Mainz Land stellt "Corona-Fahrplan für den Frühling" vor
Eine Woche vor den Bund-Länder-Beratungen über den weiteren Weg in der Pandemie hat Rheinland-Pfalz wesentliche Lockerungen der bisherigen Maßnahmen in Aussicht gestellt: Im Einzelhandel fällt die 2G-Regelung, Restaurantbesuche sollen wieder ohne Testnachweis oder Auffrischungsimpfung möglich sein, und bei Großveranstaltungen könnten bis zu 10.000 Besucher zugelassen werden. Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) sagte am Mittwoch in Mainz, dass sie sich für entsprechende bundeseinheitliche Beschlüsse einsetzen werde.
Die Einzelhandelsbranche, in der zuletzt der Unmut über die 2G-Regelung immer größer geworden war, nachdem sie in Nachbarländern gefallen war, zeigte sich zufrieden. Er freue sich, dass nun eine Vereinheitlichung komme und die Verwirrung bei Kunden und Verkäufern ein Ende habe, sagte der Präsident des Handelsverbandes Mitte für Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland, Jan Sebastian. Damit sei auch Schluss mit der Wettbewerbsverzerrung in grenznahen Regionen. Die Industrie- und Handelskammer für die Pfalz sprach von einem "wichtigen Zeichen für den Handel, der besonders stark durch die Einschränkungen durch die Pandemie betroffen ist".
Dreyer sagte: "Wir alle sind mürbe nach zwei Jahren Pandemie und sehnen uns nach Erleichterungen, wenn es das Infektionsgeschehen zulässt." Sie werde bei der nächsten Ministerpräsidentenkonferenz (MPK) der Länderregierungschefs mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am kommenden Mittwoch klare Vorschläge machen. "Wir wollen in Rheinland-Pfalz den Menschen eine verlässliche Perspektive für das Frühjahr geben."
"Klar ist, dass 2G im Handel auf jeden Fall fallen wird", betonte Dreyer. Die Corona-Bekämpfungsverordnung des Landes werde nach der MPK entsprechend geändert und zum 18. Februar wirksam werden. Zuletzt hatten bereits mehrere andere Bundesländer - darunter Hessen und das Saarland - die im Dezember eingeführte Regelung aufgehoben, zum Teil nach Gerichtsentscheidungen. In Rheinland-Pfalz ist derzeit ein Verfahren zu 2G im Einzelhandel bei den obersten Verwaltungsrichtern des Landes beim Oberverwaltungsgericht (OVG) in Koblenz anhängig, wie ein Sprecher mitteilte. Dies sei ein Eilrechtsschutzverfahren gegen eine Firma aus der Spielwarenbranche, die zuvor vor dem Mainzer Verwaltungsgericht unterlegen gewesen sei.
"Einkaufen wird dann wieder ganz normal möglich sein, lediglich mit der Maske", sagte die rheinland-pfälzische Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). Dabei werden FFP2-Masken empfohlen, sind aber keine Pflicht. Sebastian vom Handelsverband sagte, es sei zwar schade, dass 2G erst zum 18. Februar in Rheinland-Pfalz ende, die Branche wisse aber auch, dass die mit einer neuen Verordnung verbundene Änderung etwas Zeit brauche. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Landtagsfraktion der Freien Wähler, Stephan Wefelscheid, sagte, Dreyer und Schmitt habe der Mut gefehlt, die richtigen Schlüsse, die sie gezogen hätten, auch ad hoc umzusetzen.
Sebastian, der selbst in Mainz ein Juweliergeschäft hat, hatte im Vorfeld der Ankündigungen der Landesregierung moniert, die Inzidenzen etwa in Mainz, Wiesbaden und Frankfurt seien ähnlich, die Regeln für das Einkaufen nicht - und das, obwohl es ein Leichtes sei etwa für Menschen aus dem Mainzer Raum, auf Läden in Wiesbaden oder im nahen Main-Taunus-Zentrum auszuweichen. Dass 2G den Einzelhandel belaste, zeigten die Umsatzzahlen. Während die Erlöse in Rheinland-Pfalz noch immer 25 bis 35 Prozent unter denen vor der Corona-Pandemie lägen, sei das Minus in anderen Ländern ohne 2G geringer.
Patrick Sterzenbach, Vorsitzender der City Initiative Trier und Betreiber von Modegeschäften in der Stadt, beobachtete zuletzt eine Abwanderung von Kunden etwa ins Saarland. "Uns steht das Wasser bis zum Hals", sagte er. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Saarland in Saarbrücken, Fabian Schulz, berichtete von einer Art Shopping-Tourismus, der sei vor allem in den Regionen nahe der rheinland-pfälzischen Grenze wie in Homburg spürbar.
Auch Schulz dürfte die nun angekündigte, geplante Vereinheitlichung der Regeln freuen. Er hatte vorher gesagt: "Der richtige Weg ist, dass wir bundeseinheitliche Regelungen haben. Dass da jedes Bundesland seine eigene Suppe kocht, ist für mich ein Riesennachteil." Da das Saarland im Dreiländereck Frankreich-Luxemburg-Deutschland liegt, wünsche er sich, "dass wir europaweit die gleichen Regelungen hätten".
Abseits des Einzelhandels soll es in Rheinland-Pfalz ab Freitag kommender Woche Lockerungen bei Großveranstaltungen wie Konzerten oder Fußballspielen geben. Hier soll bei Veranstaltungen in Innenräumen bis zu 30 Prozent der Kapazität bei maximal 4000 Besuchern zulässig sein, bei Veranstaltungen im Freien eine Auslastung von 50 Prozent mit maximal 10.000 Zuschauerinnen und Zuschauern.
Rheinland-Pfalz könne "Schritt für Schritt in ein Stück mehr Anpassung und Lockerung gehen", sagte Dreyer. In der Gastronomie sollen ab 4. März Geimpfte und Genesene keinen tagesaktuellen Test oder eine Auffrischungsimpfung mehr vorweisen müssen. Ebenfalls zum 4. März sollen die Kontaktbeschränkungen für Geimpfte wegfallen. Für Dienstleistungen wie den Friseurbesuch ist dann die 3G-Regelung vorgesehen. Und ab 7. März will die Landesregierung wieder Clubs und Diskotheken öffnen.
Zwar seien die Infektionszahlen noch hoch, sagte Dreyer, stiegen aber nicht mehr so dynamisch wie im Januar. Und die Krankenhäuser gingen sehr professionell mit der Situation um. "Wir gehen davon aus, dass wir den Scheitelpunkt Mitte Februar erreichen werden, auch hier in Rheinland-Pfalz."