Frei verfügbar im Netz Atteste von totem QAnon-Arzt: Mann verliert erneut vor Gericht
Rückschlag für die Querdenker-Szene: Das Oberlandesgericht Celle hat der Staatsanwaltschaft in einem Fall von Blanko-Attesten Recht gegeben.
Das kann teuer werden: Wer ein Blanko-Attest aus dem Internet zur Befreiung von der Maskenpflicht verwendet, kann sich strafbar machen. Das bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) Celle am Mittwoch im Fall eines Blanko-Maskenattests des inzwischen verstorbenen Urologen Dr. med. Jens Bengen per Pressemitteilung. So könne beim Vorlegen dieser Bescheinigung der Anschein erweckt werden, es habe eine ärztliche Untersuchung stattgefunden.
Nachdem das Landgericht Hannover einen Angeklagten in einem solchen Fall zu einer Geldstrafe in Höhe von 50 Tagessätzen verurteilt hatte, bestätigte das OLG Celle den Beschluss. "Einzelne Ärzte boten während der letzten Jahre Bescheinigungen über das Internet an, in denen sie ohne individuelle Untersuchungen der Betroffenen bestätigten, dass aus medizinischen Gründen das Tragen eines Mundschutzes nicht ratsam sei", so ein Sprecher des OLG Celle am Mittwoch.
Attest-Aussteller gehört zur QAnon-Bewegung
So auch in diesem Fall des Attests des Urologen aus Kassel. Das Blanko-Formular liegt noch immer leicht auffindbar im Internet bereit. "To whom it may concern", "An den, der ein berechtigtes Interesse daran hat", so die Adresszeile auf dem Din-A4-Zettel. Inhaber könnten auf dem bereits unterschriebenen Papier ihren Namen und jegliche medizinische Begründung selbst eintragen. Derartige Blanko-Atteste könnten als Gebrauch eines unrichtigen Gesundheitszeugnisses gewertet werden, so der Gerichtssprecher.
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Bengen hatte das Dokument auf seinem YouTube-Kanal "Schwert der Freiheit" selbst in Umlauf gebracht. Besonders während der Hochphasen der Querdenken-Demonstrationen in den vergangen zwei Jahre, gerieten Atteste in Bengens Namen zigtausendfach im Umlauf – für Bengen geriet die Situation schließlich außer Kontrolle: Das Ausstellen unrichtiger Gesundheitszeugnisse hätte ihm Approbation kosten und eine zweijährige Haftstrafe einbringen können. Diese Belastung habe letztlich dazu geführt, dass Bengen sich letztlich das Leben nahm, teilte sein Bruder t-online im vergangenen Jahr nach dem Tod des Urologen mit.
Urteil des Landgerichts zunächst aufgehoben
Ob das Attest tatsächlich noch genutzt wird, ist allerdings fraglich: Inzwischen hat sich in der Querdenker-Szene herumgesprochen, dass auch der Gebrauch falscher Gesundheitszeugnisse bestraft werden kann.
Das Urteil des Landgerichts aus dem Dezember 2021 jedoch wurde zunächst aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen. Die Richter müssten prüfen, ob das Formular mit einer (eingescannten) Unterschrift des Arztes versehen war, erklärte das OLG. Anderenfalls läge kein Gesundheitszeugnis vor. Auch die Strafzumessung sei näher zu begründen. Der Beschluss aus Celle ist rechtskräftig.
- Pressemitteilung des OLG Celle vom 6. Juli 2022: "Verwendung eines im Internet bereitgestellten "Blanko-Attestes" zur Befreiung von der Maskenpflicht kann strafbar sein"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- Telefonat mit OLG Celle
- Eigene Recherche