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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Nach Gerichtsurteil gegen die Stadt Köln diskutiert über den Brüsseler Platz
Nach einem Gerichtsurteil muss die Stadt den Lärmpegel rund um den Szene-Treff Brüsseler Platz senken. Während die Verwaltung noch überlegt, wie sie das machen soll, wird vor Ort schon heftig diskutiert.
Die Diskussionen um den nächtlichen Lärm am Brüsseler Platz in Köln gehen in die nächste Runde: Nachdem das Oberverwaltungsgericht Münster die Stadt Köln Ende September dazu verpflichtet hat, strengere Maßnahmen für den Lärmschutz zu ergreifen, hält sich die Stadt derzeit noch bedeckt, wie genau sie das Gerichtsurteil umzusetzen gedenkt. Man wolle sich erst äußern, wenn die schriftliche Urteilsbegründung vorliege, so ein Stadtsprecher in der vergangenen Woche gegenüber dem WDR. Indes läuft der Betrieb am Platz erstmal wie gehabt weiter, das Gerichtsurteil sorgt aber für Gesprächsstoff.
Die Kölner Fraktion von "Die Partei" nutzte die Gelegenheit am lauen Freitagabend sogleich für eine Demonstration – mit viel Bier und lauter Musik. "Wir haben eine Demo gegen laute Musik und sinnlosen Bierkonsum angemeldet und möchten darauf aufmerksam machen, dass der öffentliche Raum hier von Jugendlichen für ihre Zwecke genutzt wird und das möchten wir gerne in die Öffentlichkeit tragen, um die Debatte darüber anzufeuern", ließen die Pressesprecher des Kreisverbandes wissen.
Kommunikation statt Konfrontation
Hört man sich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in den Kneipen und Restaurants rund um den Brüsseler Platz um, erntet man erstaunte Blicke. Man habe Verständnis für die Anwohner, die sich vom Lärm gestört fühlten, andererseits wundere man sich über das Gerichtsurteil. "Muss das wirklich vor Gericht geklärt werden?", fragte eine Kellnerin am Rande der Demonstration. Ein leitender Angestellter einer viel besuchten Bar setzt ebenso lieber auf Kommunikation statt auf Konfrontation: "Ich verstehe die Anwohner, gerade wenn sie jahrzehntelang hier wohnen und sich von der Entwicklung gestört fühlen. Aber man sollte immer miteinander sprechen. Die meisten Konfrontationen lassen sich so umgehen."
Ein Gast auf dem Brüsseler Platz geht hingegen so weit, den agierenden Anwohnern "asoziales Verhalten" vorzuwerfen. "Das kann man sich nicht ausdenken. Da profitieren die Leute seit Jahrzehnten von der gestiegenen Lebensqualität im Belgischen Viertel, wollen aber alle negativen Störfaktoren ausmerzen. Das passt für mich nicht zusammen und ist mehr als egoistisch." Namentlich möchte er nicht genannt werden, bekommt aber Unterstützung von seiner Frau: "Mittlerweile ist es etwas lauter geworden, auf der anderen Seite florieren das Leben und die Lokale vor Ort. Das ist doch was Schönes."
"Das alte Spiel: Alt gegen Jung"
Dass direkt neben der Kirche auf dem Brüsseler Platz ein Spielplatz liegt, lässt die Vermutung aufkommen, Eltern und spielende Kinder fühlten sich von dem Treiben auf dem Platz gestört. "Gestört fühlen sich immer nur die gleichen Personen. Es ist das alte Spiel: Alt gegen Jung", widerspricht Dr. Winfried Schoroth, der eine angrenzende Zahnarztpraxis betreibt. "Ich kriege die Entwicklung hier seit rund 15 Jahren mit und kenne viele Menschen in der Gegend. Es ist eine Minderheit, die sich an dem Lärm stört, das aber immer wieder", sagt er. "Eigentlich ist die Entwicklung sehr positiv. Hier sind die besten Gastronomen Kölns, es gibt so gut wie nie Ärger, das Publikum ist grundsätzlich sehr rücksichtsvoll, auch wenn es mal lauter wird."
- wdr.de: "Brüsseler Platz in Köln: Stadt muss Lärmschutz garantieren" vom 28.09.2023
- Reporter vor Ort
- Gespräche mit Besuchern und Gastronomen