Mainz "Wie mit dem Fahrrad auf der Autobahn": DLRG warnt vor Rhein
Angesichts steigender Temperaturen und mancherorts geschlossener Schwimmbäder haben DLRG und Polizei erneut mit Nachdruck vor dem Baden etwa im Rhein gewarnt. "Wir raten jedes Jahr aufs Neue davon ab", sagte Sprecher Marco Vogt von der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Rheinland-Pfalz. Fließgewässer seien keine Badestellen - auch wegen der Schifffahrt. "Der Rhein ist so stark befahren wie etwa eine Autobahn. Die würde man auch nicht mit dem Fahrrad befahren", sagte Vogt der Deutschen Presse-Agentur.
Am Sonntag meldete die Polizei den Tod eines 23-Jährigen: Der Mann war am Samstag bei Worms-Rheindürkheim im Rhein in Bedrängnis geraten. Zeugen hatten beobachtet, wie er mit den Armen wedelte und dann nach unten sank. Insassen eines vorbeifahrenden Sportboots konnten ihn zwar nach einigen Minuten aus dem Wasser ziehen - doch der 23-Jährige konnte nicht wiederbelebt werden. Am Sonntagmorgen starb der junge Mann im Krankenhaus.
Am Sonntag kam es dann an ähnlicher Stelle bei Worms erneut zu einem Einsatz von Feuerwehr und Rettungsdienst: Ein Mann war beim Baden im Rhein vom Wasser mitgerissen worden. Er konnte jedoch durch einen Jetski-Fahrer aus dem Wasser gerettet werden. Ein Polizeisprecher bestätigte einen entsprechenden Bericht der "Wormser Zeitung".
Im Juni waren ein fünfjähriger Junge und seine Mutter beim Baden am Rhein im hessischen Trebur gestorben. "Wir warnen regelmäßig davor, in fließenden Gewässern zu schwimmen. Das ist sehr gefährlich", sagte eine Sprecherin der Polizei in Hessen. Sie verwies auf einen Flyer der Behörden mit wichtigen Informationen. Die Menschen sollten sich nicht überschätzen - "das gilt gerade für Familien mit Kindern."
Die Idee überwachter Badestellen bezeichnete Vogt von der DLRG als "wenig zweckdienlich" und den falschen Weg, das reduzierte Schwimmbadangebot zu kompensieren. "Selbst wenn Sie bestimmte Bereiche von morgens bis abends bewachen, ist nicht gewährleistet, dass außerhalb der Wachzeiten oder an anderen Stellen Menschen in den Fluss steigen. Im Gegenteil: Man bestärkt die Menschen darin, sich der Gefahrenquelle Fluss unbedenklich zu nähern. Das wäre so, als wenn bestimmte Autobahnabschnitte für das Fahrrad frei gegeben würden. Welche Auswirkungen das auf die Sicherheit im Verkehr hätte, bedarf keiner hellseherischen Fähigkeiten."
Ein generelles Badeverbot aufgrund der Gefahr im Rhein wäre hier naheliegender - das gibt es aber nur in der Nähe von Bauwerken und nicht durchgehend. "Der bessere Weg ist, die Anzahl der Schwimmbäder im Land auf ein angemessenes Maß zu erhöhen, damit Menschen überall im Land sicher schwimmen können und Kinder das Schwimmen zutreffend erlernen. Im Moment sterben unwiderruflich bundesweit 80 Schwimmbäder pro Jahr", sagte Vogt. Hier gelte es zu handeln. "Die DLRG hat mit ihrer Petition "Rettet die Bäder" bereits 2019 mit 120 000 Unterschriften den Petitionsausschuss des Bundestages angerufen."
"Sicherlich ist der Vorschlag, Badestellen am Rhein zu überwachen, eine hilfreiche Maßnahme, um tödliche Badeunfälle zu reduzieren", sagte Abteilungsleiter Roland Lipp vom Deutschen Roten Kreuz (DRK). "Dennoch ist Schwimmenlernen der beste Schutz vor dem Ertrinken."
Der innenpolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Mainz, Dirk Herber, hatte unlängst gesagt, das geringe Angebot an Schwimmbädern in Rheinland-Pfalz und die Einschränkungen des Badebetriebs wegen der notwendigen Corona-Hygieneregeln führten dazu, dass viele Familien auf Badeseen und Fließgewässer wie den Rhein auswichen. An diesen Gewässern sei die Unfallgefahr aber viel höher als im Schwimmbad.
In Rheinland-Pfalz waren 2019 laut DLRG so wenige Menschen beim Baden ertrunken wie nie seit Beginn der Statistik vor 20 Jahren. Die Organisation zählte neun Badetote. 2018 waren 22 Menschen ertrunken. Auch in Hessen ging die Zahl zurück: Vergangenes Jahr gab es der DLRG zufolge 20 tödliche Badeunfälle, im Jahr davor waren es 36.
Eine Kooperation der Björn Steiger Stiftung und der DLRG Hessen will dafür sorgen, dass bei Notfällen an Badeseen und -stränden über Notrufsäulen Hilfe angefordert werden kann. Die ersten Säulen sind einer Mitteilung zufolge bereits in Betrieb, weitere Standorte sind demnach vereinbart und sollen im gesamten Bundesland folgen.
"Je mehr Tage wir mit hochsommerlichem Wetter haben, die zum Baden und Schwimmen einladen, desto höher fallen auch die Ertrinkungszahlen aus", sagte ein DLRG-Sprecher. 2018 war das Wetter besonders lange sommerlich gewesen. Mittel- und langfristige Faktoren, wie die Bewachung der Badestellen oder ob und wie gut die Menschen schwimmen können, lassen sich dem Sprecher zufolge nicht aus den Zahlen lesen.
Auch bundesweit ist laut DLRG im Jahr 2019 die Zahl der Badetoten im Vergleich zum Jahr davor gesunken. 417 Menschen ertranken danach im vergangenen Jahr in Gewässern, Bädern und Pools, 2018 waren es 504. Fast 80 Prozent der Ertrunkenen seien Männer gewesen. Dies sei vor allem auf Selbstüberschätzung und geringeres Risikobewusstsein zurückzuführen, hieß es - und auf Alkoholkonsum.