Nach angeblicher Antifa-Attacke Abgetrennte Finger von Neonazi in Braunglas-Container gefunden
Der Fall machte Schlagzeilen. Jetzt teilt die Staatsanwaltschaft Chemnitz mit: Die Finger von Neonazi Alexander W. sind aufgetaucht – sie lagen in einem Altglascontainer.
Seit zwei Wochen hat das sächsische Landeskriminalamt nach drei Fingern eines Neonazis gesucht. Jetzt wurden die Ermittler fündig, wie Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart t-online am Donnerstag bestätigte.
Die Finger lagen demnach in einem am Mittwoch sichergestellten Altglascontainer für Braun- und Grünglas zwischen Scherben. Wie sie dort hinkamen und wie die Polizei sie schließlich ausfindig machte, ist noch unklar. Die Beamten wollen dies derzeit aus ermittlungstaktischen Gründen nicht preisgeben. Möglicherweise habe ein Hund die Polizei auf die richtige Spur gebracht, mutmaßt die "Bild"-Zeitung. Beim Einsatz am Mittwoch war ein Hund dabei, bestätigte die Polizei.
"Freie Sachsen" fabulierten von "Macheten-Antifas"
Der Mann, dem die Finger abgetrennt wurden, galt in dem Fall zunächst als Opfer: Alexander W. hatte behauptet, eine Bande von Vermummten habe ihn am 15. August nachmittags im Chemnitzer Stadtpark überfallen. Die rechtsextreme Partei "Freie Sachsen" schrieb bei Telegram, "Macheten-Antifas" seien die Täter gewesen.
Diesen Behauptungen schenken die Ermittler inzwischen keinerlei Glauben mehr: Stattdessen ermitteln sie mittlerweile gegen den 28 Jahre alten Alexander W. wegen des Vortäuschens einer Straftat. Brisant: Alexander W. soll enge Kontakte zu einer Führungsfigur der "Freien Sachsen" haben. Gemeinsam mit dem Neonazi-Anführer Michael Brück soll W. vor einigen Jahren von Dortmund nach Chemnitz gezogen sein.
Bekannter von W. soll ihm die Finger abgehackt haben
Wussten die "Freien Sachsen" also sehr genau, dass W. nicht von Antifaschisten überfallen worden war? Auf ihrem Telegram-Kanal mit 151.000 Abonnenten veröffentlichen sie weiter Propaganda in engem Takt, zu den abgetrennten Fingern von Alexander W. schweigen sie allerdings, seitdem das Landeskriminalamt bekannt gab, gegen ihn zu ermitteln. Man werde "nachberichten, sobald es tatsächlich neue Erkenntnisse gibt", behaupteten die "Freien Sachsen" am Donnerstag auf eine Anfrage von t-online. Bisher ist dies jedoch nicht geschehen. Dafür löschte die rechtsextreme Partei am Donnerstag aber immerhin alte Beiträge aus ihrem Telegram-Kanal, in denen sie die "Macheten-Antifa"-These verbreitet hatte.
Laut LKA steht statt vorgeblichen Antifaschisten nun ein 37-jähriger Bekannter von W. im Verdacht, ihm die Finger abgetrennt zu haben. Oberstaatsanwältin Burghart sagte t-online, dies sei möglicherweise mit dem Einverständnis von W. passiert. Über das Motiv herrsche noch Unklarheit: Es könne sein, dass die beiden geplant hätten, die Tat politischen Gegnern in die Schuhe zu schieben. Aber auch andere Szenarien seien denkbar.
Zum Beispiel Drogenkriminalität könnte eine Rolle spielen. W. soll Berichten zufolge möglicherweise Schulden in der Chemnitzer Unterwelt gehabt haben. Er sei unter anderem wegen Betrugs, Brandstiftung, Urkundenfälschung und Körperverletzung vorbestraft, hieß es.
- Telefonat mit Oberstaatsanwältin Ingrid Burghart
- bild.de: "Neonazi-Finger in Braunglas-Container gefunden"
- Anfrage an die "Freien Sachsen"