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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Rhodos-Urlaub trotz Waldbränden "Jetzt ist gebucht, jetzt fliegen wir"
Auf Rhodos wüten Brände, viele Urlauber verlassen die Insel frühzeitig. Aber es gibt auch Touristen, die jetzt noch in den Flieger in Richtung Rhodos steigen. Warum?
Es ist nicht allzu viel los an diesem Vormittag am Flughafen Hannover-Langenhagen. Im Terminal B steht eine Familie vor der Tafel, die die Abflugzeiten anzeigt. Die Mutter sucht nach ihrem Flug nach Teneriffa. "Es geht sogar noch ein Flieger nach Rhodos, trotz der Waldbrände", fällt ihr dabei auf. "Da würde ich jetzt nicht hinwollen."
Zwei, die dort hinwollen, kommen aus dem niedersächsischen Wiefelstede. Das Ehepaar hat gerade seine Koffer aufgegeben. "Wir haben lange überlegt, ob wir fliegen sollen", sagt die Frau. Namentlich wollen sie und ihr Ehemann nicht genannt werden, aber sie verraten, dass sie ihren Urlaub in Kolymbia verbringen werden, im Nord-Osten der Insel. "Da soll es nicht brennen", sagt die 53-Jährige.
Die Angst fliegt mit
Eine Bekannte vor Ort habe ihr versichert, dass die Lage in Ordnung sei. "Außerdem hieß es lange, wir könnten nicht stornieren. Dann ging es plötzlich doch, aber erst 24 Stunden vorher." Ihr Mann ergänzt: "Da haben wir gesagt: Jetzt ist der Urlaub fertig, jetzt ist gebucht, jetzt fliegen wir."
Dennoch fliege etwas mehr als sonst die Angst mit, sind sich beide einig. Eine Umbuchung kam auch finanziell nicht infrage. "Und wer sagt, dass, wenn wir nach Mallorca oder so fliegen, dort nicht das Gleiche passiert?"
"Denke nicht, dass man Klimawandel über Verzicht vermitteln kann"
Katja Mölle und ihre beiden Töchter lassen sich ebenfalls nicht abhalten. Ein paar Tage in der Stadt Rhodos sind geplant, ganz im Norden der Insel. Danach geht es weiter in die Türkei. "Ich habe gar keine Bedenken", sagt Mölle mit Blick auf die Bordkarten in ihrer Hand. Schließlich sei ihr Urlaubsort weit genug weg von den Bränden.
Von den Bränden, die durch den Klimawandel befeuert werden. Die Erderwärmung führt dazu, dass es in Südeuropas zunehmend heißer und trockener wird. In manchen Gegenden in Rhodos waren es laut Nachrichtenagentur dpa zuletzt deutlich über 40 Grad. Dennoch will Mölle generell nicht aufs Fliegen verzichten. "Ich denke nicht, dass man den Klimawandel über Verzicht vermitteln kann. Da ist Deutschland auf einem zu eindimensionalen Weg", sagt die 58-Jährige aus Bad Harzburg.
"Der Verzicht ist überhaupt nur in Zentraleuropa ein Thema. Man kann einem Inder oder einem Chinesen schlecht sagen, ihr dürft jetzt nicht mehr fliegen oder kein Auto mehr fahren – das, was der Westen Jahrzehnte lang gemacht hat." Ob sie eine besser Lösung im Kampf gegen die Klimakatastrophe habe? "Entweder es gibt eine technische Lösung oder es gibt keine."
Hannoveranerin plant Heirat auf Rhodos
Ein paar Schritte weiter sitzt Victoria Panagiota aus Hannover auf einer Bank, sie hat ihren Säugling auf dem Arm. Die Reisende kommt ursprünglich aus Rhodos und will dort acht Wochen lang ihre Familie besuchen. Auch ihr Verlobter kommt mit. "Wir werden im September auf Rhodos heiraten. Ich habe einige Termine, die ich jetzt dort wahrnehmen muss", sagt Panagiota. Ihre Familie wohne in einem Gebiet, das nicht von den Bränden betroffen sei. Dennoch mache sie sich Gedanken und Sorgen. "Aber ich glaube, die Situation wird langsam besser."
Der Flieger mit 189 Sitzplätzen hebt schließlich am Mittag mit rund einem Dutzend Gästen ab, wie Anbieter Tui Fly am Abend mitteilt. Für alle Pauschalurlauber hatte Tui den Flug von Hannover nach Rhodos abgesagt; Individualreisende konnten selbst entscheiden. Nicht alle wollten noch dort hin.
- Reporterin vor Ort
- Anfrage bei Tui
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa