpflichten. Und auch im kommenden Sommer sind den Kölnern Handschellen angelegt. Lediglich bereits ausgeliehene Spieler dürfen fest gekauft werden. Und an der eigenen Jugend darf sich die Profiabteilung auch bedienen.

Grund für die Sperre war ein Vorfall aus einer Zeit, in der der aktuelle Geschäftsführer Sport, Christian Keller, noch gar nicht in Köln arbeitete. Am 31. Januar 2022, zwei Monate vor Kellers Start bei den "Geißböcken", verpflichtete Köln den 16 Jahre alten Slowenen Jaka Potocnik für die U19. Das Pikante: Nur einen Tag vorher hatte Potocniks Mutter seinen Vertrag beim NK Olimpija Ljubljana gekündigt. Sie gab "triftige Gründe" als Ursache an, darunter unerfüllte Versprechen wie Trainingseinheiten bei den Profis.

Ljubljana dementierte die Vorwürfe der Mutter und warf Köln vor, an der Vertragsauflösung beteiligt gewesen zu sein, und forderte eine Ablöse in Millionenhöhe, die Köln aber nicht zahlen wollte. Kölns neues Management unter Kellers Leitung bot den Slowenen eine Zahlung von 100.000 Euro. Ljubljana lehnte ab und zog vor Gericht. Dort konnte Köln den Vorwurf der Anstiftung zum Vertragsbruch nicht widerlegen. Ein entscheidendes Argument für das Gerichtsurteil: Köln hatte mehrfach Kontakt zu Potocniks Berater aufgenommen.

Neben der Transfersperre musste der deutsche Verein 60.000 Euro Entschädigung an Ljubljana zahlen. Somit hatten die Slowenen zwar vor Gericht gewonnen, aber am Ende weniger Geld erhalten, als ihnen Köln geboten hatte. Keller im ZDF-Sportstudio: "Wenn du eine Transfersperre kriegst, ist klar, dass du einen Kardinalfehler gemacht haben musst. Muss man diese Verpflichtung tätigen? Man hatte sich arbeitsrechtlich abgesichert, aber das unternehmerische Risiko war sicherlich dennoch zu hoch. Wir wussten, dass es schwierig wird, vor dem Cas zu gewinnen, haben deshalb versucht, eine Vergleichslösung mit Ljubljana anzustreben – das hat leider nicht funktioniert. Im Endeffekt haben alle verloren."

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"Punkt, aus"

Was die Transfersperre so außergewöhnlich schlimm für Köln macht, ist die sportliche Lage. Denn schon in der Hinrunde hatte der "Effzeh" große sportliche Probleme. Die Kader-Qualität reichte schlichtweg nicht aus. Dabei hatte Keller nach dem Ende des Sommer-Transferfensters noch gesagt: "Wir sind mit unserem Kader zufrieden und sind auf allen Positionen ordentlich besetzt. Insofern gibt es keine zwingende Notwendigkeit, noch zu ergänzen."

Die Realität am Ende des Kalenderjahres 2023: 16 Spiele, 10 Punkte, Platz 17. Trainer Steffen Baumgart und die Klubführung entschieden einvernehmlich, die Zusammenarbeit zu beenden. Timo Schultz folgte. Doch auch der neue Trainer musste mit dem gleichen Kader arbeiten, schließlich galt da schon die Transfersperre.

Auf der Mitgliederversammlung Anfang Januar gestand sich dann Manager Keller ein: "Wir haben vorhin über Scheiße bauen, und das dann auch zugeben, gesprochen. Mir als Verantwortlichem ist es nicht gelungen, die Abgänge von Jonas Hector und Ellyes Skhiri aufzufangen. Da könnte ich jetzt Gründe für aufzählen. Aber wie vorhin schon gesagt wurde: am Ende kackt die Ente. Und mir ist es nicht gelungen, die beiden zu ersetzen. Punkt, aus." Die Transparenz kam bei den Fans gut an, erntete Applaus.

