Magdeburg Osten gleichbehandeln: "Klare Perspektive" für Leuna
Bei der Schaffung neuer Importmöglichkeiten als Ersatz für russische Energieträger soll Ostdeutschland nach den Worten von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck nicht zu kurz kommen. "Ich will für mich sagen und für mein Ministerium, dass wir sehr darauf achten werden, dass auch die Importmöglichkeiten, die neu geschaffen werden, Ostdeutschland gleichwertig und gleichberechtigt mit im Blick haben", sagte der Grünen-Politiker am Montag in Magdeburg.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) sagte, er habe den Eindruck, dass die Sanktionen gegen Russland derzeit so eingesetzt würden, dass es nicht Gewinner einerseits und Verlierer andererseits gebe, sondern dass immer die gesamte Volkswirtschaft gesehen werde. Über die nächsten Monate müsse man es hinbekommen, Ersatzrohstoffe zu besorgen. Es könne nicht sein, dass die Volkswirtschaft destabilisiert werde und damit unmittelbar und mittelbar die Ziele von Russlands Präsidenten Wladimir Putin noch befördert werden, sagte Haseloff.
Zudem dürften die Umweltziele nicht gefährdet werden, sagte der CDU-Politiker. Seinen Angaben zufolge werden in Leuna etwa Kunststoffe für Windkraftanlagen hergestellt. "Das heißt, wenn wir die Klimaziele parallel auch erreichen wollen, müssen diese Produktionsbereiche funktionsfähig bleiben."
Sachsen-Anhalt sei eines der Länder, so Habeck, wo am stärksten eine neue Dynamik zu beobachten sei. Er verwies auf die Pläne zum Bau zweier Chipfabriken durch Intel in Magdeburg. Auch beim Ausbau erneuerbarer Energien komme das Land voran. Den Chemie- und Raffineriestandort Leuna sieht Habeck als einen Vorreiter auf dem Weg aus der Abhängigkeit von Öl und Gas. "Was mich in Leuna vor allem beeindruckt hat, ist, dass eine Dynamik da ist, die über diese Probleme der Gegenwart hinausweist", sagte er bei einem Besuch des Industrieareals mit Haseloff.
"Es gibt in Leuna eine klare Perspektive", sagte Habeck. So stelle der französischen Mineralölkonzern Totalenergies, der die Raffinerie betreibt, die Ölimporte aus Russland ein. Lieferungen sollen über andere Anbieter am Markt via Danzig (Polen) nach Leuna kommen. Am Standort gibt es Forschungs- und Produktionsvorhaben zur Erzeugung von sogenanntem grünem Wasserstoff. Dieser gilt als Energie- und Rohstoffbasis der Zukunft. In der Produktion soll kein klimaschädliches CO2 entstehen.
Die Möglichkeit neue Energieträger, Treibstoffe zu schaffen, sei in Leuna schon in der Umsetzung, sagte Habeck. Bei der Ölversorgung ist Ostdeutschland noch stark abhängig von der russischen Druschba-Pipeline. Die Raffinerien Leuna und Schwedt (Brandenburg) werden bisher mit russischem Öl über das Leitungssystem versorgt.
Im 1300 Hektar großen Chemiestandort Leuna, einem der flächenmäßig größten in Deutschland, sind bisher laut der Betreibergesellschaft Infraleuna GmbH Öl und Gas die Energie- und Rohstoffbasis. In den ansässigen Firmen arbeiten 12 000 Menschen, darunter etwa 600 in der Raffinerie. Diese kann jährlich bis zu zwölf Millionen Tonnen Rohöl zu Kraftstoffen wie Benzin und Diesel verarbeiten. Abnehmer sind 1300 Tankstellen in Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen.
Es sei die Aufgabe über den Tag, die Gegenwart hinaus, dafür zu sorgen, dass an Industrie- und Chemiestandorten Produktionsketten entstehen, die Deutschland und Europa in Zukunft wettbewerbsfähig machen, sagte Habeck. Aber: "Wenn ein plötzlicher Gasabriss, ein Embargo kommen würde, dann hätten Deutschland und Leuna ein Problem. Wir arbeiten daran, dass wir auch so eine Situation aufhalten können", sagte Habeck. Die Gasspeicher in Deutschland seien aber bereits zu 40 Prozent gefüllt. Das gebe "eine gute Perspektive".