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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Psychose-Patient vor Gericht Opfer erblindet durch Schläge und Tritte
In Frechen bei Köln soll ein Mann einen anderen so verletzt haben, dass dieser auf einem Auge blind wurde. Vor dem Kölner Landgericht wird nun verhandelt, ob der mutmaßliche Täter in die Psychiatrie eingewiesen werden soll. Er soll an einer schizophrenen Psychose gelitten haben.
"Es ist kein Allerweltsverfahren, in dem es um Schuld oder Nicht-Schuld geht, sondern etwas ganz anderes", erklärte der Bonner Strafverteidiger Uwe Krechel zu einem Fall, der am Montag vor der 22. Großen Strafkammer des Kölner Landgerichtes begann. Für Krechels Mandanten steht einiges auf dem Spiel: In dem Prozess soll entschieden werden, ob der 38-Jährige dauerhaft in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden muss.
Die Staatsanwaltschaft wirft dem Beschuldigten vor, dass er am 16. Juni 2021 in Frechen-Buschbell einen Mann massiv verletzt habe. Schauplatz sollen der Außenbereich am Wohnhaus des 38-Jährigen und der Garten des Nachbargrundstückes gewesen sein.
Laut Staatsanwaltschaft ging infolge der Schläge das mutmaßliche Opfer zu Boden. Der Beschuldigte soll den anderen Mann mit Tritten weiterhin attackiert haben, wodurch diesem das Augenlid riss. Nun sei der Mann auf einem Auge blind, heißt es in der Anklage. Nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft beging der Beschuldigte die Tat in einem Zustand schizophrener Psychose, war also nicht voll schuldfähig.
Frechen bei Köln: Beschuldigter soll Tat bereuen
Der 38-Jährige ist ein schlanker Mann mit Halbglatze und Vollbart, der im T-Shirt auf seinem Stuhl saß und sich immer wieder über die Arme strich, als ob er frieren würde. Fragen der Richterin beantwortete er leise und einsilbig. Während er die Vorsitzende ansah, entstanden zum Teil Falten auf seiner Stirn, so weit riss er die Augen auf.
Sein Mandant sei voll tiefster Reue, insbesondere über die Folgen der Verletzung und wolle die Tat in vollem Umfang einräumen, erklärte Strafverteidiger Krechel. Der Beschuldigte, der gegenwärtig in einer psychiatrischen Klinik in Essen untergebracht ist, sei aber erst vor zwei Tagen von seiner Schwester darüber informiert worden, dass nun das Verfahren beginne.
Nicht zuletzt aus diesem zeitlichen Grund werde man erst an einem der nächsten Prozesstage genauere Angaben machen, auch zum Lebenslauf des Mannes, der „Haken und Ösen auf der Strecke“ habe.
Verteidiger fordert Medikamente statt Psychiatrie
"Lässt sich das, was bisher nicht behandelt worden ist, auf andere Weise klären oder bedarf es wirklich des schärfsten Schwertes, des 63ers?", fragte der Verteidiger. Paragraf 63 des Strafgesetzbuches legt fest, dass Menschen unter bestimmten Umständen in der Psychiatrie untergebracht werden können, wenn sie in schuldunfähigem Zustand eine Straftat begangen haben.
Zu prüfen sei, so der Verteidiger, ob anstelle einer Einweisung in die Psychiatrie nicht auch denkbar sei, seinen Mandanten mit Medikamenten zu behandeln, so sie denn helfen.
Die Vorsitzende Richterin sagte, auch die Kammer verfolge nie das Ziel, jemanden aus Prinzip in der Psychiatrie unterzubringen. Am Mittwoch wird das Verfahren fortgesetzt. Eine Entscheidung soll nach aktueller Planung am 9. Juni fallen.
- Besuch der Hauptverhandlung