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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Erfundene HIV-Infektion Mann erschlich wohl Millionen von Krankenversicherungen
Mit gefälschten Arztunterlagen für Personen, deren Identität nur ausgedacht war, soll ein 41-Jähriger Krankenversicherungen um Millionen gebracht haben. Er ist derzeit vor dem Kölner Landgericht angeklagt.
Wegen einer nahezu filmreifen Betrugsserie steht ein 41-Jähriger vor dem Kölner Landgericht. Am Montag begann in Köln der Prozess gegen den Angeklagten, der aktuell im Gefängnis in Ossendorf einsitzt.
Fast eine halbe Stunde brauchten die beiden Vertreter der Staatsanwaltschaft, um die Anklage zu verlesen. Dabei beschränkten sie sich darauf, Taten in mehreren Blöcken zusammenzufassen.
Insgesamt geht es um 277 Fälle, in denen der Angeklagte sich schuldig gemacht haben soll. Die mutmaßlichen Opfer sind mehrere Krankenversicherungen, bei denen Schäden im vier- bis sechsstelligen Bereich entstanden. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass der Mann sich als Betrüger einen Gesamtbetrag von über vier Millionen Euro unrechtmäßig angeeignet hat.
Erdachte Personen angeblich aus dem Ausland
Nicht nur die Höhe dieser Summe scheint wie aus einem Krimi, sondern auch die Präzision, mit welcher der Mann vorgegangen sein soll. Er erfand demnach die Identitäten mehrerer Personen, legte in ihrem Namen Bankkonten an und schloss für sie private Krankenversicherungen ab. Laut Anklage stellte er die Situation jeweils so dar, dass es um Menschen ginge, die aus dem Ausland nach Deutschland gezogen waren. So vermied er Fragen zur vorherigen Krankengeschichte und Versicherungssituation.
Als Wohnorte gab er Adressen aus diversen deutschen Städten an, darunter Husum, Hamburg und Köln, wo er selbst vor seiner Inhaftierung zuletzt gemeldet war. Um aus den fingierten Versicherungsverhältnissen Geld zu schlagen, soll er dann ärztliche Unterlagen gefälscht haben, in denen kostspielige Behandlungen abgerechnet wurden. Darunter angeblich stattgefundene Behandlungen wegen einer HIV-Infektion oder Hepatitis C.
Angebliche Vorleistungen seitens der Versicherungsnehmer wurden dann den Krankenkassen in Rechnung gestellt. Über die Bankkonten, die im Namen der vielen unterschiedlichen Schein-Personen eröffnet worden waren, soll der Angeklagte Zahlungen der Versicherer unrechtmäßig kassiert haben.
Masche soll vier Jahre lang funktioniert haben
Auf zahlreiche Versicherer verteilt, kamen die Unstimmigkeiten erst nach Jahren ans Tageslicht. Der Anklagezeitraum betrifft vier Jahre – zwischen März 2016 und Juli 2020. Angaben zu den Vorwürfen und zu seiner Person machte der Anklagte zunächst nicht. Selbst auf Fragen zu seinem Namen und Geburtsdatum nickte er nur zögerlich.
Für das umfangreiche Verfahren sind 16 Verhandlungstage angesetzt. Das Urteil ist nach derzeitigem Stand für den 22. September vorgesehen.
- Eigene Beobachtungen im Gerichtssaal