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Zum journalistischen Leitbild von t-online.FC Bayern rettet Punkt bei RB Leipzig Das passt nicht zu Tuchel
Die Wende gelang dem FC Bayern gegen Leipzig dann doch noch – immerhin einen Punkt hat die Mannschaft geholt. Für Trainer Thomas Tuchel lief es dennoch nicht nach seinem Geschmack.
Der FC Bayern holte am Samstag im Spitzenspiel gegen RB Leipzig doch noch einen Punkt. Wirklich zufrieden war Trainer Thomas Tuchel dennoch nicht. Sein Fazit: "Da ist noch Luft nach oben", analysierte er. Zwar habe sein Team gut begonnen, dann aber den Faden verloren. Der 50-Jährige zeigte sich durchaus selbstkritisch: "Vielleicht lag es auch am Plan, nehme ich auf meine Schultern."
Tuchel hatte sich einige taktische Staffelungen überlegt, um den Ball sicher in den eigenen Reihen zu behalten und zugleich gegen die Leipziger Konter strukturiert abzusichern. "Wir wollten mit 3:2 gegen die vier Offensiven von Leipzig das Spiel kontrollieren, darüber in die gegnerische Hälfte kommen und dort auch komplett die Absicherung mit 3:2 gestalten", sagte Tuchel im Nachgang. "Aber wir haben kein Leben in den Plan gekriegt."
Die konkrete Idee sah vor, dass die vier Abwehrspieler sowie Joshua Kimmich und Leon Goretzka als defensive Mittelfeldspieler stets lokal in Überzahl stehen würden und so über klassische Dreiecksbildung den Ball gegen die anlaufenden Leipziger Offensivspieler bewegen könnten.
"Wir haben eine extrem lange Leitung gehabt"
Allerdings waren diese Staffelungen, wie sie Tuchel im Vorfeld vorgegeben hatte, lediglich in der Anfangsphase der Partie zu sehen. Danach wurde es wieder klassischer Aufbaufußball des FC Bayern – etwa mit einem hoch stehenden Alphonso Davies auf der linken Seite. Zudem bewegten die bayerischen Defensivspieler den Ball nicht schnell genug. Beispielsweise brauchte Konrad Laimer auf Halbrechts teils zwei Kontakte, um nach einem Zuspiel den Ball zu kontrollieren.
So stand Emil Forsberg direkt vor ihm und konnte den Weg nach innen zu Leon Goretzka versperren. "Wir haben eine extrem lange Leitung gehabt, den Plan umzusetzen, die Räume zu finden, haben viel zu viele Fehler gemacht, waren zu statisch, das Spiel war zu langsam", schimpfte Tuchel.
Noch mehr Probleme als im geordneten Spielaufbau hatte Bayern vor allem dann, wenn das Team auf Umschaltsituationen oder gegnerische Vorstöße reagieren musste. Eröffnete Leipzig das Spiel schnell aus der Abwehr, suchten die Bayern im Mittelfeld meist die Eins-gegen-Eins-Zweikämpfe, die Tuchel gemäß seiner Aussagen nur bedingt sehen wollte. Eroberte Bayern den Ball zurück und spielte zunächst auf einen der beiden Innenverteidiger, rückten die beiden Mittelfeldspieler nicht schnell genug zurück, um sich für ein neues Passdreieck in Stellung zu bringen.
Leipzig reagierte immer dann schnell, wenn Bayern patzte
Bei aller Kritik an den Bayern muss jedoch auch ein Lob an Leipzig erteilt werden. Denn die von Tuchel erwähnten vier Offensiven verhielten sich gegen den nicht ganz flüssigen Spielaufbau sehr clever. Gerade die beiden nominellen Zehner, Emil Forsberg und Xavi Simons im 4-2-2-2-System von RB-Trainer Marco Rose, schoben regelmäßig intelligent in Richtung Flügel, um die Abwehrspieler von Bayern aufzuhalten. Yussuf Poulsen erhielt als Pressingspezialist den Vorzug vor Benjamin Šeško und pendelte gut zwischen Min-jae Kim und Kimmich, da er sich immer dann fallen ließ, wenn der Ball auf der Spielfeldseite seines Sturmpartners Loïs Openda war.
Dadurch wurde der rechte Halbraum noch einmal kondensierter und die möglichen 3:2-Staffelungen der Bayern waren umso schwieriger auszuführen. Zudem reagierte Leipzig immer dann schnell, wenn Bayern ein Fehler unterlief – so geschehen beim 1:0-Treffer von Openda. Im Vorfeld vermied Kim den Zweikampf mit Poulsen im Mittelfeld und ließ sich stattdessen zurückfallen, woraufhin plötzlich Dayot Upamecano aufrückte und von Openda überholt wurde. "Komplett das gegenteilige Verhalten von dem, was wir eigentlich ...", kommentierte Tuchel, ohne den Satz zu beenden.
Nach einem Patzer von Sven Ulreich infolge einer eigentlich irregulären Ecke für Leipzig ging Bayern mit einem 0:2 in die Kabine der Red Bull Arena. Zur Halbzeitpause wechselte Tuchel unter anderem Raphaël Guerreiro für Goretzka ein. Zudem verteidigte Bayern nun deutlich mannorientierter als zuvor. Davies etwa verfolgte Gegenspieler Simons auch ins Spielfeldzentrum, wenn sich der Leipziger Offensivmann dort hinbewegte. Guerreiro selbst war von den vormaligen Defensivaufgaben der zentralen Mittelfeldspieler ein Stück weit entbunden, stand im Pressing häufig auf Höhe von Jamal Musiala und sollte bei eigenem Ballbesitz, ohne groß auf Absicherung zu achten, den Ball nach vorn treiben.
Der Rekordmeister fand dank eines unnötigen Elfmeterpfiffs gegen Benjamin Henrichs zurück ins Spiel und nutzte in der finalen halben Stunde der Partie das Tempo und die Handlungsschnelligkeit der eigenen Offensivkräfte viel besser aus. Dazu musste Tuchel jedoch die Fesseln in Form der zunächst angedachten Absicherungsstaffelungen lösen. Er tat dies in dem Wissen, dass Bayern in einem offenen Schlagabtausch mit Leipzig das wohl entscheidende dritte Gegentor hinnehmen könnte. Im Nachgang lobte der Cheftrainer Mentalität, Spirit, Spielgeschwindigkeit, Risikobereitschaft und individuelles Verhalten. Es war allerdings kein Auftritt, der vollends zur Philosophie von Tuchel passte.
Denn der 50-Jährige möchte das Spiel über Ballbesitz und Positionsspiel kontrollieren. Das gelang mit den angedachten Staffelungen beziehungsweise deren Umsetzungen in den ersten 45 Minuten in Leipzig nicht. Eventuell braucht es mehr Trainingszeit, um an der Ausführung zu arbeiten. Möglicherweise könnte auch eine Rückkehr von Manuel Neuer helfen, damit der Torwart wieder in den Spielaufbau eingebunden werden und zusätzlich Überzahlsituationen kreieren kann.