Derby zwischen St. Pauli und HSV Hier wird entschieden, welchem Team die Stadt gehört
Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.
Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.Es ist wieder soweit: Die zwei wichtigsten Mannschaften meiner Heimatstadt treffen aufeinander. Warum das Derby eines der wenigen Ereignisse ist, das Hamburg spaltet.
Von Altona bis Wandsbek ist sich jeder sicher: Hamburg ist die schönste Stadt der Welt. Nicht selten wird diese Annahme auch von Hamburgern verbreitet, die es inzwischen in eine andere Stadt verschlagen hat. Lokalpatriotismus wird in der hanseatischen Metropole großgeschrieben. Wenn man die Politik außen vor lässt, gibt es nur eine Sache, die den Zusammenhalt bröckeln lässt: ein Derby zwischen dem HSV und dem FC St. Pauli.
Das Derby der Gegensätze
Als HSV-Fan ist mir das Duell zwischen den beiden Mannschaften eine wichtige Angelegenheit: Nach dem verpassten Aufstieg in der letzten Saison ist das Spiel gegen St. Pauli einer der wenigen Momente, in denen die angeknacksten ''Rothosen'' wieder ihre Dominanz in Hamburg demonstrieren können. Hier geht es um die Frage, welcher Mannschaft die Stadt gehört. Auch wenn ich den Hamburger SV lieber wieder in der ersten Liga sehen würde, freue ich mich dennoch auf jedes Zusammentreffen mit Pauli. Kein anderes Fußballspiel fühlt sich persönlicher und emotionaler an.
In dieser Situation ist Hamburg ausnahmsweise in zwei Lager gespalten, die sich gegenseitig mit Klischees und Vorurteilen überziehen. Anhänger des FC St. Pauli stehen demnach für den alternativen Teil der Stadt, man erkennt sie meistens an ihren Totenkopf-Hoodies und dem Astra-Bier. Fans des Hamburger SV gelten für sie meistens als Schnösel, die sich zu fein sind, um den Underdog anzufeuern und lieber Sekt in der VIP-Loge des Volksparkstadions trinken.
Ganz so einfach ist es natürlich nicht. Trotzdem treffen bei dem kommenden Stadt-Derby (ab 20.30 Uhr im Live-Ticker) Gegensätze aufeinander. Hier der frühere Meister und Europapokal-Sieger HSV, dort Zweitliga-Urgestein und Kult-Klub St. Pauli.
Schon Tage vorher knistert es in der Stadt: Polizisten sind im Dauereinsatz, um randalierende Fans beider Seiten unter Kontrolle zu halten. Trotz der Vorkehrungen sind am Montag – wie auch in vergangenen Spielen – Krawalle und Pyro-Ausschreitungen im Stadion zu erwarten.
Der HSV muss sich beweisen
Bevor der Hamburger SV in der vorletzten Saison abgestiegen ist, konnte ich als Fan dem "kleinen Rivalen" in der 2. Liga noch eine gewisse Arroganz entgegenbringen. Denn: Der HSV war nicht nur die Nummer eins in der Stadt, sondern gleichzeitig auch der Bundesliga-Dino, der von uns Anhängern als unabsteigbar betitelt wurde. Dabei wurde gerne mal ignoriert, dass die ''Rothosen'' schon seit Jahren auf den letzten Plätzen der Liga dümpelten. Dass mein Lieblingsverein tatsächlich mal den – damals noch selbstverständlichen – Startplatz in der Bundesliga verlieren könnte, war ein absurder Gedanke. "Das schaffen wir schon, den Klassenerhalt sichern wir immer irgendwie", hörte ich mich selber sagen. Bis der HSV ihn dann in der Saison 2017/18 tatsächlich verpasste.
Für meinen Geburtsort Hamburg wünsche ich mir insgeheim, dass beide Teams in die Bundesliga aufsteigen und gemeinsam Fußball-Deutschland aufmischen. Bis dahin freue ich mich auf weitere aufregende Duelle auf Augenhöhe – in der schönsten Stadt der Welt.