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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Tuchels Start beim FC Bayern Sein emotionales Versprechen an Hoeneß
Thomas Tuchel verbreitet beim FC Bayern Aufbruchsstimmung vor richtungsweisenden Wochen. Das Duell gegen Dortmund ist nur der Anfang.
Zu seiner Vorstellung als neuer Trainer des FC Bayern war Thomas Tuchel am Samstag noch im eleganten dunkelblauen Anzug in die Allianz Arena gekommen. Sechs Tage später trug der 49-Jährige bereits die Klubfarben, als er in Trainingsanzug und Kappe zu seiner ersten Spieltagspressekonferenz erschien.
Der Wechsel seiner Garderobe war ein weiteres Indiz dafür, dass Tuchel – nicht einmal eine Woche nach seiner Ankunft an der Säbener Straße – bereits voll in seinem Element ist. Mit "work, eat, sleep, repeat", also übersetzt "arbeiten, essen, schlafen und wieder von vorne", beschrieb er seine erste Woche in München.
"Vom Gefühl her war es nur ein Trainingstag. Die Eindrücke waren natürlich extrem viele", sagte er. "Gleichzeitig hat es sich angefühlt wie ein Monat Arbeit. Ich war am Abend immer gut müde. Es war anstrengend, aber gleichzeitig das Beste, was es gibt."
Tuchels Saisonrettungsmission beginnt
Die Saisonrettungsmission, die er nach der Entlassung von Julian Nagelsmann als Chefcoach nun angetreten ist, hat längst begonnen. Dass es nahezu eine "Mission: Impossible" ist, und was es dabei genau zu retten gilt, ist ihm sehr bewusst: "Wenn du bei Bayern München im April ankommst, in der Meisterschaft einen Punkt hinten bist, im Viertelfinale des Pokals und der Champions League stehst, spielst du um alle Titel. Du willst alle Titel. Das ist der Fokus."
Die Zeit drängt, schon am Samstagabend (ab 18.30 Uhr im Liveticker bei t-online) wartet mit dem Topspiel gegen Borussia Dortmund seine erste Feuertaufe auf ihn als neuer Bayern-Chefcoach.
Das Wiedersehen mit seinem Ex-Klub werde auf jeden Fall emotional. "Die Besonderheit der Tabellensituation, die Besonderheit der Rivalität der beiden Mannschaften. Das wird ein heißes Match", sagte Tuchel, der diesem Endspiel um die Meisterschaft mit Feuereifer entgegenfiebert.
"Das BVB-Spiel hat auf jeden Fall Signalwirkung"
Dessen immense Bedeutung versuchte er gar nicht erst kleinzureden. "Das hat auf jeden Fall Signalwirkung", sagte er und stellte unmissverständlich klar: "Wir wollen die Tabellenführung zurück." Nachdem Bayern seit Jahresbeginn zehn Punkte auf den BVB verspielt hat, ist der Rekordmeister ausgerechnet vor dem direkten Duell in der Tabelle hinter seinen großen Rivalen auf Platz zwei abgerutscht.
Gleich bei seinem Debüt geht Tuchel also in ein die Meisterschaft vorentscheidendes erstes Schicksalsspiel. Und nur drei Tage später steht im Pokal gegen den SC Freiburg der nächste Titel auf dem Spiel. In der Woche darauf geht es dann für Tuchel und die Bayern zu Manchester City und Teammanager Pep Guardiola zum Viertelfinalhinspiel der Champions League. Das entscheidende Rückspiel folgt wiederum nur acht Tage später.
"In den nächsten drei Wochen wird man viele Antworten auf das Trainerbeben bei Bayern bekommen", sagt t-online-Kolumnist Stefan Effenberg. Es sehe den Druck jetzt schon auf Tuchel lasten, aber vor allem auch auf den Klubverantwortlichen um Vorstandsboss Oliver Kahn, Vorstandsboss Hasan Salihamidzic und Herbert Hainer. Mit der Entlassung von Nagelsmann und der Verpflichtung von Tuchel seien auch die Bosse ins Risiko gegangen und würden jetzt in den Fokus rücken.
