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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Prozess in Köln Betrüger erbeutet fast 30.000 Euro durch Ausspähung von PIN
In Köln ist ein junger Mann angeklagt, weil er viel Geld von den Konten von Senioren abgehoben haben soll. Zugriff konnte er erlangen, weil er seine Opfer bei der PIN-Eingabe beobachtet hatte.
"Shoulder Surfing" heißt der Trick, der momentan das Landgericht in Köln beschäftigt. Gemeint ist damit der Blick über die Schulter einer Person während sie mit ihrer EC-Karte Geld abhebt, um die PIN zu erfahren, anschließend die Karte zu entwenden und zu missbrauchen.
Seit Mittwoch ist in Köln ein 25-Jähriger angeklagt, der von Berlin bis München unterwegs gewesen sein soll, um auf diese Weise die Konten von Seniorinnen und Senioren zu plündern. Konkret handelt es sich um 24 Fälle, die sich zwischen Dezember 2017 und Oktober 2018 abgespielt haben sollen. Schauplatz des Geschehens waren jeweils Bankfilialen, in denen sich der 25-Jährige und ein Komplize aufgehalten haben sollen.
"Der Angeklagte drängte älteren Menschen bei der Bedienung der Automaten Hilfe auf", so die Staatsanwältin. Dabei habe er die PIN ausgespäht und seine Opfer abgelenkt. Das soll er so geschickt angestellt haben, dass er unbemerkt aus dem Schlitz des Geldautomaten zunächst die Karte entwenden und diese, zusammen mit der PIN, seinem Komplizen überlassen konnte. Dieser habe dann an einem anderen Automaten Geld abgehoben und dem 25-Jährigen die Karte wieder zugesteckt, woraufhin er sie zurück in den Automaten schob, an dem sein jeweiliges Opfer zugange war.
Diebstähle in Köln, Berlin und München
Auf diese Weise blieb der Diebstahl von den Opfern zunächst unbemerkt und es soll ein Schaden von fast 30.000 Euro entstanden sein. Anfangs stahlen die Täter laut Staatsanwaltschaft jeweils 2.000 Euro. Später lagen die Abbuchungen jedes Mal unter diesem Wert und variierten deutlich: Mal waren es 450 Euro, mal 1.700 Euro, mehrfach auch Summen rund um 1.000 Euro. Fünfmal sollen sie in Köln zugeschlagen haben, wo der Angeklagte gegenwärtig in Untersuchungshaft sitzt, außerdem in Berlin, Frechen, Nürnberg, München und Stuttgart.
Nach Verlesung der Anklage ließ Rechtsanwalt Dr. Mario Geuenich, der den Angeklagten verteidigt, wissen: "Es tut ihm leid. Wir werden uns weitgehend geständig einlassen." Die Aussage des Angeklagten müsse jedoch auf den nächsten Prozesstag verschoben werden, da sich Anwalt und Mandant noch nicht dazu besprechen konnten: "Es gab in der Justizvollzugsanstalt einen Corona-Verdachtsfall. Wegen der Quarantäne war ein Gespräch nicht möglich. Mein Mandant sitzt schon ein paar Monate in Haft und wir wollen das ordentlich vorbereiten", so der Jurist. Die Verhandlung wird fortgesetzt. Das Urteil ist für den 3. Februar anberaumt.
- Eigene Beobachtungen und Eindrücke vor Ort