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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Am Kölnberg wird gepiekst "Mit dieser Impfstrategie können wir die Menschen wirklich erreichen"
Nach den Sonderimpfungen im Impfbus in Chorweiler konnte auch einigen Bewohnern des Kölnbergs in Meschenich ein Angebot gemacht werden. Diese freuen sich darüber, dass man an sie denkt – doch wann es in anderen Veedeln weitergehen kann, steht noch nicht fest.
Die gute Laune von Yusuf Köysüren kann auch seine Maske nicht verdecken. "Jay Jay", sagt er laut mit freudigem Unterton. "Den gibt’s hier", erwidert Michael Jost. Beide kennen sich aus der Gemeinschaftspraxis im Kölner Süden am Kölnberg. Dort hat Jost an diesem Tag zunächst seinen Dienst begonnen. Mittlerweile ist er im Caritas-Zentrum an der Brühler Landstraße 425 und empfängt die Menschen, um sie zu pieksen.
An seiner Station gibt es den Impfstoff von Johnson & Johnson. An anderen verabreichen seine Kolleginnen und Kollegen Astrazeneca. Jost und Köysüren flachsen ein bisschen rum. Beim Pieks in den linken Oberarm herrscht kurz Funkstille. "So das wars schon", sagt Jost.
Auf dem Weg nach draußen bekommt Yusuf Köysüren noch einen Vermerk in seinen Impfpass. Er ist froh, dass er nun gegen Corona geimpft ist. Seine Familie sei bisher zum Glück gut durch die Pandemie gekommen, sagt der 45-Jährige. Anders als bei Bekannten hätte es noch keinen Corona-Fall gegeben. Er begrüßt die Impfaktion im Stadtteil. Für die Menschen gerade am Kölnberg sei das wichtig, "sie haben den Eindruck, dass sich die Stadt um sie kümmert".
Stadtteil mit hohen Inzidenz-Werten
Das muss sie, und das will sie. Der Plan: In Stadtteilen mit hohen Inzidenzen soll es Sonderimpfungen geben. Besonders im Blick: Hochhaussiedlungen wie es sie in Chorweiler und eben in Meschenich mit dem Kölnberg gibt.
In dessen direktem Umfeld wohnt auch Ergin Ciftci. Der 33-Jährige findet es gut, dass es ein Angebot vor Ort gibt. Für das wurde im Vorfeld mächtig die Werbetrommel gerührt. 1.500 Infozettel hatten ihren Weg in die Briefkästen der Hochhaussiedlung in Meschenich gefunden. In verschiedenen Sprachen. Denn viele der Menschen, die hier leben kommen aus Südosteuropa, der Türkei, Syrien. Offiziell ist der Kölnberg die Heimat von knapp 4.000 Menschen. Inoffiziell sind es laut Schätzung etwa Tausend mehr. Viele Menschen auf engstem Raum. Da freut sich das Virus. Deswegen gibt es gerade hier die Sonderimpfaktionen. Und die läuft um die Mittagszeit richtig gut.
Hamza El lakaoui ist einer von vielen, die dafür sorgen, dass das so ist. Der 29-Jährige ist Mitarbeiter im Jugendmigrationsdienst der Caritas. Er hilft an diesem Tag den Menschen, die sich impfen lassen wollen, beim Ausfüllen der Formulare, beantwortet Fragen und hilft, wo es geht.
Großer Andrang und Unmut am Morgen
"Die Menschen hier sind sehr bemüht", lobt dann auch Ergin Ciftci das Engagement der verschiedensten Institutionen wie Caritas oder auch der Gemeinschaftspraxis. Dabei zeigt sich der 33-Jährige überrascht, dass alles so schnell abläuft. Von der Anmeldung bis zum Pieks dauert es für ihn nicht lange. "Das geht ja hier ruckzuck."
Das sah am Morgen noch etwas anders aus. Zwischen 7 und 8 Uhr standen bereits Menschen aus dem Veedel vor dem Caritas-Zentrum an. Im Vorfeld war angekündigt worden, dass das Angebot allen Menschen im Stadtteil ein offen stünde. Zu Beginn der Impfaktion dann zunächst eine Rolle rückwärts. Da nicht genügend Impfdosen zur Verfügung stehen, sollten nur Bewohner des Kölnbergs und angrenzenden Häusern geimpft werden. Der WDR berichtet, dass sich daraufhin einige Menschen ihrem Unmut Luft machten.
Kompromiss glättet die Wogen
Ein Kompromiss hatte die Wogen glätten können. Der Leiter des Rettungsdienstes der Feuerwehr Köln, Professor Alexander Lechleuthner, teilte den Helfern im Caritas-Zentrum vor Ort mit, dass für Kölnberg-Bewohner der Impfstoff von Johnson & Johnson bereit stünde und für die anderen Bürgerinnen und Bürger im Stadtteil Astrazeneca. Um kurz nach 10 Uhr konnte es dann los gehen. Bis 14 Uhr waren in Meschenich rund 200 Personen geimpft.
"Ich bin der festen Überzeugung, dass wir mit der Impfstrategie, die wir hier in Köln fahren, Menschen wirklich erreichen können", so der Chef der Kölner Feuerwehr, Christian Miller. Er war vor Ort, um sich auch ein Bild von der Aktion im linksrheinischen Kölner Süden zu machen. Für ihn sei der Impfstoff ein Weg heraus aus der Krise. "Wahrscheinlich der wichtigste." Mit einem niederschwelligen Angebot, wie es die Stadt Köln in Chorweiler und nun in Meschenich angeboten hat, erreiche man die Menschen.
"Aber wir können nicht alle bedienen, die geimpft werden wollen, weil wir nur ein stark limitiertes Impfstoffangebot haben", so Kölns Feuerwehrchef. So habe die Stadt zähneknirschend die Aktion in Chorweiler nun auf Eis legen müssen. In Meschenich bleibt es auch nur bei zwei Impftagen.
Vorerst keine Sonderaktionen im Rechtsrheinischen
Immerhin zwei mehr als zunächst in Finkenberg im rechtsrheinischen Porz. Dort hatte man sich Hoffnungen gemacht, dass am kommenden Montag ebenfalls die Sonderimpfaktion an den Start gehen kann. "Wir vor Ort sind bereit, was fehlt ist der Impfstoff", sagt Sozialraumkoordinator Jochen Schäfer.
Die Stadt Köln hat dem Land NRW bereits am Donnerstag mitgeteilt, dass "ohne zusätzliche Impfdosen die Stadt ab Montag kein weiteres aufsuchendes Impfen in besonders betroffenen vulnerablen Sozialräumen anbieten kann", so ein Stadtsprecher auf Nachfrage. Das Land habe aber in Aussicht gestellt, dass Köln weitere zusätzliche Impfdosen erhält. "Wann und wie viele, wissen wir nicht", so der Sprecher der Stadt.
- Recherche bei der Impfaktion in Meschenich vor Ort
- Gespräche mit den Protagonisten
- Anfrage an das Presseamt der Stadt Köln