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Fotograf Arya Shirazi erzählt über sein Coming-Out – und teilt emotionalen Brief


Arya Shirazi
"Für mich ist das ganze Jahr über Pride Month"

Von t-online, olf

08.06.2023Lesedauer: 3 Min.
Arya Shirazi fotografiert nicht nur Models, sondern auch sich selbst.Vergrößern des Bildes
Arya Shirazi fotografiert nicht nur Models, sondern auch sich selbst.

Der Juni steht im Zeichen des "Pride Month" und macht Menschen aus der LGBTIQ-Community sichtbar. Wie den Fotografen Arya Shirazi, der sich erst mit 26 Jahren outete.

Der "Pride Month" hat begonnen und in vielen Städten erstrahlen Bahnhöfe und öffentliche Gebäude in Regenbogenfarben. Zahlreiche Partys, Paraden und Demonstrationen weisen auf die Belange von unter anderem Homo-, Bi- und Transsexuellen hin. Denn noch immer werden Menschen aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert.

So auch der Modefotograf Arya Shirazi. Er outete sich erst mit 26 Jahren vor seiner Familie. Denn bereits im Kindergarten spürte der Sohn einer afghanischen Mutter und eines iranischen Vaters: Wer aus der Norm fällt, wird ausgeschlossen. Shirazi sah mit seiner braunen Haut und den dunklen Haaren nicht nur anders aus als die anderen Kinder, er benahm sich auch anders als die anderen Jungs. "Ich mochte keine typischen Jungssachen und habe lieber mit Mädchen gespielt", erzählt er.

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Der perfekte Sohn kann nicht schwul sein

Während er im Kindergarten ausgeschlossen wurde, begann in der Schule das eigentliche Martyrium. Jahrelang wurde er von seinen Mitschülern gemobbt, geschlagen und bespuckt. Dabei fiel immer wieder ein Wort: "Schwuchtel". Mit seinen Eltern konnte Shirazi nicht über seine Erfahrungen reden, denn in ihrer Kultur galt es als etwas Schlechtes, schwul zu sein. Und so verleugnete Shirazi seine Homosexualität jahrelang auch vor sich selbst. "Ich wollte nicht, dass meine Mobber recht hatten und meine Eltern nicht enttäuschen", erklärt er dies rückblickend.

Stattdessen versuchte Shirazi, der "perfekte Sohn" zu sein, der gut in der Schule war und auf seine Eltern hörte. Denn aus seiner Sicht hatten seine Eltern bereits genug durchlebt. Die Mutter war in jungen Jahren vor dem Krieg aus Afghanistan geflohen und der Vater saß seit einem Unfall im Rollstuhl. Da Shirazi der einzige Sohn der Familie war, fühlte er sich verantwortlich: "Es lagen viel Druck und viele Erwartungen auf mir. Deswegen hat es nicht gepasst, schwul zu sein."

Für ihn war damit klar, später auch Frau, Haus und Kind haben zu müssen. Doch eine feste Freundin brachte er nicht nach Hause, was irgendwann auch die Eltern stutzig werden ließ. Shirazis Mutter fragte ihn immer vehementer, warum er auch noch mit 26 Jahren Single sei. Mit den täglichen Nachfragen trieb sie ihn schlussendlich zum Outing.

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"Wenn ich mal heiraten sollte, dann wird es keine Frau sein", schrieb er im September 2017 nach einem Streit mit seiner Mutter an seine Schwester. Damit outete er sich nicht nur zum ersten Mal vor einer anderen Person, sondern auch vor sich selbst. Danach ging alles sehr schnell. Im selben Jahr lernte er seinen ersten Freund kennen und outete sich vor seiner Mutter.

Diese sei geschockt gewesen. Doch nach 26 Jahren hatte Shirazi keine Kraft mehr, sich zu verstecken und stellte seine Mutter vor eine radikale Wahl: "Entweder du akzeptierst es oder ich bin weg." Dieser Satz sei ihm keinesfalls leichtgefallen, denn seine Familie sei ihm sehr wichtig. Noch wichtiger waren ihm dennoch ein authentisches Leben und die Gefühle für seinen Partner: "Ich konnte einfach nicht mehr so leben."

Hassnachrichten und Morddrohungen

Nach dieser Ansage akzeptierte seine Mutter das Outing und auch der Rest der Familie erfuhr davon. Sein Vater hatte keine Probleme mit der Homosexualität seines Sohns. Er wünschte sich lediglich irgendwann einen Schwiegersohn, wenn es schon keine Schwiegertochter geben würde. Dieser Wunsch wurde ihm erfüllt, mittlerweile ist besagter erster Freund Shirazis Ehemann.

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Vieles hat sich seit 2017 geändert. "Ich kann mittlerweile offen sagen, dass ich schwul bin", erzählt Shirazi, für den das Wort "schwul" so lange als Beleidigung galt. Mittlerweile steht er zu sich und seiner Sexualität. Auf Instagram zeigt er sich in femininer Kleidung, und auch in inniger Pose mit seinem Partner. Wie damals in der Schule, scheint dies auch heute noch vielen nicht zu passen.

Menschen würden ihm Hassbotschaften bis hin zu Morddrohungen schicken. Doch das schrecke ihn nicht ab, denn der Dank und die positiven Nachrichten würden überwiegen. Menschen würden ihm schreiben, dass sie sich nur seinetwegen getraut hätten, sich zu outen. Diese Liebe gebe ihm Kraft.

Deshalb ist ihm die Sichtbarkeit von Menschen aus der LGBTIQ-Community nicht nur im Juni, sondern das ganze Jahr über wichtig: "Für mich ist das ganze Jahr Pride Month". Dabei stünde für ihn nicht unbedingt die Sexualität im Mittelpunkt, sondern die Liebe. Und die sollte jeden einzelnen Tag gefeiert werden.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Arya Shirazi
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