Magdeburg Rechtsextremismus in Sicherheitsbehörden: 17 Verdachtsfälle
In Sachsen-Anhalts Sicherheitsbehörden sind zwischen Mitte 2018 und Mitte 2021 insgesamt 17 Bedienstete als Rechtsextremisten oder Verdachtspersonen ausgemacht worden. Das geht aus dem zweiten Lagebericht zu "Rechtsextremisten in den Sicherheitsbehörden" hervor, den das Bundesinnenministerium am Freitag in Berlin veröffentlicht hat. Für Sachsen-Anhalt werden darin auch acht sogenannte Prüffälle aufgeführt. Bei den Vorwürfen handele es sich in neun Fällen um politisch motivierte Beleidigung, fünfmal ging es um Propagandatätigkeit, je zweimal sollen die Bediensteten an rechtsextremistischen Veranstaltungen teilgenommen haben.
In vier Fällen soll es Kontakt zu einer rechtsextremistischen Organisation und in zwei Fällen zu rechtsextremistischen Messenger-Diensten gegeben haben. Anhaltspunkte für rechtsextremistische Chatgruppen innerhalb der Landespolizei wurden nicht festgestellt, erklärte das Innenministerium in Magdeburg.
In 15 der 17 gemeldeten Verdachtsfälle sei ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden. Drei davon seien eingestellt, weil kein Dienstvergehen nachzuweisen war. Ein weiteres Disziplinarverfahren sei nach einer Entlassung auf eigenen Antrag eingestellt worden. Gegen zwei Polizeivollzugsbeamten wurde laut Ministerium jeweils ein Verweis als Disziplinarmaßnahme ausgesprochen. In den weiteren Fällen seien die Disziplinarverfahren noch nicht abgeschlossen. Darüber hinaus habe es eine beamtenrechtliche Entlassung gegeben, in einem weiteren Fall eine Umsetzung.
"Von ausnahmslos jeder Kollegin und jedem Kollegen in der Landespolizei erwarte ich, dass sie dienstlich und privat jegliche antisemitischen, rassistischen oder fremdenfeindlichen Äußerungen unterlassen", erklärte Innenministerin Tamara Zieschang (CDU). Fälle von Extremismus, Antisemitismus oder Rassismus in der Landespolizei müssten konsequent und mit allen Mitteln aufgedeckt und verfolgt werden. Laut dem Ministerium wurde die Mehrzahl der Verdachtsfälle intern durch Kolleginnen und Kollegen oder durch Vorgesetzte gemeldet. Insgesamt arbeiten in Sachsen-Anhalt rund 7500 Bedienstete für die Sicherheitsbehörden.
Die innenpolitische Sprecherin der Linken-Landtagsfraktion, Henriette Quade, forderte, dass die Innenministerin dem Parlament umfassend zu den Fällen berichten soll und auch dazu, wann sie von ihnen erfahren habe. Umfassende Aufarbeitung und dienstrechtliche Konsequenzen seien nötig.
Deutschlandweit war unter den Bediensteten der Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern innerhalb von drei Jahren 327 Mitarbeiter aufgefallen, die nachweislich Bezüge zum Rechtsextremismus oder zur Szene der sogenannten Reichsbürger und Selbstverwalter haben. Insgesamt sind die Aktivitäten von 860 Bediensteten betrachtet worden. Im Berichtszeitraum wurden 500 arbeits- und disziplinarrechtliche Maßnahmen eingeleitet. In 38 Prozent der bewerteten Fälle lagen die Voraussetzungen für eine weitere nachrichtendienstliche Bearbeitung vor.
Sachsen-Anhalt hat jüngst die Regelabfrage beim Verfassungsschutz für angehende Polizistinnen und Polizisten eingeführt. Erstmals lief sie für die Auswahl der Anwärter zum Einstellungstermin 1. März 2022.