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Ukraine-Krise: Bleiben die Kohlekraftwerke im Rheinischen Revier länger am Netz?


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Krieg in der Ukraine
Laufen die Kohlekraftwerke im Rheinischen Revier doch länger?


Aktualisiert am 16.03.2022Lesedauer: 3 Min.
Ein Schaufelradbagger an der Tagebaukante beim Ort Lützerath in NRW: Ein Block vom Kraftwerk Neurath sollte eigentlich am 1. April vom Netz gehen.Vergrößern des Bildes
Ein Schaufelradbagger an der Tagebaukante beim Ort Lützerath in NRW: Ein Block vom Kraftwerk Neurath sollte eigentlich am 1. April vom Netz gehen. (Quelle: Jochen Tack/imago-images-bilder)

Der Krieg in der Ukraine könnte direkte Folgen für die Kohlekraftwerke im Rheinischen Revier haben. Stilllegungen könnten verschoben, alte Kraftwerke wieder ans Netz geholt werden. Das Ziel: Unabhängigkeit von Russland.

Es waren erst wenige Tage vergangen, seitdem Putin den Angriffskrieg auf die Ukraine gestartet hatte, als der NRW-Energieminister Andreas Pinkwart (FDP) forderte, den Kohle- und Atomausstieg zu überprüfen. Es dürfe "keine Denkverbote und Tabus" geben, sagte er Ende Februar. Hintergrund ist die Abhängigkeit Deutschlands von russischen Energieträgern, von Kohle, Öl und Gas.

Die Überlegungen von Pinkwart, die natürlich längst die Bundesebene erreicht haben, könnten direkte Auswirkungen auf das Rheinische Braunkohlerevier in der Kölner Bucht haben. Es erstreckt sich in einem Dreieck zwischen Mönchengladbach im Norden, Köln im Osten und Aachen im Westen. Und es sollte eigentlich bis 2030 stillgelegt werden.

Die Ampelkoalition hatte sich darauf verständigt, den Braunkohleausstieg, der bis 2038 geplant war, vorzuziehen. Das war jedoch vor Putins Angriff auf die Ukraine.

Bundesenergieminister Robert Habeck (Grüne) sagte Anfang März im Gespräch mit dem Deutschlandfunk: "Kurzfristig kann es sein, dass wir vorsichtshalber, um vorbereitet zu sein für das Schlimmste, Kohlekraftwerke in der Reserve halten müssen, vielleicht sogar laufen lassen müssen. Da muss der Pragmatismus jede politische Festlegung schlagen."

Kölner Bucht: RWE bereitet sich vor

Der Energiekonzern RWE ist der Betreiber der Kohlekraftwerke im Rheinischen Revier. Auf t-online-Anfrage teilt ein Sprecher mit, man prüfe derzeit bereits, wie und ob Kraftwerke als Notfallreserve zur Verfügung stehen können – "damit wir handlungsfähig sind".

Das könnte zum Beispiel bedeuten, Kohlekraftwerke wieder zu nutzen, die schon stillgelegt worden sind. Oder Kraftwerke, die kurz vor der Stilllegung stehen, länger am Netz zu lassen. Zum 31. Dezember vergangenen Jahres sind drei Kraftwerke vom Netz gegangen: Niederaußem C in Bergheim-Niederaußem, Neurath B und Weisweiler E. Im Kraftwerk Neurath im Süden von Grevenbroich soll der Block A eigentlich in wenigen Tagen, nämlich ab 1. April, stillgelegt werden.

Wie konkret die Pläne sind, die zu einer Neubewertung der Braunkohletagebaue im Rheinischen Revier führen könnten, ist derzeit unklar. Sowohl die Bundesnetzagentur als auch das NRW-Energieministerium äußern sich auf t-online-Anfrage zurückhaltend.

NRW-Energieministerium: "Nachjustierung der Schwerpunkt- und Prioritätensetzung"

Die Bundesnetzagentur, eine Regulierungsbehörde im Geschäftsbereich des Bundeswirtschaftsministeriums, teilte lediglich mit, Fragen der sicheren Strom- und Gasversorgung würden aktuell mit größter Priorität bearbeitet. Auf die Frage, ob es derzeit Gespräche mit Netzbetreibern, insbesondere der RWE, gibt, teilt die Behörde mit: "Die Bundesnetzagentur steht in engem Kontakt zu den Unternehmen der Energiewirtschaft."

Das NRW-Energieministerium teilt auf Anfrage mit, die russische Invasion der Ukraine sei in vielerlei Hinsicht eine Zäsur. In Bezug auf die Energiepolitik müssten Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit wieder stärker in den Fokus rücken. Das bedeute nicht, dass Klimaschutz zukünftig in den Hintergrund treten soll – die veränderte Situation verlange aber eine "Nachjustierung der Schwerpunkt- und Prioritätensetzung".

Kurzum: Man braucht kurzfristige Lösungen, um unabhängiger von Russland zu sein. Und diese kurzfristigen Lösungen könnten das sein, was nun mal schon in Deutschland installiert und funktionstüchtig ist: die Braunkohlekraftwerke.

Das NRW-Ministerium: "Vor dem Hintergrund der dynamischen Entwicklungen ist es wenig sinnvoll, gesicherte Stromerzeugungskapazitäten kurzfristig stillzulegen." Es sollte also geprüft werden, ob die Stilllegung von Kohlekraftwerken temporär ausgesetzt werden könne, heißt es weiter. Der Kohleausstieg werde dadurch nicht grundsätzlich infrage gestellt.

Viele Treffen und "regelmäßiger Austausch"

In den vergangenen Tagen hätten "zahlreiche Gespräche auf verschiedenen Ebenen zu den im Raum stehen Maßnahmen stattgefunden", ebenso verschiedene Sondertreffen, teilt das Energieministerium weiter mit. Die Landesregierung stehe in regelmäßigem Austausch mit Bund und Ländern.

Auch an der Leitentscheidung des Landes aus dem vergangenen Jahr soll sich laut NRW-Energieministerium nichts ändern. Die Leitentscheidung plant eine Verkleinerung aller drei Braunkohletagebaue und sieht für zwei von dreien ein vorzeitiges Auslaufen bis Ende 2029 vor.

Die Leitentscheidung betrifft auch die fünf Dörfer Keyenberg, Berverath, Kuckum, Unterwestrich und Oberwestrich, die vom Tagebau Garzweiler im Nordrevier bedroht sind. Lange war geplant, die Orte abzureißen, um die Braunkohle unter ihnen abbaggern zu können. Viele Menschen sind schon in neu angelegte Dörfer umgesiedelt worden. Dann hatte die Leitentscheidung eine endgültige Entscheidung über die Orte bis 2026 vertagt. Die Ampelkoalition hatte Ende vergangenen Jahres wiederum verkündet, die fünf Dörfer erhalten zu wollen.

Verwendete Quellen
  • Anfrage an die Bundesnetzagentur
  • Anfrage an das Energieministerium Nordrhein-Westfalens
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