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Zum journalistischen Leitbild von t-online.1. FC Köln Verrückter U19-Krimi: Tränen und doppelter Jubel nach Finaleinzug
Der 1. FC Köln steht im Finale des DFB-Pokals. Erstmals seit 2013 träumt die U19 wieder vom Titel. Und das nach einer wahren Achterbahnfahrt der Gefühle.
Einen dramatischeren Verlauf eines Pokal-Halbfinals der A-Junioren hätte es kaum geben können. Ein verschossener Elfmeter, ein Privatduell "Stürmer gegen Torhüter", eine nervenaufreibende Verlängerung und dann ein Elfmeterschießen, bei dem der vermeintliche Siegtreffer erst zurückgenommen wurde, ehe die Torhüter im entscheidenden Duell direkt aufeinandertrafen.
Die 2.100 Zuschauer im Franz-Kremer-Stadion erlebten am Sonntag ein außergewöhnliches Fußballspiel mit dem besseren Ende für die Geißböcke. Der 1. FC Köln zog dank eines 9:8-Erfolgs im Elfmeterschießen ins Finale ein. Dort wartet der FC Schalke 04, am 30. April treffen die beiden Teams in Potsdam aufeinander.
Ruthenbeck mit Tränen in den Augen
Bis dahin war es eine Nervenschlacht und Achterbahnfahrt, die selbst den profierfahrenen FC-Trainer Stefan Ruthenbeck maximal strapazierte. Nach dem Schlusspfiff wirkte der 50-Jährige sichtlich mitgenommen. "Irgendwann war ich durch", gestand Ruthenbeck. "Beim Elfmeterschießen konnte ich irgendwann nicht mehr hinsehen, habe Tränen in den Augen gehabt. Das war hart. Zum Glück ist es gutgegangen."
Dabei hatte es reichlich Szenen gegeben, die die Geschichte dieser Partie auch anders hätten schreiben können – auch zum Nachteil des FC. So zum Beispiel in der 22. Minute, als Berlins Teoman Gündüz nach einem Foulspiel von Elias Bakatukanda im Strafraum die Großchance auf das 0:1 liegen ließ und den fälligen Strafstoß an den rechten Pfosten setzte.
Ruthenbeck: "Hatten in einigen Situationen Glück"
Auf der Gegenseite lieferte sich Justin Diehl in der regulären Spielzeit ein Privatduell mit Tim Goller, scheiterte aber viermal am Hertha-Keeper. Erst im fünften Anlauf gelang es dem Kölner Flügelstürmer, den Ball an Goller vorbei zur 1:0-Führung ins Netz zu bugsieren (60.). "Wir haben in den ersten 65 Minuten eine super Leistung abgerufen", sagte Ruthenbeck, der dann einen zunehmend stärker werdenden Gegner sah.
"Sie hatten einige richtig gute Jungs dabei", lobte der U19-Trainer die Hauptstädter, die fünf Minuten nach der Kölner Führung zum Ausgleich durch Dion Ajvazi kamen (65.) und in der Folge gute Chancen hatten, das Spiel zu drehen. "Da hatten wir in einigen Situationen echt Glück." Mit zunehmender Spieldauer war beiden Teams der Kräfteverschleiß dann aber anzumerken.
Duell der Torhüter entscheidet – Blazic wird zum Helden
So fand die Partie nach 120 Minuten keinen Sieger, das Elfmeterschießen musste entscheiden, wer das Finalticket bekommt – eine intensive Partie fand so ihr aberwitziges Ende: Nach 14 in Folge verwandelten Strafstößen bekam Marlon Monning erstmals die Chance für den FC, das Finale perfekt zu machen – verschoss aber. Kurz danach hielt FC-Keeper Alessandro Blazic erneut, sodass Luan Simnica die nächste Möglichkeit erhielt. Und tatsächlich: Der Mittelfeldspieler traf, seine Mitspieler begruben den Schützen in einer Jubeltraube unter sich – doch der Schiedsrichter gab das Tor nicht.
Simnica hatte bei seinem Schuss mit links sein eigenes Standbein angeschossen, von wo aus der Ball in einer unnatürlichen Flugkurve ins Tor gefallen war. Wegen eines solchen Doppeltreffers von Florian Kainz waren die Profis des 1. FC Köln in der Saison 2021/22 gegen den HSV aus dem DFB-Pokal geflogen. Würde es nun auch die U19 auf diese Art erwischen?
Nein! Denn der bessere Torhüter war an diesem Tag Alessandro Blazic. Der 17-Jährige, der eigentlich noch in der U17 spielen dürfte, avancierte zum FC-Helden. Nach insgesamt 20 Schützen stand es 8:8 – nun mussten die Torhüter gegeneinander antreten. Und Blazic behielt die Nerven: Erst parierte er den Versuch seines Gegenübers Tim Goller, dann verwandelte er selbst mit rechts ins Kölner Glück, reckte die Fäuste, empfing seine außer Rand und Band herbeieilenden Teamkollegen und durfte nun endgültig jubeln.
Potocnik sieht Finaleinzug seiner Teamkollegen
"Hertha war ein Top-Gegner", sagte Ruthenbeck hinterher überglücklich. "Dass wir die Berliner auf diesem Niveau schlagen konnten, verdient ein Riesenkompliment an die Mannschaft." Nicht zu vergessen, unter welch schwierigen Vorzeichen die Vorbereitung auf die Partie verlaufen war: Das Fifa-Urteil mit der Transfer-Sperre hatte nicht nur den Verein bis ins Mark erschüttert, sondern auch die U19 direkt und unmittelbar hart getroffen.
Denn: Top-Stürmer Jaka Cuber Potocnik, wegen dessen Verpflichtung im Januar 2022 nun die Strafe für den Klub erfolgt war, wurde ebenfalls für vier Monate vom Weltverband gesperrt. Der 17-Jährige hatte die Geißböcke überhaupt erst in die beiden Halbfinals um den DFB-Pokal und um die Deutsche Meisterschaft geschossen. Am Sonntag jedoch musste er das Geschehen von der Tribüne aus verfolgen – zumindest nach der Partie konnte er gemeinsam mit seinem Team auf dem Platz feiern.
- Reporter vor Ort