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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Betroffene berichten Probleme mit sexuellen Übergriffen beim Karneval in Köln
Die Stadt Köln will verstärkt gegen sexuelle Übergriffe beim Karneval vorgehen. Denn die Zahl der gemeldeten Fälle hat in den letzten Jahren zugenommen. Betroffene Frauen berichten t-online.de von ihren Erfahrungen.
"Das 'G' in 'Karneval' steht für 'Grapschen'! Merkste selber, ne?": Mit diesem Spruch wollen die Verantwortlichen der Stadt Köln deutlich machen, dass weder der Buchstabe G noch sexuelle Übergriffe wie Grapschen oder ungefragtes Küssen zum Karneval gehören.
Die Stadt reagiert damit auf die sich in den letzten Jahren häufenden Regelverstöße und strafbaren Übergriffe zum Sessionsauftakt und an den tollen Tagen des Karnevals in Köln. Das Kölner Ordnungsamt versucht daher, mit erhöhtem Personaleinsatz Präsenz zu zeigen, um Wildpinklern, Flaschenwegschmeißern und volltrunkenen Grapschern Einhalt zu gebieten.
Absperrungen, verbunden mit Einlasskontrollen an den Feierhochburgen wie der Altstadt oder Zülpicher Straße, sollen für mehr Entspannung auf den zeitweise übervollen Plätzen und Feierstraßen sorgen.
Polizei setzt auf Präsenz
Neben dem Ordnungsamt setzt auch die Kölner Polizei seit einigen Jahren auf stärkere Präsenz. Bei Körperverletzungen und sexuellen Übergriffen an den jecken Tagen soll dadurch gewährleistet sein, dass die Beamten schnell am Tatort sind, um Anzeigen aufzunehmen und Täter möglichst noch am Tatort festzunehmen.
Auch die von der Kölner Polizei genannten Zahlen zu den erstatteten Strafanzeigen sind ein Hinweis darauf, dass die Sitten an den tollen Tagen des Kölner Karnevals verroht sein könnten. In den Jahren 2014 und 2015 lag die Zahl der angezeigten Sexualdelikte noch im einstelligen und im Jahre darauf im niedrigen zweistelligen Bereich. 2017 stieg die Zahl auf knapp 30 gemeldete Sexualstraftaten an, was etwa ein Viertel aller angezeigten Straftaten ausmachte. Zu der Dunkelziffer an Übergriffen, die nicht angezeigt werden, gibt es keine Schätzungen.
Höhere Sensibilität für das Thema
Eine Erklärung für die gestiegene Zahl der Strafanzeigen liegt laut Polizeisprecher Christoph Gilles in der Gesetzesänderung wegen der Vorkommnisse in der Kölner Silvesternacht 2015/16. Seitdem ist auch eine sexuelle Beleidigung als Sexualdelikt unter Strafe gestellt. Und 2018 ist die Zahl der angezeigten sexuellen Übergriffe nach den polizeilichen Angaben zudem wieder leicht zurückgegangen. Dennoch sei man weiter wachsam und sehe das Thema als einen der Schwerpunkte bei der Arbeit im Straßenkarneval an, so Gilles weiter.
Junge Frauen äußern sich im Straßeninterview mit t-online.de zu der Problematik: "Ja, das passiert ständig, dass man vor allem von betrunkenen Typen einen Spruch bekommt", erzählen Lydia* (18) und Kerstin* (20). "Ich bin schon angegrapscht worden", sagt Lydia. "Es kommt immer auch darauf an, wo man hingeht. Bei manchen Kneipen weiß man das ja. Oder an Weiberfastnacht auf der Zülpicher passiert das", ergänzt Kerstin. Sie würden in diesen Fällen entweder weggehen oder dem Typen einen Spruch drücken, was aber oft sehr schwer ist, gerade wenn sie betrunken sind, sagen beide.
"Schau wie du angezogen bist, Schlampe"
Auch Leonie* (20) und Sarah* (22) haben ähnliche Erfahrungen gemacht. "Ich habe mal K.-o.-Tropfen bekommen. Aber es ist nichts passiert, weil mich Freunde nach Hause gebracht haben", erinnert sich Sarah. "Seitdem pass’ ich auf: kein offenes Getränk annehmen und immer den Drink im Auge behalten", erzählt sie weiter. "Wenn mich jemand begrapscht, so im Vorbeigehen, versuche ich, ihn zu stellen", sagt Leonie.
"Aber meist bekommt man dann nur einen blöden Spruch, wie 'Da war doch nix', oder wird runtergemacht mit 'Schau dich doch an, wie die angezogen bist, Schlampe'", erzählt Sarah weiter. Alkohol spiele eine wichtige Rolle, aber auch mangelnder Respekt. Wenn die Übergriffe und Sprüche zu massiv werden, da gehe man einfach. Oder die Gruppe sei groß genug, um sich vor diesen Typen zu schützen, sagen sie zum Abschluss.
Die Polizei könne natürlich nicht alles sehen, betont Polizeisprecher Gilles, gerade an den Straßenkarnevalstagen. Aber man sei präsent, und wenn etwas passiere, solle man sich immer an die Einsatzkräfte vor Ort wenden. Dafür stehen sie da, so Gilles weiter.
- Kölner Polizeisprecher Christoph Gilles
- Befragte auf der Straße (*Namen geändert, sind der Redaktion aber bekannt)