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OB-Wahl in Stuttgart: Zerstrittene Linke verhalfen Frank Nopper zum Sieg


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OB-Wahl in Stuttgart
Ein Sieg, der keiner ist

Von Tilman Baur

Aktualisiert am 30.11.2020Lesedauer: 3 Min.
Frank Nopper steht nach der Neuwahl des Stuttgarter Oberbürgermeisters im Rathaus: Der Kandidat der CDU hat die Wahl gewonnen.Vergrößern des Bildes
Frank Nopper steht nach der Neuwahl des Stuttgarter Oberbürgermeisters im Rathaus: Der Kandidat der CDU hat die Wahl gewonnen. (Quelle: Sebastian Gollnow/dpa-bilder)

Eine Analyse des Ergebnisses zeigt: Der neue Stuttgarter Oberbürgermeister Frank Nopper hat die Wahl nicht wirklich gewonnen. Eher hat das zerstrittene linke Lager sie verloren.

Die Sensation ist in Stuttgart ausgeblieben. Ein 30-Jähriger auf dem Chefsessel im Rathaus, dieses Experiment war einer Mehrheit der Wähler der Landeshauptstadt am Ende vielleicht doch zu gewagt. Der Sieg des CDU-Kandidaten Frank Nopper bei der Stichwahl am Sonntag fällt mit gut fünf Prozentpunkten Vorsprung vor Marian Schreier dennoch viel knapper aus, als viele gedacht hätten. Und das, obwohl mit Hannes Rockenbauch auch noch ein dritter aussichtsreicher Kandidat bis zum Ende im Rennen mitmischte.

Schreier kann schon allein deshalb als heimlicher Wahlsieger gelten, weil er bei der Stichwahl ohne großen Bekanntheitsgrad 36,9 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen konnte, was mehr als 73.000 Stimmen entspricht. Im ersten Wahlgang vor drei Wochen hatte er noch mit 15 Prozent hinter Frank Nopper und Veronika Kienzle gelegen. Die Grüne hatte nach ihrem enttäuschenden Ergebnis (17 Prozent) ihre Kandidatur zurückgezogen.

Nopper siegte mit den Randbezirken

Mit Nopper setzen die Wähler in Stuttgart auf Sicherheit, Beständigkeit und OB-Erfahrung. Der Oberbürgermeister der Kleinstadt Backnang hatte in zwei großen Livedebatten im November zwar erstaunlich farblos gewirkt. Doch seine grundsolide Botschaft von Bürgernähe und Erfahrung sowie sein Versprechen, eine Stadt, die sich oft unter Wert verkauft, wieder "zum Leuchten zu bringen", hat am Ende eine Mehrheit überzeugt.

Dennoch tritt der 59-jährige gebürtige Stuttgarter sein Amt mit einer dicken Hypothek an. Denn wer die Wahlergebnisse im Detail betrachtet, stellt fest, dass der neue Oberbürgermeister keinen einzigen der fünf großen Innenstadtbezirke gewinnen konnte. Stattdessen eilte Schreier ihm hier um bis zu 17 Prozentpunkte davon.

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Das urbane Stuttgart wollte Neues wagen und dem jungen Marian Schreier ins Rathaus verhelfen. Nopper holte seinen Wahlsieg in der Peripherie: In Randbezirken wie Hedelfingen, Münster oder Mühlhausen konnte der CDU-Veteran Traumergebnisse von teilweise mehr als 50 Prozent einfahren. Zu Noppers Hypothek gehört zudem, dass nicht einmal jeder fünfte Wahlberechtige für ihn gestimmt hat. Denn nur 44,7 Prozent der Wahlberechtigten haben am Sonntag überhaupt abgestimmt. Auf Nopper entfielen gut 83.000 Stimmen und damit 20.000 Stimmen weniger als auf seinen Amtsvorgänger Fritz Kuhn (Grüne) vor acht Jahren.

Rockenbauch verhalf der CDU zum Sieg

Noppers Sieg resultiert nicht zuletzt aus der Geschlossenheit des konservativen Lagers. Der CDU-Kreisverband ließ nie einen Zweifel daran, von ihrem Kandidaten überzeugt zu sein, und Konkurrenz aus dem eigenen Lager gab es keine. So geschlossen die Reihen der Konservativen, so lückenhaft präsentierten sich jene des ökosozialen Lagers. Nach dem ersten Wahlgang konnten die Kandidatinnen und Kandidaten der Mitte-Links-Parteien weit mehr als 50 Prozent der Wählerstimmen auf sich vereinigen.

Weil Hannes Rockenbauch aber trotz schlechterer Platzierung nach dem ersten Wahlgang nicht bereit war, seine Kandidatur zugunsten Schreiers zurückzuziehen, verteilten sich die Stimmen links der Mitte am Sonntag auf zwei Kandidaten. Der lachende Dritte heißt Frank Nopper.

Für Hannes Rockenbauch muss die Niederlage doppelt schmerzen. Zum einen gilt er vielen nun als derjenige, der der CDU zur Wiedereroberung des Rathauses verholfen hat – ein prestigeträchtiger Posten, den Kandidaten der Christdemokraten seit Kriegsende bis 2012 dauerhaft besetzen konnten und der nach dem des Ministerpräsidenten als wichtigster im Land gilt.

Zum anderen hat sich der 40-Jährige den Schneid von einem zehn Jahre jüngeren Newcomer abkaufen lassen, den in Stuttgart bis vor wenigen Wochen kaum jemand kannte. Und das, obwohl Rockenbauch selbst seit 16 Jahren im Gemeinderat sitzt, zu den Veteranen des Widerstands gegen das Bahnhofsprojekt Stuttgart 21 zählt und zu den wenigen Lokalpolitikern gehört, die über die Stadtgrenzen hinaus bekannt sind.

Dass er sich im zweiten Wahlgang im Gegensatz zu Marian Schreier kaum verbessert hat, hat er sich selbst zuzuschreiben. Seine Auftritte grenzten zuletzt an Selbstherrlichkeit, und seine radikalen Positionen, darunter vor allem seine verbissene S21-Gegnerschaft, treffen bei der überwiegenden Mehrheit der Stadtgesellschaft schon längst auf taube Ohren.

Verwendete Quellen
  • Twitter-Account Jan-Georg Plavec
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