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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nagelsmann ist sauer Immer wieder Maulwurf-Ärger bei den Bayern
Nagelsmann ist längst nicht der erste Trainer, der mit einem Maulwurf beim FC Bayern zu tun hat. Von Guardiola bis Kovac – t-online blickt zurück.
Zunächst war Julian Nagelsmann noch darum bemüht, dieser ernsten Angelegenheit beim FC Bayern mit Humor zu begegnen. Man werde nicht herausfinden, wer der "Maulwurf" gewesen sei, sagte Nagelsmann, nachdem jemand aus seinem Team Fotos von mannschaftsinternen Taktik-Ausführungen weitergegeben hatte, die die "Sport Bild" am Mittwoch veröffentlichte.
"Maulwürfe stehen, glaube ich, unter Artenschutz. Wenn man über das bayerische Land fährt, sieht man an jedem Feld 80.000 Maulwurfshügel und die darf man nicht beseitigen", scherzte der Bayern-Trainer, "die Suche ist daher sehr kompliziert."
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Dass ihn das Thema trotzdem ziemlich beschäftigt, daraus machte Nagelsmann aber erst gar kein Geheimnis. "Mir ist wichtig, dass ich abends in den Spiegel schauen kann, dass ich gut mit meinen Spielern und mit meinen Trainerkollegen umgehe", sagte Nagelsmann. "Die Person wird hoffentlich nicht so gut in den Spiegel schauen können, weil es sich einfach nicht gehört." (Mehr zu Nagelsmanns Maulwurfproblem und was er noch dazu sagt, lesen Sie hier)
Jetzt hat also auch er ganz offiziell ein Maulwurfproblem – und ist damit in guter Gesellschaft. Denn Nagelsmann ist längst nicht der erste Bayern-Trainer, der mit einer undichten Stelle im Verein zu kämpfen hat. Im Gegenteil: Maulwürfe, die Interna an die Öffentlichkeit bringen, haben an der Säbener Straße eine lange Tradition. t-online blickt auf die Maulwurf-Affären beim FC Bayern zurück:
Niko Kovac (Trainer von Juli 2018 – November 2019)
Nach seinem Dienstantritt in München dauerte es nicht lange, bis sogar die Aufstellungen des Kroaten vorab in den Medien zu lesen waren. Auch dass Kovac intern anmerkte, dass ihm das Aufwärmen seiner Ersatzspieler zu lax sei, landete schnell dort. Und nachdem er seine Spieler intern darum bat, keine Interna mehr an die Presse zu tragen, wurde auch das prompt öffentlich.
"Ich bin's nicht", scherzte Kovac über die Maulwurfsuche. Einen Verdacht hatte er aber wohl zumindest schon. "Wenn Sie die beiden erwischen...", sagte er und verplapperte sich dann aber doch nicht: "Ach, die beiden sage ich schon. Das war ein Versprecher. Wenn Sie denjenigen erwischen, dann geben Sie mir vielleicht Bescheid und ich spreche mal mit ihm." Kovac versuchte, sein Team bei der Ehre zu packen, und sagte: "In der Geschichte gab es genug Beispiele, ob es Troja war, ob es Cäsar war. Wir müssen zusammenhalten, vom Zeugwart bis zum Trainer." Es half trotzdem nichts.
Carlo Ancelotti (Trainer von Juli 2016 – September 2017)
Der Italiener musste sich mit harten Vorwürfen auseinandersetzen, die in der Öffentlichkeit landeten: Ancelotti soll damals nämlich, wie der Maulwurf berichtete, die spanischsprachige Fraktion um Thiago, James & Co. in seiner Mannschaft bevorzugt behandelt haben. Der Schluss liegt zumindest nahe, dass einige darunter vermeintlich leidende Ersatzspieler Interesse daran hatten, diese Information nach Außen zu tragen.
