Biofach und Vivaness eröffnet Alles Bio oder was? Krisenstimmung dämpft Euphorie der Branche

Bio ist nicht mehr nur was für Ökos, genauso wenig wie Naturkosmetik. Welche Entwicklung die Branche hingelegt hat, ist auf der Biofach und Vivaness zu sehen.
Trotz Inflation und wirtschaftlicher Unsicherheiten greifen viele Menschen noch gerne bei Bio-Lebensmitteln zu – allerdings nicht mehr ganz so kräftig wie in den Corona-Jahren. 2020 und 2021 war die Bio-Branche besonders kräftig gewachsen, weil während der Corona-Krise mehr Menschen zu Hause gekocht hatten. Fachleute gehen davon aus, dass die Nachfrage nach Bio trotzdem weitgehend stabil bleibt.
Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) eröffnet am Dienstag die Biofach und die parallel veranstaltete Naturkosmetikmesse Vivaness. Dort werden bis Freitag mehr als 2.700 Ausstellende aus rund 90 Ländern ihre Neuheiten präsentieren. Schwerpunkte sind in diesem Jahr unter anderem der Beitrag von Bio zur Ernährungssicherheit, neue Verpackungslösungen und vegane Produkte.
Eine Umfrage des Bundesagrarministeriums hatte zuvor ergeben, dass 33 Prozent aller Menschen in Deutschland häufig Bio kaufen und 49 Prozent gelegentlich. Zukünftig wollen es demnach 38 Prozent häufig und 47 Prozent gelegentlich tun. Beliebteste Biowaren sind laut dem "Öko-Barometer" Eier, Gemüse und Obst. Bio-Lebensmittel kaufen die Menschen demnach überwiegend im Supermarkt.
Naturkosmetik auf der Vivaness: Sprung in den Massenmarkt
Auch die Naturkosmetik ist längst nicht mehr nur was für Ökos. Von der Reformhaus-Nische hat diese den Sprung in den Massenmarkt geschafft. Seit Jahren erobert natürliche Pflege immer mehr Platz in den Regalen von Drogerien und Parfümerien. "Es ist normal geworden – und es wird auch erwartet, dass das angeboten wird", sagt der Geschäftsführer des Bundesverbands Parfümerien, Elmar Keldenich. Doch nun scheint das Wachstum erstmals gestoppt. Eine Trendumkehr sehen die Fachleute jedoch nicht.
"Das Interesse an Naturkosmetik hält an", sagt die Marktexpertin Mirja Eckert. "Aktuell machen sich die wirtschaftlichen Einflüsse aber bemerkbar. Die Probierfreudigkeit kommt gerade etwas ins Stocken." Bis Freitag werden auf der Vivaness, die parallel zur Biofach veranstaltet wird, nach Angaben der Messe rund 200 Unternehmen ihre Neuheiten präsentieren.
Die Naturkosmetik sei bisher Wachstumstreiber in der Körperpflege- und Kosmetikbranche gewesen, erläutert die Expertin Anna Scheepers vom Nürnberger Marktforschungsunternehmen GfK, das auch am Branchenmonitor beteiligt ist. "In 2022 sehen wir allerdings keinen Käuferzuwachs." Und die, die Naturkosmetik nutzten, griffen verstärkt bei den preiswerteren Eigenmarken des Handels zu. "Durch den höheren Anteil günstigerer Produkte sinkt aktuell auch der Umsatz im Vergleich zum Vorjahr", sagt Scheepers.
Handel sieht trotz Rückgang großes Potenzial
14,3 Milliarden Euro gaben die Menschen in Deutschland nach Hochrechnungen des Industrieverbands Körperpflege- und Waschmittel 2022 für die Schönheitspflege aus – und damit rund 5 Prozent mehr als im Jahr zuvor. Der Umsatz mit Naturkosmetik sei dagegen erstmals seit vielen Jahren mit minus 3,5 Prozent rückläufig gewesen und erreichte einen Anteil von etwa 5 Prozent am deutschen Kosmetikmarkt, erläuterte Geschäftsführer Thomas Keiser.
Trotzdem sieht der Handel weiterhin große Potenziale bei der natürlichen Pflege. So will Deutschlands größte Parfümeriekette Douglas ihr Naturkosmetik-Sortiment in den Filialen und im Online-Handel weiter ausbauen. "Naturkosmetik wird aus unserer Sicht ein Wachstumsmarkt bleiben, da das Thema Nachhaltigkeit sowohl gesamtgesellschaftlich als auch für die jüngeren Generationen immer wichtiger wird", teilte ein Sprecher mit.
- Nachrichtenagentur dpa