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Zum journalistischen Leitbild von t-online."Situation ist dramatisch" Kinderklinik schreibt Brandbrief an Lauterbach
Pflegemangel und Atemwegserkrankungen bringen Kinderkliniken an ihr Limit. Jetzt hat Gesundheitsminister Karl Lauterbach einen Hilferuf erhalten.
Die Welle von Atemwegserkrankungen belastet Deutschlands Krankenhäuser. Am Donnerstag hat sich die Vorständin der Kinderklinik "Auf der Bult", Agnes Genewein, in einem gemeinsamen Brief mit dem Präsidenten der Region Hannover, Steffen Krach (SPD), an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) gewendet. "Die Situation ist dramatisch", heißt es in dem Schreiben, das t-online vorliegt. Sie fordern finanzielle Unterstützung vom Bund.
Das Auftreten von derzeitiger Grippewelle, RS-Virus, Mischinfektionen und Corona gehe weit über das gewohnte Maß hinaus und gefährde die betroffenen Kinder. Auch die Gefahr für Kinder, die anderer Behandlungen bedürfen, sei durch den Engpass in den Kliniken bedrohlich: Viele Behandlungen und Operationen müssten derzeit verschoben oder gar abgesagt werden.
Droht den Kinderkliniken das finanzielle Aus?
Absagen dieser elektiven Behandlungen brächten für die Kliniken massive Erlöseinbußen mit sich – RSV-Behandlungen werden niedrig eingestuft und stellen bei hoher Auslastung eine finanzielle Belastung dar. Genewein und Krach fordern in dem Schreiben an Lauterbach: "Da nach der Einschätzung der Experten die RSV-Welle noch länger anhalten wird, ist es dringend notwendig, eine Regelung zu treffen". Andernfalls drohe den Kinderkliniken das finanzielle Aus. Abhilfe könne eine Extrazahlung pro RSV-Fall schaffen, heißt es weiter.
Krach und Gewein skizzieren in dem Schreiben die Situation in dem Kinderkrankenhaus "Auf der Bult": 20 bis 25 Kinder mit schweren Atemwegserkrankungen müsse die Klinik täglich stationär aufnehmen. Ähnlich sehe die Situation an der Kinderstation der Medizinischen Hochschule Hannover aus. Die Intensivbetten der Kinderkliniken sind deutschlandweit mittlerweile fast alle belegt, zeigt eine aktuelle Umfrage der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI) unter Deutschlands Kinderkrankenhäusern.
In einem Fall musste eine Mutter aus Hannover kürzlich ihren verletzten Sohn wegen der Kliniküberlastung mit dem eigenen Auto ins 200 Kilometer entfernte Hagen bringen, am vergangenen Freitag musste ein Kind bis nach Magdeburg verlegt werden. Zudem müssten derzeit Pfleger aus anderen Stationen auf der Intensivstation aushelfen. Viele Mitarbeiter der Kliniken müssten Überstunden leisten – Krach und Gewein warnen vor Überlastung des Personals. Aufgrund der Situation hat das Klinikum bereits eine Task-Force eingerichtet.
Was ist das RS-Virus?
Das Respiratorische Synzytial-Virus (RSV) ähnelt laut Robert Koch-Institut der Influenza in Saisonalität und Symptomatik. Hochsaison in Mitteleuropa ist November bis April. Grundsätzlich zählt das RSV zu den Atemwegserkrankungen, die weltweit in allen Altersgruppen und sowohl in den oberen als auch unteren Atemwegen verbreitet sind.
Nach einer Erkrankung entsteht keine langfristige Immunität, sodass erneute Infektionen häufig sind. Besonders oft kommt dies allerdings bei Kleinkindern vor und bei Erwachsenen, die viel Kontakt zu Kleinkindern haben.
Die RS-Viren gehören zudem zur selben Virenfamilie wie Masern- oder Mumpserreger.
- divi.de: Mitteilung vom 1. Dezember 2022
- Gemeinsames Schreiben der Kinderklinik "Auf der Bult" und der Region Hannover, per Mail