Punkte brachte sie jedoch keine ein. Schultz gelang die Trendwende (bisher) auch nicht, sodass Köln in ebenjener Lage steckt, die den Abstieg fast unvermeidbar macht.

Der Kader fällt auseinander

Ein solcher Abstieg wäre nicht nur für die Fanherzen schmerzhaft, er würde auch die Kaderplanung erschweren. Denn selbst wenn Köln aufgrund der fehlenden Neuzugänge alle aktuellen Spieler halten wollen würde, haben die "Geißböcke" die Situation nicht selbst in der Hand.

Einige Spieler besitzen Ausstiegsklauseln im Abstiegsfall, von denen sie Gebrauch machen können. Wie die "Sport Bild" und der "Kölner Stadt-Anzeiger" übereinstimmend berichteten, können Stammtorwart Marvin Schwäbe und Abwehrboss Jeff Chabot den Klub verlassen. Beide sollen weniger als fünf Millionen Euro kosten, was angesichts ihrer Qualitäten einem Schnäppchenpreis gleichkäme. An Chabot haben laut Sky Eintracht Frankfurt, Borussia Dortmund und der VfB Stuttgart Interesse angemeldet.

Der Vertrag von Davie Selke, der mit 6 Treffern aus 19 Spielen der beste Kölner Torjäger ist, besitzt nur für die Bundesliga Gültigkeit. Interesse gibt es genug aus dem Ausland, wie sein Berater Sky bestätigte. "Wir haben auch eine konkrete und sehr gut dotierte Anfrage aus Saudi-Arabien vorliegen", verriet er.

Neben Schwäbe, Chabot und Selke sind auch einige Talente vor dem Absprung. Justin Diehl wird sich aller Voraussicht nach dem VfB Stuttgart anschließen, U19-Nationalspieler Matti Wagner unterschrieb bereits in Fürth. Und auch Max Finkgräfe, der unter Schultz links hinten zum Stammspieler wurde, soll laut "Sport Bild" an einen Wechsel denken.

Wer dagegen bleibt, ist die Klubführung. Daran ließ Präsident Wolf keine Zweifel. "Der Vorstand steht zu 100 Prozent hinter der Geschäftsführung, weil er auch die Rahmenbedingungen sieht, unter denen Entscheidungen getroffen werden mussten", teilte er in einem vereinseigenen Interview mit. Die selbstkritische und transparente Analyse hätten Überzeugung geleistet, die Zusammenarbeit fortzusetzen. Wolf: "Wir werden den Rufen nach Rücktritten und Entlassungen nicht nachgeben."

 
 
 
 
 
 
 

Die Personalie Schultz ist hingegen noch unklar. Im April hatte Geschäftsführer Keller dem Trainer noch einen Verbleib im Abstiegsfall in Aussicht gestellt. "Ich habe gesagt, dass ich sehr, sehr zufrieden mit der Arbeit des Trainers bin. Die Zufriedenheit kann nicht an der Liga-Zugehörigkeit hängen", sagte Keller in einem Talkformat des "Express" und des "Kölner Stadt-Anzeigers". Doch ob dieses Bekenntnis auch tatsächlich im Abstiegsfall Gültigkeit besitzt, zweifeln Beobachter an.

Auf jeden Fall im Kader des "Effzeh" werden die Kölner Leihrückkehrer sein, unter denen sich auch ein paar Lichtblicke befinden. Torwart Jonas Urbig zum Beispiel, der nach einem Jahr in Fürth zurückkehren wird. Der 20-Jährige zählt zu den besten Keepern der laufenden Zweitliga-Saison. Auch der schnelle Stürmer Tim Lemperle kehrt aus dem Frankenland zurück an den Rhein, erzielte für Fürth fünf Tore und bereitete vier weitere vor. Beide kann Köln gut gebrauchen.

Doch in den letzten zwei Bundesliga-Spielen der aktuellen Saison können Urbig und Lemperle noch nicht eingreifen. Und müssen vielleicht dabei zusehen, wie ihr Jugendklub den Gang in die 2. Liga antreten muss.

Verwendete Quellen
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