Die Wochen der Wahrheit
Tuchel selbst ist all das bewusst, auch wenn es freilich ein "ungewöhnlicher Zeitpunkt" sei, um zu so einem großen Klub zu kommen. "Im April und Mai sind sehr wichtige Wochen für Klubs wie den FC Bayern, die sich über Titel definieren. Es sind die Wochen der Wahrheit", sagte er vor seinem Kickstart darin. Dort werde die Luft dünn und es zähle jeder Schritt.
In diesen acht bis zehn entscheidenden Wochen entstehe großer Druck. "Das Beste ist, das anzuerkennen, damit umzugehen, es als Herausforderung und Freude zu sehen", sagte er: "Jeder hier ist es gewohnt, mit Druck umzugehen, diesen Anspruch habe ich auch an mich selber." Schon bei seinen vergangenen Stationen hatte sich Tuchel bereits stets als Startspezialist erwiesen. Chelsea führte er vor zwei Jahren in einer ähnlichen Ausgangsposition ein paar Monate später sogar zum Champions-League-Titel.
In München hinterließ Tuchel nun, wie schon bei seiner Vorstellung, erneut einen rhetorisch souveränen und sehr fokussierten Eindruck. Seine Erfahrungen, die er in den vergangenen Jahren bei Paris Saint-Germain und zuletzt dem FC Chelsea gemacht hat, helfen ihm dabei.
Gleich in seiner ersten Übungseinheit verpasste er Sorgenkind Leroy Sané vor den Augen der anwesenden Journalisten einen symbolischen Tritt in den Hintern. Wie t-online erfuhr, werden Tuchels erste Auftritte an der Säbener Straße sehr positiv wahrgenommen. Sein Auftreten und seine Ausstrahlung empfinden viele Mitarbeiter des Klubs und speziell die Spieler bereits in den ersten Tagen als mitreißend.
Tuchel: "Uli Hoeneß ist der FC Bayern"
An seinem am zuletzt schwierigen Verhältnis zu Klubpatron Hans-Joachim Watzke war Tuchel beim BVB einst noch gescheitert. Er scheint aus seinen Fehlern der Vergangenheit gelernt zu haben.
Schon bei der Antrittspressekonferenz bedankte er sich nun nämlich explizit auch bei Ehrenpräsident Uli Hoeneß für dessen Vertrauen – obwohl der 71-Jährige mittlerweile eigentlich "nur" noch Aufsichtsratsmitglied des Klubs ist.
"Der FC Bayern ist Uli Hoeneß – und Uli Hoeneß ist der FC Bayern", sagte Tuchel dennoch, "Deshalb war es mir sehr wichtig und ein großes Anliegen, vor meiner Unterschrift mit ihm telefonisch zu sprechen." Hoeneß hatte 2017 und 2018, als der damalige Vorstandsboss Karl-Heinz Rummenigge Tuchels Verpflichtung vorantrieb, noch sein Veto einlegt. Nachdem der FC Bayern dann Niko Kovac verpflichtet hatte, sagte Hoeneß damals: "Die Schlaumeier wollten uns Tuchel als Wunschtrainer einreden."
Diese Überzeugungsarbeit musste bei den Bayern in der aktuellen Situation nun niemand mehr leisten. Hoeneß hat seine Meinung über Tuchel mittlerweile geändert und der hatte eine besondere Botschaft für ihn: "Ich wollte ihm sagen und ihn wissen lassen, dass ich mein Bestes gebe, um gut auf seinen Klub aufzupassen."
Tuchel ist nun zwar erst eine Woche als Chefcoach an der Säbener Straße. Trotzdem scheint er bereits ganz genau zu wissen, wie er das Spiel beim FC Bayern zu spielen hat. Das Duell mit dem BVB wird einen ersten Hinweis darauf geben, ob er damit auch Erfolg hat.
- Reporter vor Ort bei Tuchels Vorstellungspressekonferenz am 25. März
- Reporter vor Ort bei Tuchels Spieltagspressekonferenz am 31. März
- Eigene Recherche
- Telefongespräch mit Stefan Effenberg