Darüber, dass der Mannschaft das Training damals zu lax war, hätte Kovac sich wahrscheinlich gefreut. Ancelotti wurde das aber von mehreren Führungsspielern, die sich und die Mannschaft unterfordert fühlten und deshalb bei den Klubbossen klagten, zum Vorwurf gemacht. Auch dieser Vorgang landete natürlich in der Presse. Dass Ancelottis Fitnesstrainer Giovanni Mauri sogar in der Kabine rauchte, blieb ebenfalls nicht lange geheim.
Hasan Salihamidzic (2017 Sportdirektor, seit 2020 Sportvorstand)
Auch der heutige Sportvorstand des Rekordmeisters hat schon Bekanntschaft mit dem Maulwurf an der Säbener Straße gemacht. Direkt als er 2017 als Sportdirektor bei Bayern anfing, wurde er mit veröffentlichten Interna konfrontiert. Darin hieß es, dass beim Rekordmeister über Thomas Lemar (Atlético Madrid) als Neuzugang für die Offensive diskutiert wurde. Wie der "Kicker" berichtete, habe Salihamidzic den Franzosen allerdings nicht gekannt. Und in dem Meeting gesagt, er werde sich erst einmal bei Youtube angucken, was Lemar könne.
Pep Guardiola (Trainer von Juli 2013 – Juni 2016)
Den wohl härtesten Kampf gegen den Maulwurf an der Säbener Straße führte aber Pep Guardiola. Als einer seiner Spieler gleich in seiner ersten Saison taktische Anweisungen und Kniffe an die Medien weitergab, tobte der Spanier. "Denjenigen schmeiße ich raus", soll der Startrainer in seiner ersten Reaktion gesagt haben: "Er wird nie wieder unter mir spielen." Der damalige Bayern-Präsident Uli Hoeneß kommentierte die Angelegenheit damals süffisant "Die Spieler lachen sich halb tot über die Schlagzeilen. Ich lächle auch darüber. Wenn das unsere einzigen Probleme sind, können wir gut damit leben"
Guardiola fand das Ganze aber nicht so witzig. Zwischendurch hieß es mal, der der Maulwurf sei enttarnt worden und habe den Verein verlassen. 2016 gelangten allerdings wieder pikante Informationen an die Medien. Denen zufolge würde es in der Mannschaft brodeln, hieß es damals. Die "Bild" berichtete sogar von einem Kabinenstreit beim Champions-League-Aus gegen Atlético Madrid.
"Welcher Spieler ist der anonyme Spieler? Wo spielt dieser Anonymus?", fragte Guardiola zornig bei einer Pressekonferenz. "Diese Person trifft nicht mich, sie trifft die Mannschaft und den Verein. Es ist ein Problem für den Verein." Den Maulwurf fand er trotzdem nicht. Und Thomas Müller beschrieb das Problem auf seine Art: "Es ist bei uns schwierig, dass die Gespräche hinter den vier Wänden bleiben. Wir haben durchlässige Ziegel."
Maulwürfe in den 90ern und 70ern
Die Tradition der Maulwürfe beim FC Bayern geht aber noch viel weiter zurück. Jürgen Klinsmann beschwerte sich 1996 mal, das Vertragsdetails in der Öffentlichkeit landeten. "Ich warte nur noch darauf, wann mein ganzer Vertrag als Kopie in der 'Bild'-Zeitung steht", schimpfte er damals. Zwei Jahre später beklagte Lothar Matthäus, dass eine gegen ihn verhängte Geldstrafe an die Presse gelangt war und musste feststellen: "Es gibt schon wieder einen Maulwurf."
Der langjährige Vorstandsvorsitzende Karl-Heinz Rummenigge berichtete sogar von einem gefassten Maulwurf zu seinen Spielerzeiten. "Wir hatten mal einen Fall. Den Jupp Kapellmann", sagte Rummenigge der "Süddeutschen Zeitung", "zu meiner Zeit in den 70er Jahren. Den musste Uli (Hoeneß; Anm. d. Red.) zum Schluss verkaufen, weil die Mannschaft es so wollte."
So weit ist es zum Glück bei Nagelsmann nun noch nicht.
- Eigene Recherche
- sport1.de: "Kovac und das Maulwurf-Problem"
- Nachrichtenagenturen dpa und SID