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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Anstieg der Inzidenz befürchtet Leitender Impfarzt Zastrow: "Wir werden Impfzentren weiter brauchen"
Im Moment ist gut die Hälfte aller Kölner einmal gegen Corona geimpft. Das bedeutet für die Impfzentren, dass sie vorerst noch gebraucht werden. Aber wie geht es in der Kölnmesse dann weiter?
Mittlerweile impfen Hausärzte, Fachärzte und Betriebsärzte gegen Corona, aber dennoch hält die Stadt Köln vorerst weiter an dem Impfzentrum in der Kölnmesse fest. Wie ein Sprecher t-online auf Anfrage mitteilte, sei die Finanzierung des Impfzentrums bis September gesichert. Wie es danach weitergeht, sei Sache der Landesregierung.
Im Verlauf dieser Woche finden dort nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung Nordrhein (KVNO) insgesamt 9.000 Impftermine statt. Der Großteil davon seien Zweitimpfungen. Ob mögliche dritte Impfungen dort auch vorgenommen werden und damit die Notwendigkeit der Impfzentren bestehen bleibt, ist nicht sicher.
Schriftlich teilt die KVNO mit: "Durch etwaige weitere Mutationen des Coronavirus könnten grundsätzlich auch in den nächsten Monaten und auch Jahren noch bzw. erneut Impfungen der Bürgerinnen und Bürger und auch der Alten- und Pflegeheime notwendig sein. Dann müsste man schauen, wie dies organisiert wird." Das schließt also auch nicht aus, dass diese Aufgabe den Haus- und Fachärzten übertragen wird, obwohl bei vielen Ärzten der Andrang so groß ist, dass sie sich ihren eigentlichen Aufgaben oft nicht mehr widmen können.
"Verhalten der Menschen wird zu Wiederanstieg der Inzidenzen führen"
"Wir befinden uns zurzeit in einer besonders günstigen Lage", sagt der Leitende Impfarzt Jürgen Zastrow aus Köln gegenüber t-online. "Das bislang erkennbare Verhalten der Menschen wird mit großer Sicherheit aber wieder zu einem Anstieg der Inzidenzen führen. Aggressive Mutationen kommen hinzu. Wir werden Impfzentren weiter brauchen, müssen aber über den Umfang nachdenken."
Dennoch sei die Bereitschaft an impfenden Ärzten weiter groß. Um die Belastung in den Arztpraxen zu reduzieren, hilft langfristig nur die flächendeckende Versorgung mit Impfstoff. Auch die Impfbürokratie müsse nach Forderung der Kassenärzte abgebaut werden. Die Stadt bittet Impfwillige um Geduld und verweist auf die Prognose des NRW-Gesundheitsministeriums, das Köln mehr Impfstoff fürs nächste Quartal verspricht. Menschen, die sich bei ihrem Arzt impfen lassen wollen, sollten sich möglichst per E-Mail einen Termin geben lassen, um die Telefonleitungen freizuhalten.
"Das Impfen ist für die Arztpraxen bei einer Vergütung von 20 Euro hoch defizitär", gibt Zastrow zu bedenken. "Die Kosten im Zentrum liegen bei 150 Euro und die tatsächlichen Kosten in den Praxen bei 38 Euro." Dabei sei der Prozess nur eine relative Kleinigkeit. Den größten Aufwand verursachen laut dem Impfarzt die Einhaltung der zahlreichen Auflagen sowie die Terminierung der Impfungen wie Terminverschiebungswünsche oder Doppelbuchungen. "Die große Mehrheit der Ärzte beteiligt sich leidenschaftlich an der Impfkampagne. Die juristischen, organisatorischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen sind dagegen eine Katastrophe, die 20 Euro ein politischer Dumpingpreis."
Momentan sieht es also noch danach aus, dass uns das Kölner Impfzentrum in der Kölnmesse noch mindestens zwei Monate, wenn nicht gar länger, erhalten bleibt, um effektiv und schnell viele Menschen gegen Corona zu impfen. Auch Klaus Holetschek (CSU), Vorsitzender der Gesundheitsministerkonferenz, hat sich kürzlich im ZDF für den Erhalt der Impfzentren bis Ende des Jahres ausgesprochen. Jürgen Zastrow glaubt daran, dass Köln bis September immerhin eine 70-prozentige Impfquote erreichen wird.
- Anfragen an die Stadt Köln und die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein
- Anfrage an Jürgen Zastrow
- ZDF.de: Interview von Klaus Holetschek im ZDF