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NRW/Hannover: Freiwillige Feuerwehr hilft in der Flutkatastrophe über Landesgrenzen hinaus


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Von Hannover nach Euskirchen
Hochwasser in NRW: "Ein gespenstisches Bild war das"


Aktualisiert am 19.07.2021Lesedauer: 4 Min.
Kevin Schumann von der Freiwilligen Feuerwehr (FFW) Eilvese aus der Region Hannover zieht einen Schlauch in eine mit Wasser vollgelaufene Tiefgarage in Euskirchen: Der junge Mann will einfach "den Menschen helfen".Vergrößern des Bildes
Kevin Schumann von der Freiwilligen Feuerwehr (FFW) Eilvese aus der Region Hannover zieht einen Schlauch in eine mit Wasser vollgelaufene Tiefgarage in Euskirchen: Der junge Mann will einfach "den Menschen helfen". (Quelle: René Denzer)
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Nach der Flutkatastrophe in Euskirchen ist die Solidarität groß. Auch ein Feuerwehrmann aus dem Nachbarbundesland Niedersachsen ist vor Ort. t-online hat ihn bei seinem Einsatz begleitet.

Auf der einen Seite Chaos, Zerstörung und vernichtete Existenzen. Auf der anderen Solidarität, Zivilcourage, Trost und handfeste Hilfe. Und die kommt in Euskirchen auch von weiter weg: aus Niedersachsen, konkret aus der Region Hannover. t-online hat sie beim Einsatz begleitet.

Die Aggregate halten die Pumpen am laufen. Sie befördern Tausende Liter Wasser pro Minute aus dem Kellergeschoss eines Bekleidungsgeschäfts und aus einer Tiefgarage eines Häuserblocks. In dem ist auch ein Kino untergebracht. Am Ende sind es weit über zehn Millionen Liter, die den Weg über etliche Meter Schlauch in die Kanalisation gefunden haben.

Dafür gesorgt haben Frauen und Männer der Freiwilligen Feuerwehren aus der Region Hannover in Niedersachsen. 150 von ihnen haben sich auf den Weg gemacht, um in Euskirchen zu helfen. Einer von ihnen ist Kevin Schumann.

350 Kilometer von zu Hause entfernt

Eigentlich ist der 27-Jährige Bankkaufmann. Doch seit etlichen Jahren engagiert er sich in der Freiwilligen Feuerwehr (FFW) in Eilvese, einem Ortsteil von Neustadt am Rübenberge bei Hannover. Zunächst ist er Mitglied bei der Jugendfeuerwehr. "Das war halt so bei uns auf'm Dorf", sagt er. Mit 18 Jahren dann der nächste Schritt zur aktiven Wehr. Der Grund dafür ist ganz einfach: "um den Menschen zu helfen." Und das nicht nur in der Heimat, sondern auch rund 350 Kilometer davon entfernt.

Im Zuge der Flutkatastrophe hat Nordrhein-Westfalen beim Nachbarland Niedersachsen Unterstützung angefordert – und sie bekommen. Auf 48 Stunden ist der Einsatz von Schumann und Co. angelegt. Er beginnt zu nachtschlafender Zeit um 3.30 Uhr in Niedersachsen. Mit 35 Fahrzeugen machen sich die Helferinnen und Helfer aus Neustadt am Rübenberge, Wunstorf und Garbsen auf den Weg. Mit 60 Stundenkilometern geht es im Verbund über die Autobahn. Stunden später ist das Messegelände in Düsseldorf erreicht. Dort heißt es zunächst Warten. Dann ist der Einsatzort klar: Euskirchen.

"Ein gespenstisches Bild"

In einer Grundschule schlagen die Helferinnen und Helfer ihr Lager auf. Küche, Kojen, Duschen, sogar einen eigenen Seelsorger haben sie dabei. "Wir können zwei Tage völlig autark agieren", sagt Feuerwehrsprecherin Martina Fachmann. Von der Schule aus geht es noch am Abend für zwei Feuerwehrzüge nach Schleiden, für zwei andere in die Euskirchener Innenstadt.

Die liegt teilweise im Dunkeln. Der Strom funktioniert nicht überall. "Ein gespenstisches Bild war das", erzählt Kevin Schumann. Am Tag wird das durch die Zerstörung durch das Wasser verstärkt. Noch in der Nacht beginnen er und seine Kollegen ihre Arbeit. Und die ist eine Materialschlacht: Pumpen, Ventile, Schläuche, Kabel und viel mehr.

Kanalisation ist funktionstüchtig

Kevin Schumann ist Fahrzeugführer. Er schaut, dass alles, was benötigt wird, vor Ort verfügbar ist. Tauchpumpen für die vollgelaufene Tiefgarage – Haken dran. Stromkabel – Haken dran. Dass die Kaffeekannen wieder gefüllt werden – Haken dran. Mit anpacken, wenn ein Schlauch sich verheddert – Haken dran.

Schumann spricht mit seinen Kollegen. Persönlich und über Funk. Er pendelt zu Fuß zwischen dem großen Bekleidungsgeschäft und der Tiefgarage. Wie viele Kilometer er an dem Wochenende zurücklegt? "Keine Ahnung, ist auch egal." Der 27-Jährige spricht mit Anwohnern, Geschäftsinhabern. Wer hat den Generalschlüssel? Wo ist der tiefste Punkt in dem Gebäude? Das alles muss geklärt sein. "Zum Glück ist die Kanalisation funktionstüchtig", sagt Schumann. So können er und seine Kollegen das Wasser über die Schläuche dorthin führen.

Menschen zeigen Dankbarkeit

Die Menschen in Euskirchen sind dankbar für die Hilfe aus dem anderen Bundesland. Worte, Gesten, Kaffee und Brötchen – diejenigen, die viel verloren haben, wollen sich erkenntlich zeigen.

Die Pausen sind kurz, ein Wasser hier, eine Cola da. Zwischendurch auch mal eine Zigarette. Dann muss ein Aggregat repariert werden. Ein Lüfter fällt aus. Es gibt immer was zu tun für die Frauen und Männer der FFW. Im "normalen" Leben sind sie Elektriker, Beamte, Berufskraftfahrer, Zimmermann. Jetzt sind sie Helfer in der Not.

Schlimme Eindrücke

Die ist in Schleiden noch größer als in der Euskirchener Innenstadt. Dort sieht es aus wie in einem Kriegsgebiet. Dennis, der ältere Bruder von Kevin, ist dort im Einsatz. Häuserteile sind hier einfach von den Wassermassen weggespült, ganze Straßen aufgerissen worden. Eine junge Frau hat man tot in ihrem Auto gefunden – drei Ortschaften weiter.

Komplette Hausstände und nasses Mobiliar stehen auf den Straßen. Trecker, die nicht nur Hab und Gut, sondern auch Erinnerungen von Menschen davon schaffen. Eindrücke, die auch Kevin Schumann und seinen Kolleginnen und Kollegen nicht verborgen bleiben. Doch vor Ort heißt es Funktionieren, den Einsatz zu Ende bringen. Das ist am Sonntagabend der Fall. Am Montagmorgen geht es für Kevin Schumann und Co. wieder nach Hause. Nur Bruder Dennis ist schon am Sonntag gefahren, schließlich steht am Mittwoch seine standesamtliche Hochzeit an.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen und Recherchen
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